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Ulrich Amling.

© Mike Wolff

Tagesspiegel-Tipps zum Musikfest: Ulrich Amling empfiehlt ...

Herzensmusiker und gewichtige Solisten: Hier verrät Klassik-Redakteur Ulrich Amling auf welche Konzerte, Orchester, Dirigenten und Solisten er sich beim "Musikfest Berlin 2013" besonders freut.

Kammermusik mit Quatuor Diotima

Wenn man einmal Komponisten danach fragt, wessen Musik sie denn am liebsten hören, wird man ganz häufig diesen einen Namen gesagt bekommen: Leoš Janáček. Und ich gestehe hier gerne: Mir geht es auch so. Was für ein Glück, dass sich die Werke des tschechischen Komponisten als ein zarter Faden durch das gesamte Musikfest ziehen - vom Eröffnungskonzert bis zum abschließenden IPPNW-Benefizkonzert, von der Suite für Streichorchester, über die „Wanderungen einer kleinen Seele“ bis zum Klavierzyklus „Auf verwachsenem Pfade“. Auf den Auftritt des Quatuor Diotima freue ich mich ganz besonders, nicht nur wegen des Esprits der französischen Kammermusiker. Sie spielen Janáčeks 2. Streichquartett „Intime Briefe“ in der Fassung mit Viola d’amore, die dem Spiel der Leidenschaften am 10. September im Kammermusiksaal eine fragile, durchscheinende Tönung verleiht.

Mariss Jansons und das BR-Symphonieorchester

Natürlich gibt es einige wenige Dirigenten, von denen man keinen Auftritt verpassen möchte. Mariss Jansons gehört unbedingt dazu, der nimmermüde Herzensmusiker, den Orchester und Publikum gleichermaßen verehren. Mit seinem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks genießt Jansons am 6. September nicht zuletzt die Tatsache, mit der Philharmonie in einem ausgezeichneten Konzertsaal auftreten zu können. So was haben die gar nicht im München. Ein Anziehungsplus mehr für das Musikfest. Jansons stellt zwei Konzerte für Orchester gegenüber, zwei Werke, die die Virtuosität des Kollektivs feiern: komponiert von Lutoslawski (weniger bekannt) und Bartók (Repertoireklassiker). Wer wird am Ende den direkteren Weg in die Herzen der Zuhörer finden? Mariss Jansons wird uns mit seiner Hingabe die Entscheidung sicher nicht leicht machen.

Daniele Gatti mit dem Concertgewbouw Orchestra Amsterdam

Dann gibt es noch Dirigenten in der Kategorie „Würde ich gerne mal richtig gut hören“. Niemand - auch der Kritiker nicht! - freut sich darüber, wenn ein Konzert nicht sein volles Potential entfalten kann. Also extra zu Daniele Gatti gehen, der am 4. September mit dem Royal Concertgebouw Orchestra einen hinreißenden Klangkörper dirigiert, dessen Chefdirigent übrigens auch Mariss Jansons heißt. In Salzburg ist es Gatti jüngst kaum gelungen, den Wiener Philharmonikern bei Wagners „Meistersingern“ prägnante Klangvorstellungen zu vermitteln. Nun liegt mit Prokofjews „Romeo und Julia“-Suite ein sicherer Treffer auf den Pulten, musikfestgemäß gerahmt von Lutoslawski und Bartók. Wir hoffen auf drei Liebesgeschichten…

Auch Alan Gilbert, der Musikchef der New Yorker Philharmoniker, konnte mich aller Professionalität zu Trotz bislang noch nicht wirklich für sich einnehmen, weder an der Spitze seines Orchesters, noch als Gast bei den Berliner Philharmonikern. Zu ihnen kehrt er nun zurück, um Janáček, Lutoslawski und Bartók zu dirigieren. Mal hören, vielleicht spielt er sich ausgerechnet mit Bartóks Tanzspiel „Der holzgeschnitzte Prinz“ am 12./13./14. September in der Philharmonie frei.

Carolin Widmann mit einem fordernden Soloprogramm

In die Kategorie „gewichtige Solisten“ fallen Musiker, deren Ernsthaftigkeit und Durchdringung der Partituren mitunter beinahe schon Furcht einflößend wirken kann. Eine Begegnung mit ihnen ist immer bereichernd, nur manchmal ist man schon nach einem einzigen Werk, geflutet mit Anspielungen und Verweisen – nun ja, ich gebe es zu: gesättigt. Aber das Musikfest hat auch die willkommene Nebenwirkung, die Konzentrationsspanne zu verlängern. Das richtige Umfeld für Musiker wie die Geigerin Carolin Widmann, die sich am 17. September im Kammermusiksaal durch ein forderndes Soloprogramm spielt, mit Werken von Georg Friedrich Haas, Bernd Alois Zimmermann, Bartók und Bach. Bachs zweite Partita allein ergibt schon ein reichhaltiges Abendbrot. Auch András Schiff, der beim IPPNW-Benefizkonzert am Ende des Musikfests auftritt, dringt gerne tief in die Schichten der Musik ein. Mit Janáčeks Klavierzyklus „Auf verwachsenem Pfad“ hat er am 18.9. im Kammermusiksaal ein passendes Werk gefunden, an das man sich sofort verlieren möchte.

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