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Peinlich Modemomente im Ausland: Von der Kunst des richtigen Outfits

Zu schick, zu schlicht, zu lang, zu kurz, zu verhüllt, zu freizügig... Falsch angezogen zu sein, treibt fast jedem die Schamesröte ins Gesicht. Vier Autorinnen erzählen Geschichten aus dem Ausland.

Aschenputtel Nana in Schweden

Urlaub in Göteborg, ein Freund, ein Schwede, lädt mich nach einer Sightseeing-Tour zu sich nach Hause ein. Kleines Beisammensein mit ein paar Leuten, sagt er, nichts Großes. Klingt nett, denke ich, in Jeans und Blazer betrete ich die Wohnung und will gleich wieder kehrt machen. Die weiblichen Gäste haben sich in Schale geschmissen, als wäre dies die Party ihres Lebens. Cocktailkleider, paillettenbesetzte Tops, Wasserwellen, einige von ihnen tragen sogar Ballmasken. Ich komme mir vor wie Aschenputtel, das sich zu „Frühstück bei Tiffany“ verlaufen hat. Und weiß seither, dass man sich in Schweden unter einem ungezwungenen Beisammensein mit Freunden etwas anderes vorstellt als in Berlin. (Nana Heymann)

Wlada strauchelt in Russland
Ich bin kein Turnschuhmädchen. Ich habe noch nie einen Outdoor-Shop von innen gesehen. Und trotzdem: Wenn ich in Russland bin, fühle ich mich wie eine Nordic Walkerin, die sich in einen Edelclub verirrt hat. Das Tages-Makeup der russischen Damen ist so kompliziert wie im Kabuki Theater, die Frisur aufwändiger als die von Marge Simpson. Und selbst wenn ich in meinen höchsten Schuhen durch mein Herkunftsland stöckele: Die Absätze der Mädchen haben zehn Zentimeter Unterschied zu meinen. Die Röcke übrigens auch, bloß in die andere Richtung. Mein – durch und durch russischer – Vater sagt: „Kind, zieh dir was ordentliches an.“ Damit meint er: Etwas kürzeres, weniger pragmatischeres. Einmal hat er mir sogar ein Kleid geschenkt, in einer Tüte so winzig, wie man sie sonst nur beim Dessouskauf kriegt. Den Fummel zog ich nur einmal ein, weil er rutschte und zwickte. Vermutlich muss man in Russland sozialisiert sein, um solche Kleidungsstücke in Würde tragen zu können. Wo ich strauchele, schweben die echten Russinnen zielsicher über die Schlaglöcher im Asphalt. Sie müssen ihre Minis auch nicht alle drei Sekunden herunterziehen. Letzteres hielt ich für eine nationale Gabe, bis eine Freundin mir ihr Geheimnis verriet: Ihr Kleid befestigt sie kurz unter dem Po mit doppelseitigem Klebeband. (Wlada Kolosowa)

Elisabeth friert in den USA
Flamingo Hilton, Las Vegas. Es war ein heißer Tag im Mai, und ich freute mich auf die abendliche Show. Glücklicherweise hatte ich meines neues pinkfarbenes schulterfreies Cocktailkleid dabei. Die Show begann, Glamour pur. Ein Schauer lief mir über den Rücken, dann schüttelte es mich. Es war eine Eislauf-Show, und die Temperatur im Saal darauf abgestimmt, dass das Eis nicht schmolz. Sehr bald verschwand das schöne Kleid unter allem, was der Koffer an Pullis und Jacken hergab. (Elisabeth Binder)

Jemima schulterfrei in Indien
Ich habe bislang die modische Luft der Nordhalbkugel geschnuppert und ihre relativ informelle und unreligiöse Auslegungsweise. Dann kam Indien, meine Reisegruppe und einige Dinge haben sich geändert. Mit Spaghettiträgern und Hot-Pants wird der Urlaub unerträglich. In Zeiten von Backpackern und Globalisierung haben natürlich auch die Inder schon einige nackte Schultern und Beine gesehen, aber sie würden lieber darauf verzichten. Unser liebenswerter Reiseleiter Govind wies uns darauf hin, die Traditionen des Landes zu wahren und nicht halbnackt durch die Straßen zu trampeln oder in wehenden kurzen Röcken Rikscha zu fahren. Das Feedback war allerdings geteilt. Die eine Hälfte meiner Reisegenossinnen hat sich den Rat zu Herzen genommen und fortan die knappen Tanktops im Koffer gelassen. Die andere Hälfte konnte „die Hitze einfach nicht ertragen“ und musste weiterhin unter den stierenden Blicken der teils irritierten, indischen Männer leiden. Ich habe den unauffälligen, verhüllten Weg gewählt und meinen dunkler werdenden Teint dazu genutzt, den Einheimischen näher zu kommen. Besonders die Frauen brachten mir mehr Respekt entgegen. Das abwertende Augenzwinkern wich einem freundlichen Lächeln. Die restliche Reise war pure Entspannung, soweit das in Indien möglich ist. (Jemima Gnacke)

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