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Aufbruch in eine neue Runde. Bundestrainer Joachim Löw fordert in Belgien höchstes Engagement von seinen Nationalspielern ein.

© ddp

Spiel gegen Belgien: Löw sieht seine Spieler benachteiligt

Die deutsche Nationalmannschaft blickt dem Qualifikationsspiel in Belgien respektvoll entgegen. Der Bundestrainer zählt die Belgier zu den schärfsten Konkurrenten in der Qualifikation.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat in der vergangenen Woche eine erfreuliche Meldung verbreiten können. Bundestrainer Joachim Löw hatte gerade seinen Kader für die beiden EM-Qualifikationsspiele in Belgien und gegen Aserbaidschan benannt, und weil sich keine Debütanten in seinem Aufgebot befanden, hatte die Pressestelle des DFB als wichtigste Nachricht ausgemacht, dass 17 WM-Teilnehmer in Löws Kader stehen. Wow! 17 WM-Helden. Gegen Belgien. Das kann ja ein Fest werden. Nur für Joachim Löw ist das erst einmal gar keine gute Nachricht.

Der Bundestrainer hat sich in diesen Tagen wieder an eine Begebenheit aus dem Winter erinnert. Nach der Auslosung der Qualifikationsgruppen waren die Trainer aller Gegner in der Zentrale des DFB zusammengekommen, um die Spieltermine auszuhandeln, und Dick Advocaat, damals noch Trainer der Belgier, hatte „mit aller Vehemenz“ darauf bestanden, gleich zum Auftakt gegen die Deutschen zu spielen. Am Ende hat er sich durchgesetzt, was Löw wohl heute noch ein bisschen ärgert. Der Bundestrainer zählt die Belgier zu den schärfsten Konkurrenten um den Gruppensieg, und dass sie die Deutschen bereits jetzt im eigenen Stadion empfangen, „das ist schon ein ernsthaftes Problem“.

Es ist weniger ein mentales Problem für die Deutschen, die sich nach den Höhen der WM wieder in den Niederungen des Alltags zurechtfinden müssen, Löw sieht seine Spieler eher körperlich benachteiligt. Als in Belgien die neue Saison losging, sind Deutschlands WM-Teilnehmer gerade ins Training eingestiegen. Vier Wochen sind seitdem vergangen, der Rhythmus fehlt noch. Sami Khedira, als zentraler Mittelfeldspieler eine wichtige Stütze, hat seit der WM exakt einen Einsatz über 90 Minuten gehabt – das war mit Real Madrid im Freundschaftsspiel gegen Bayern München. „Das ist nicht optimal“, sagte Khedira. „Wir können noch nicht am Leistungslimit sein.“

Man kann das für maßloses Understatement halten – aber offensichtlich ist Löws Sorge echt. Zumal die Erwartungen nach den Auftritten in Südafrika hoch sein werden: Wer England und Argentinien wegfiedelt, wird doch wohl gegen Belgien keine Schwierigkeiten bekommen. „Wir können nicht erwarten, dass es so wird wie gegen England und Argentinien“, sagte Philipp Lahm. „Wir sind noch nicht in der Verfassung, dass wir so ein hohes Tempo über 90 Minuten gehen können.“

Der Münchner wird die Mannschaft in Brüssel als Kapitän aufs Feld führen. „Das ist eine große Ehre“, sagte er. Andererseits gilt er nach der Entscheidung des Bundestrainers für Michael Ballack auch weiterhin nur als offizieller Vertreter des offiziellen Kapitäns. Dass diese Lösung bei Lahm hemmungslose Freude auslösen würde, konnte niemand erwarten. Er machte eher den Eindruck, als fügte er sich ins Unvermeidliche. „Diese Entscheidungen müssen immer akzeptiert werden“, sagte Lahm, „und sie werden auch akzeptiert.“

Das Spiel gegen Belgien wird für Ballacks Herausforderer eine weitere Gelegenheit sein, sich unentbehrlich zu machen: sowohl für Lahm als Kapitän als auch für Khedira auf Ballacks Position im Mittelfeld. Doch die Deutschen wissen, dass das kein Selbstläufer wird. „Ein bisschen reinquälen“ müsse sich die Mannschaft in das Spiel, glaubt Hans-Dieter Flick, der Assistent von Joachim Löw, „ein Stück weit über sich hinauswachsen“ gar, wie der Bundestrainer sagte.

Es gebe überhaupt keinen Grund, Belgien „zu unterschätzen“, wie Flick berichtete. Unter den gegebenen Bedingungen schon mal gar nicht. Löw hat beim Blick in die jüngere Geschichte festgestellt, dass der Neustart nach einer WM häufig nicht einfach war. Italien zum Beispiel quälte sich 2006 im ersten Pflichtspiel nach dem WM-Titel zu einem 1:1 gegen Litauen, und die Spanier, Europameister 2008, mussten sich mit einem 1:0 gegen Bosnien-Herzegowina begnügen. „Intern wissen wir schon, welche Gefahren auf uns lauern“, sagte der Bundestrainer.

Die Bilanz der deutsch-belgischen Vergleiche bietet immerhin Trost. Die letzte Niederlage einer DFB-Elf gab es am 26. September 1954. Wirklich beruhigend ist das allerdings nicht. Dieses Spiel im September 1954 war das erste des neuen Weltmeisters Deutschland nach dem Titelgewinn.

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