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Erfolgreich lässig. Mit Bundestrainer Joachim Löw (l.) und Manager Oliver Bierhoff ist der Wert der „Marke Nationalmannschaft“ derzeit so hoch wie noch nie.

© firo

Oliver Bierhoff: Drumherum und doch dabei

Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff geht gestärkt aus der Vertragsverlängerung mit dem DFB. Seit Jahren bekleidet er nun schon ein Amt, von dem sich anfangs viele gefragt haben, wozu es überhaupt notwendig sei.

Als alles zur allgemeinen Zufriedenheit geregelt war, wurden Champagnergläser gereicht und die Fotografen in die Bibliothek der DFB-Zentrale gebeten, um den freudigen Augenblick für die Nachwelt festzuhalten. Alles strahlte, doch wer genau hinschaute, konnte die beiden einstmals zerstrittenen Fraktionen immer noch ohne größere Probleme identifizieren: zum einen die seriösen Herren mit Krawatte zum Anzug, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach vom Deutschen Fußball-Bund und zum anderen das Team Nationalmannschaft mit Bundestrainer Joachim Löw, seinen Zuarbeitern Hans-Dieter Flick und Andreas Köpke, sowie Oliver Bierhoff. Alle mit offenem Hemd, leger und gelöst. Selbst beim Dresscode legen sie offensichtlich gesteigerten Wert auf Einheitlichkeit.

Es war schon eine ziemliche Überraschung, als in der vergangenen Woche die Nachricht die Runde machte, dass Joachim Löw und seine Entourage ihre Verträge mit dem Deutschen Fußball-Bund vorzeitig um zwei Jahre verlängert hatten. Gerade acht Monate lag die letzte Vertragsverlängerung zurück, nachdem es zwischenzeitlich so ausgesehen hatte, dass der Verbindung keine lange Zukunft mehr beschieden sei. Monatelang, auch während der WM in Südafrika, beherrschte das Thema die öffentlichen Debatten, und vor allem schien es, als wären auf beiden Seiten tiefe Wunden zurückgeblieben, die ein gedeihliches Miteinander künftig verhinderten. Umso erstaunlicher war es, dass diesmal alles im Eiltempo und ohne störende Nebengeräusche abgearbeitet wurde.

Am überraschendsten aber war, dass die Personalie Oliver Bierhoff offensichtlich überhaupt keine Rolle gespielt hatte, obwohl der Manager der Nationalmannschaft im DFB eine ähnliche Wirkung entfaltet wie ein rotes Tuch bei einem Stier: Bierhoff macht die Herren vom Verband rasend. Auch deshalb fokussierte sich die allgemeine Kritik fast ausschließlich auf ihn, nachdem im Winter 2010 die Verhandlungen zwischen Löw und dem DFB erst einmal gescheitert waren. Bierhoff, der die Gespräche für die Fraktion Löw geführt hatte, wurde als Raffke hingestellt, als Nimmersatt, der seine Befugnisse deutlich überschritten habe.

Das Establishment des Fußballs ließ sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen, ein paar alte Rechnungen mit dem smarten Manager zu begleichen. Oliver Kahn unterstellte seinem früheren Mitspieler „eine Art Amtsmissbrauch“, Günter Netzer warf Bierhoff vor, er unterliege „einer grandiosen Fehleinschätzung seiner Person“, und als ihm unmittelbar vor dem WM-Halbfinale gegen Spanien auch noch von Reinhard Rauball, dem Chef der Deutschen Fußball-Liga, vorgehalten wurde, er wolle die Nationalmannschaft vom Verband abkoppeln, schien es nahezu ausgeschlossen, dass Bierhoff noch lange auf seinem Posten bleiben würde.

Jetzt aber läuft sein Vertrag ebenfalls bis zum Sommer 2014, und wenn das Arbeitsverhältnis planmäßig nach der WM in Brasilien endet, wird Bierhoff zehn Jahre lang ein Amt bekleidet haben, von dem sich anfangs viele gefragt haben, wozu es überhaupt notwendig sei. Die Sinnfrage aber wird immer seltener gestellt. Selbst die Reibungen im Verhältnis mit dem DFB hat Bierhoff nie als sachliche Kritik empfunden, „es waren eher atmosphärische Dinge“. Aber da hänge nichts nach. „Ich kann befreit weiter arbeiten“, sagt er. „Die Unstimmigkeiten im Verband sind bereinigt.“

Sein Titel „Manager der Nationalmannschaft“ ist ein wenig irreführend. Ein Manager mit sportlichen Befugnissen wie Klaus Allofs in Bremen oder Christian Nerlinger bei den Bayern ist Bierhoff nicht. In dieser Woche vor dem deutschen Sieg im EM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan hat er explizit gesagt, dass die sportlichen Themen in das Ressort des Bundestrainers fielen. Bierhoff selbst kümmert sich um das Drumherum, die Organisation und vor allem die Vermarktung des Teams. Dass er auf diesem Gebiet durchaus erfolgreich ist, kann niemand mehr bestreiten. Der DFB generiert 65 Prozent seiner Einnahmen durch die Nationalmannschaft, im vergangenen Jahr sollen das etwa 100 Millionen Euro gewesen sein. „Die Marke Nationalmannschaft war nie stärker als heute“, sagt Bierhoff.

Ursprünglich war Bierhoffs Position im DFB geschaffen worden, um eine sportliche Kontinuität unabhängig vom jeweiligen Bundestrainer zu gewährleisten. Bierhoff wollte sich noch vor einem Jahr ein Vetorecht bei der Bestellung eines möglichen Nachfolgers von Joachim Löw zusichern lassen. Inzwischen aber ist seine Tätigkeit untrennbar mit Löw verbunden, sein Job hängt an dem des Bundestrainers. „Zwischen uns besteht ein unglaublich loyales, tolles, inspirierendes und auch vertrauensvolles Verhältnis“, sagt Manager Bierhoff. Es ist kaum vorstellbar, dass er beim DFB bleibt, wenn Löw eines Tages aufhört. Vermutlich wird der Verband das nicht wollen. Oliver Bierhoff aber wohl auch nicht.

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