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Poļina Rožkova im Ice Cube in Peking. In Lettland wohnt gerade ein anderer bei ihr zu Hause.

© REUTERS

Paralympics-Teilnehmerin bietet Ukrainern Unterschlupf: „Sie können so lange bleiben, wie es nötig ist“

In der Wohnung einer Rollstuhl-Curlerin aus Lettland schläft zur Zeit ein ukrainischer Para-Athlet. Bereits 2014 hatte sie eine Ukrainerin aufgenommen.

Von Max Fluder

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Während Poļina Rožkova auf dem Eis in Peking um Punkte im Rollstuhl-Curling pokerte, schlief bei ihr zu Hause in Lettland jemand, der aus der Ukraine geflüchtet ist. Es ist das Mitglied eines Curling-Teams für Gehörlose. Ein Zurück ins Kriegsgebiet gab es nicht mehr, ein Vorwärts aber auch noch nicht. Bisherige Versuche des Curlers, aus Lettland auszureisen, gingen schief, weil Flüge gestrichen wurden. An diesem Montag soll es nun endlich weitergehen. So beschreibt Rožkova die Situation.

Rožkova ist Kapitänin im lettischen Rollstuhl-Curling-Team und hat das Mitglied des Curling-Teams nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine bei sich einquartiert. Damit hat sie, wenn auch im ganz kleinen Rahmen, eine Antwort auf eine große Frage gegeben: Was geschieht mit den Para-Sportlerinnen und -Sportlern aus der Ukraine?

Für die ukrainischen Sportler in Peking geht es erst einmal in ihr Heimatland

Der erste Schritt der ukrainischen Athletinnen und Athleten, die an den Paralympics in Peking teilnahmen, ist nun wohl klar: Für sie geht es erstmal zurück in die Ukraine, aber in einen Landesteil fernab der Kriegsgebiete. Das will der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) von seinem ukrainischen Kollegen erfahren haben.

Wie es für sie von da aus weitergeht, ist unklar. Von Frankreich heißt es, sie hätten den Ukrainern angeboten, sie aufzunehmen. Auch zahlreiche Einzelpersonen in Europa haben ihren Aufnahmewillen bekundet. Was mit den Para-Sportlern passiert ist, die zu Beginn des Krieges noch in der Ukraine waren, lässt sich pauschal nicht sagen. Viele dürften geflohen, mehr aber noch im Land geblieben sein. Und die, die im Ausland waren, die kommen vorerst nicht mehr zurück.

Poļina Rožkova, die lettische Rollstuhl-Curlerin, kannte den ukrainischen Curler, den sie bei sich aufgenommen hat, bereits. Der Ukrainer hat einen lettischen Trainer, Rožkova und der ukrainische Curler waren auch mal zusammen in einem Trainingslager. „Als wir Lettland für die Paralympics verlassen haben, wusste ich nicht, wie viele Menschen letztendlich kommen würden. Ich habe eine Botschaft hinterlassen, auf der steht, wo sie alles finden können“, sagt Rožkova. „Am Ende kam nur eine Person.“

Eine Rollstuhlfechterin aus Donezk wohnte bereits bei Rožkova

Es ist nicht das erste Mal, dass Rožkova jemanden aus der Ukraine bei sich aufnimmt. Von 2014 bis 2015 hat eine Rollstuhlfechterin aus Donezk bei ihr gewohnt. Eigentlich war die junge Frau nur zu Besuch, kam nach Lettland, um es sich mal anzuschauen. Dann brach in ihrer Heimat mit der russischen Annexion der Krim Krieg aus.

Warum hilft Rožkova diesen Menschen? Sie sagt: „Ich glaube wirklich, dass der Grund in meinem Leben darin besteht, Menschen zu helfen, sie zu inspirieren.“ Bei einem Snowboard-Unfall hat sie sich an der Wirbelsäule verletzt. Während ihrer Reha-Zeit hat sie viel Hilfe erfahren. Seitdem möchte sie zurückgegeben – so viel sie nur kann.

Mit dem ukrainischen Curler stand Rožkova von Peking aus über Messenger-Dienste in Kontakt. Sie freut sich aber schon darauf, wieder in Riga sein zu können. Der Austausch von Gesicht zu Gesicht funktioniere einfach besser, sagt sie. Zudem hat Rožkova ihre 78-jährige Nachbarin gebeten, ihn mit Lebensmitteln zu versorgen.

Dass der Krieg in der Ukraine noch lange andauern könnte, mag sich Rožkova gar nicht ausmalen. Den Menschen, die bei ihr Schutz finden, möchte sie in diesen Zeiten aber eines bieten: Sicherheit. Rožkova sagt: „Wenn sie bleiben müssen, können sie so lange bleiben, wie es nötig ist. Wenn was ist, kann ich zu meiner Nachbarin ziehen.“

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