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Renate Künast im Interview: „Ökomode gehört in die normalen Läden“

Renate Künast über Biosiegel für Kleidung, magere Models und die Zukunft der Fashion Week

Frau Künast, Sie sind Schirmherrin der Ökomesse „The Key.to“, warum machen Sie das?

Ich stehe dafür ein, dass wir nicht auf Kosten unserer Umwelt leben. Dazu gehört auch, dass wir alles, was mit unserem Körper in Berührung kommt, systematisch umstellen. An manchen Stellen, wie beim Essen, haben wir schon erkennbar Bio geschaffen. Aber Mode gehört auch dazu.

Achten Sie denn darauf, dass Ihre Kleidung ökologisch produziert ist?

Ja, aber in meinem Beruf sind die Möglichkeiten noch begrenzt. Ich sage schon lange: Ökomode muss endlich das Berufsleben erobern. Mode ist für mich etwas anderes als jedem kurzlebigen Trend hinterherzulaufen. Ich mag schöne und handwerklich gute Sachen. Das hat was mit Ästhetik und Wohlfühlen auch im beruflichen Alltag zu tun.

Ist es denn einfacher geworden in den vergangenen Jahren?

Am Anfang hatte Ökomode das Image, einfach nur praktisch zu sein, darüber ist die Szene längst hinaus. Es gibt jetzt immer mehr Kleidung fürs Berufsleben. Aber man muss die Sachen suchen. Im Bereich Wäsche, Bettwäsche und Handtücher ist es einfacher.

Worauf kommt es Ihnen an?

Öko-Kleidung sollte nicht nur naturverträglich, sondern auch unter sozial verträglichen Bedingungen hergestellt werden. Bei den Rohstoffen reicht es nicht aus, dass es Biobaumwolle ist, auch die Arbeitsbedingungen vor Ort müssen stimmen, insbesondere die Arbeitslöhne. Nicht nur im Billigsegment wird unter schlechten Arbeitsbedingungen produziert, das Luxussegment wird teilweise in denselben Fabriken hergestellt.

Verraten Sie uns doch mal, wo Sie kaufen.

Mein Laden ist „Wertvoll“ in der Marienburger Straße. Ich habe auch schon einmal bei The Key.to Sachen anprobiert und sie gleich bestellt. Aber daran erkennt man schon das Problem: Ökomode muss sichtbarer werden, sie gehört in die Stadtzentren, in die normalen Läden. So wie wir Bio in die Supermärkte bekommen haben, muss das auch bei der Ökomode sein.

Wie können Kunden sichergehen, dass es sich um Ökomode handelt?

Beim Biosiegel weiß man: Da ist keine Gentechnik drin, die Tierhaltung ist artgerecht. Das gibt Konsumenten, Produzenten und Verkäufern Erleichterung und Gewissheit. So etwas brauchen wir auch bei der Mode.

Es gibt ja schon einige Siegel, aber den Kunden fehlt die Übersicht.

Man müsste einen verbindlichen Standard definieren, der besagt, dass kontrolliert ökologisch und sozial verträglich produziert wurde. Nicht nur, dass die Baumwolle nicht gentechnisch verändert ist und keine Pestizide enthält. Häufig sind die Stoffe gemischt. Dazu muss ein Standard entwickelt werden, der für alle gilt.

Wenn Sie Regierende Bürgermeisterin werden, was kommt dann auf die Berliner Modebranche zu?

Ich möchte der Modeszene Raum und Zeit bieten, sich in Berlin weiterzuentfalten. Berlin hat einen guten Ruf, auch wenn Anna Wintour noch nicht da ist. Aber das Besondere an Berlin in der Konkurrenz der Fashion Weeks ist vielleicht auch das Kreative. Da muss man weiterarbeiten. Es geht nicht nur um Öko, aber auch. Berlin könnte Speerspitze der Ökomode sein.

Die Fashion Week an sich wird also weiter wichtig bleiben?

Natürlich. Das hat auch etwas mit Lebensfreude und Kunst zu tun. Und es ist ein Wachstumsbereich. Aber es ist wichtig, dabei an die Folgen zu denken. Darüber hinaus sollten keine Verträge mehr mit untergewichtigen Models abgeschlossen und die Nationale Charta für die Initiative „Leben hat Gewicht“ unterschrieben werden. Berlin gibt eine ganze Menge Geld dafür aus. Das ist für mich ein wichtiges Thema.

Sie würden die Förderung an Bedingungen knüpfen?

Nicht direkt. Aber wir müssen positive Anreize entwickeln, so wie die Grünen dies jüngst im Abgeordnetenhaus vorgeschlagen haben: Anbieter, die Gesundheitsstandards für Models einhalten, sollten verstärkt unterstützt werden.

Das Gespräch führte Anke Myrrhe.

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