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"Lautstarke" Fans bei den Paralympics 2016 in Rio.

© Privat

Paralympics Tagebuch: Schlaflos in Rio

Ein Lebenstraum hat sich für mich erfüllt: Ich bin ein echter Journalist! Wie anstrengend das Ganze ist, merke ich sobald ich abends im Hostel ankomme.

Mit der Presse-Akkreditierung durch den Barra Olympic Park zu laufen ist schon ein tolles Gefühl. Ich komme überall hin, wo man sonst nicht hin darf, die freiwilligen Helfer teilen uns auf der Pressetribüne Wasserflaschen aus, und in der Mixed Zone sind die Sportler problemlos ansprechbar. Ein Lebenstraum hat sich für mich erfüllt: Ich bin ein echter Journalist!

Allerdings muss ich ausreichend Zeit einplanen, denn die Presseeingänge zu den Stadien sind zu Fuß nicht immer gut erreichbar. Das Organisationskomitee hat sich wohl gedacht, dass auch den Journalisten und Fotografen ein bisschen Bewegung gut tut. Ein Glück, dass ich den Presseshuttle entdeckt habe, der alle Arenen abfährt. Doch auch das beansprucht Zeit, wenn man von einem Ende des olympischen Parks zum anderen muss. Trotzdem versuche ich, von so vielen Sportevents wie möglich einen Eindruck zu bekommen.

Von dem, was ich bisher erlebt habe, sind die Brasilianer von den ersten paralympischen Spielen in Südamerika sehr begeistert. Viele von ihnen schauen zum ersten Mal bei einem paralympischen Sportevent zu, und sorgen für ordentlich Stimmung im Stadion. Sie kommen mit großen Brasilien-Fahnen, grün-gelb gekleidet und teilweise auch mit Perücken. Von Moderatoren animiert, hallen 'Brasil'-Rufe durch die Arenen.

Einzig beim Goalball ist das nur bedingt der Fall. Die Schiedsrichter bitten das Publikum dort wiederholt leise zu sein, während der Ball im Spiel ist, was dem leidenschaftlichen brasilianischem Publikum deutlich schwerfällt. Irgendwann haben die Schiedsrichter aber genug. Erst werden Fans, die nicht leise sein können, aufgefordert das Stadion zu verlassen. Danach eine sehr direkte Ansage: „Bitte nehmen Sie das schreiende Baby aus dem Stadion!“ Vielleicht war das etwas schroff, doch absolut notwendig für den Spielfluss. Die sehbehinderten Athleten beim Goalball müssen sich nämlich absolut auf den Ton des Balles zu konzentrieren, um dessen Position und Bewegung abzuschätzen.

Was mich besonders freut, ist dass große Schülergruppen in den Stadien aufzutreffen sind, die oft auch zu den größten Stimmungsmachern gehören. Im Rahmen des 'Transforma' Bildungsprogramms wurden insgesamt 33000 Tickets an Kinder und Jugendliche der öffentlichen Schulen des Bundesstaats Rio de Janeiro verteilt. „Wir wollen den Schülern die paralympischen Werte nahebringen“, erzählt mir Patricia Revelles, die eine Gruppe 15- bis 19-jährige begleitet, in einem Interview, dass im Nachhinein wegen dem ganzen Lärm sehr schwer zu verstehen ist.

Wie anstrengend das Ganze ist, merke ich sobald ich abends im Hostel ankomme, und komplett erschöpft am liebsten ins Bett fallen würde. Das geht natürlich nicht, denn erst müssen Interviews transkribiert und Texte geschrieben werden. Vor Mitternacht habe ich es bisher noch nicht ins Bett geschafft, und trotzdem freue ich mich, morgens um sieben aufzustehen, auf neue Wettkämpfe und Erfahrungen. Es werden noch ein paar anstrengende Tage hier in Rio, aber das einzigartige Erlebnis bei dem drittgrößten Sportevent der Welt in einem professionellem journalistischen Umfeld zu arbeiten ist es in jedem Fall wert.      

Milan Marcus

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