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zerlina von dem bussche

© promo

Zu erfolgreich für Berlin: Modelabel Sisi Wasabi ohne Designerin und Team

Wenn Designermarken wachsen wollen, brauchen sie Geld – daran fehlt es oft, Sisi Wasabi bekommt das jetzt zu spüren. Die Designerin Zerlina von dem Bussche verlässt ihr Label.

Eigentlich passt die Nachricht nicht nach Berlin: Designer verlässt das von ihm gegründete Label, weil er sich mit dem Investor überwirft. In Paris oder Mailand, wo Modekonzerne wie PPR oder Prada namhafte Marken wie Yves Saint Laurent oder Jil Sander kaufen, um Geld zu verdienen gehört das zum Alltag. Aber in Berlin ist das ein ungewöhnlicher Geschäftsvorgang. Nur drei Wochen nach der Fashion Week hat Zerlina von dem Bussche die Zusammenarbeit mit der Icon Fashion Group und deren Gesellschaftern beendet. Erst im Frühjahr hatte die Designerin die Mehrheiten an ihrer Marke Sisi Wasabi an die Berliner Holding verkauft.

Zerlina von dem Bussche war das passiert, was man jedem Designer in Berlin wünscht. Sie war so erfolgreich geworden, dass sie die Arbeit nicht mehr alleine schaffen konnte. Denn gerade am Anfang ihrer Karriere müssen Designer nicht nur schöne Kleider entwerfen, sondern auch als Kaufleute handeln, die ihre Produkte verkaufen. Um weiter zu wachsen brauchte sie einen Finanzier: Nur so war es ihr möglich, Modenschauen zu veranstalten, ihren Kundenkreis und damit ihre Produktion zu vergrößern.

Zerlina von dem Bussche konnte sich also zum ersten Mal in ihrer Karriere ganz darauf konzentrieren, ihre Kollektion für Frühjahr/Sommer 2010 zu entwerfen. Anfang Juli ließ sie Models hoch über den Köpfen der geladenen Gäste über ein Glasdach balancieren. Nicht nur die Präsentation war gelungen, auch die Entwürfe waren modern und ausgereift und hatten jene studentische Verspieltheit verloren, für die die Marke Sisi Wasabi bei ihren ersten Auftritten auf Nachwuchswettbewerben vor vier Jahren bekannt geworden war.

Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gratulierte der Designerin und freute sich über so viel Kreativität in seiner Stadt. Der Hummer, den Zerlina von dem Bussche ihm und den anderen geladenen Gästen nach der Schau im Hotel de Rome servieren ließ, wird nicht der Grund gewesen sein, dass die Icon Fashion Group die Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte.

Was Zerlina von dem Bussche jetzt mitteilt, hört sich nicht nach einer verlängerten Sommerpause an: „Unser Team hat sich komplett aufgelöst. Die Icon Fashion Group hat sich weder strategisch noch finanziell an die im April festgelegten Absprachen gehalten. Ich werde jetzt in Ruhe schauen, was sich auf dem Markt tut und könnte mir vorstellen, für eine der großen deutschen Marken als Designerin zu arbeiten. Definitiv werde ich weiterhin kreativ tätig sein.“

Der Nährboden für Gründungen kleiner Modelabels ist in Berlin so gut wie nirgendwo sonst. Aber die Chancen, wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten und nicht über Jahre von der Hand in den Mund zu leben, sind verschwindend gering. Die Icon Fashion Group ist einer der wenigen Modeinvestoren der Stadt, aber Zerlina von dem Bussche ist nicht die erste Designerin, die sich nach kurzer Zeit von der Holding trennt. Michael Michalsky arbeite nur ein paar Monate mit dem Vorstandsvorsitzendern Markus Höfels zusammen. Im Portfolio der 2007 in Berlin gegründeten Icon Fashion Group sind Berliner Marken wie Macqua und Unrath & Strano.

Auch andere Berliner Designer geben auf, weil ihnen das Geld fehlt: Wie das Label Pulver, von seiner Struktur eher mit einem Kollektiv als mit einem wirtschaftlichen Unternehmen zu vergleichen. Dies war wohl auch der Grund, warum sich die zuletzt zu dritt arbeitenden Designerinnen entschlossen, Ende Mai schwarze Einladungskarten zu verschicken, mit der Aufschrift „Pulver ends“. „Es hat sich einfach nicht mehr gelohnt“, ließen die Designerinnen wissen, die über Jahre mit Nebenjobs ihre Hauptarbeit finanzierten.

Auch die Designerinnen Regine Tiedeken und Friederike von Wedel geben jetzt ihr Label „Von Wedel & Tiedeken“ auf. Allerdings arbeitet Zweitere schon an ihrer ersten eigenen Kollektion, die sie Ende August im Kopenhagener Rathaus präsentieren wird.

Michael Michalsky, inzwischen mit neuem Investor und immer auf der Suche nach weiteren Einnahmequellen, verdient sein Geld ab sofort in China. Für den Sportartikelhersteller Dondxiang entwirft er vier Sportkollektionen pro Jahr, die in den 5000 Filialen des Konzerns in China verkauft werden sollen. Vielleicht ist Michalsky ja ein gutes Beispiel für seine Kollegen, wie man es sich als Designer leisten kann, seine Kollektionen in Berlin zu zeigen.Grit Thönnissen

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