zum Hauptinhalt
Schwimmer Torben Schmidtke hat bei den Paralympics in London Silber gewonnen. In Rio könnte es Gold werden.

© Dörte Paschke

Schwimmer Torben Schmidtke: 20 Meter bis Rio

Schwimmer Torben Schmidtke gehört zu den Hoffnungsträgern für die Paralympischen Spiele in Rio. Bei den 100 Meter Brust möchte er es wieder im Endspurt richten. Ein Porträt.

Morgens um 7.30 Uhr steht er am Beckenrand in der Schwimmhalle des Olympiastützpunktes Potsdam. Schon wieder, und schon wieder sieht er „den gleichen blöden Beckenboden“. Andere kommen morgens um 7.30 Uhr aus dem Club, er gehe in die Schwimmhalle, sagt Torben Schmidtke und lacht. Der 27-jährige Schwimmer gewann bei den Paralympics 2012 in London über 100 Meter Brust die Silbermedaille und schwimmt seitdem in seiner Klasse SB6 kontinuierlich in der Weltspitze. Erst am 04. Mai 2016 bewies er sich und landete bei den offenen Europameisterschaften in Portugal auf dem zweiten Platz – erneut.

Schon seit Langem wird er Zweiter hinter seinem Konkurrenten, dem Ukrainer Yevheniy Bohodayko, und kämpft mit dem Kolumbianer Nelson Crispin. „Wir ballern uns dort vorne weg“ - und doch sind es immer wieder Millisekunden die Schmidtke vom goldenen Edelmetall trennen. So auch bei der EM in Funchal in Portugal. Mit 1.23,77 schwimmt er sich auf Platz zwei, eine knappe Sekunde hinter Bohodayko, der das Rennen mit 1.22,85 gewinnt. Doch Bestzeit und Ziel für Rio war das noch lange nicht. „Es war die Generalprobe – wie man im Theater sagt – und die geht halt daneben“, resümiert der Schwimmer. Trotzdem war die EM ein wichtiges Zwischenziel bestätigt Trainerin Dörte Paschke. Dort schwamm er mit den stärksten Konkurrenten Bohodayko und Crispin. Als Standortüberprüfung zeigte der Wettkampf Torben Schmidtke und Trainerin Dörte Paschke, was er schon kann und woran sie gemeinsam noch arbeiten müssen. „Das wären dann die letzten 20 Meter weiter schwimmen, nicht sterben und möglichst nicht stehen bleiben.“, gibt Schmidtke lachend zu. „Funchal war ein 80-Meter Rennen für mich, aber das waren schon mal fünf Meter mehr als bei den anderen Wettkämpfen“, so das Fazit des Paralympioniken.

Der Kopf muss verstehen

Die letzten 20 Meter erfordern jetzt hartes Training. Der Kopf muss verstehen, dass es erst richtig los geht, wenn der Körper nicht mehr kann. Was in der Fachsprache Laktatverträglichkeitstraining heißt, sind in der Realität die „Aua-Trainingseinheiten“, die unter Schmerzen stattfinden. Doch die machen den Unterschied und geben den Kick. „Wenn du fertig bist mit einer solchen harten Einheit, denkst du echt „Aua“. Aber trotzdem bist du auch wieder glücklich und denkst: echt krass. Du siehst was du schaffst und dann denkst du: eigentlich echt geil.“ Auch wenn der Eimer häufiger am Beckenrand steht, lohnt sich das wöchentliche Beißen durch 30 Kilometer Wassertraining plus Krafttraining an Land. „Ich habe einfach nur richtig Lust mich mit den anderen im Wettkampf zu messen. Man ackert jeden Tag nur um in einem Rennen alles zu geben.“

In Rio wird dieses Rennen sein. Die Prognose lautet nüchtern: „Es wird schnell werden“. Zeiten zwischen 1.21 und 1.20 Minuten seien von der Konkurrenz zu erwarten, vielleicht noch bessere – das wäre neue Weltrekordzeit. Doch Gold will Torben Schmidtke nicht als sein Ziel definieren. „Oberstes Ziel ist, Bestzeit zu schwimmen. Wenn ich Bestzeit schwimme und damit Vierter werde, was will ich mehr?“. Ehrgeizig ist er und Ziel ist es, immer schneller als im Vorjahr zu sein.

Die Tagesform entscheidet

Im Aquatics Center in Rio im September 2016 wird es letztendlich auf die Tagesform ankommen. Schmidtke will vorher vermutlich über 400 Meter Freistil das Wasser testen, aber Zeit und Platzierung sind hier nebensächlich. Der Fokus liegt klar auf den 100 Meter Brust am Ende der Paralympics in Rio. Für den deutschen Kandidaten spiegeln sich im Wettkampfwasser in dieser Disziplin deutlich die Medaillen. „Die Frage ist nur, welche Farbe es wird.“ Denken möchte er im Wettkampf aber möglichst nicht. In London erwartete er, er sei Zweiter, doch schwamm fast das ganze Rennen auf Platz vier. Am Ende waren es die letzten 20 Meter, die ihm die Silbermedaille sicherten. Die sollen es jetzt auch wieder für Rio werden. Aus dem 80-Meter-Rennen von Funchal soll ein 100-Meter-Rennen werden.

So wird Torben Schmidtke vielleicht auch der „gleiche blöde Beckenboden“ um 7.30 Uhr nach Rio nicht mehr ganz so monoton, sondern hoffnungsvoll glänzend vorkommen.

Hannah Hofer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false