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Im Herzen Berlins: Der Ludwigkirchplatz

©  Thilo Rückeis/Promo Artprojekt

Flirten in Wilmersdorf:: Eimerweise Häme

Was der Kinderwagen für den Prenzlberger, ist der Rollator für den Wilmersdorfer- stimmt's? Der Pflegefall Wilmersdorf und seine bekanntesten Lokalitäten im ultimativen Flirt-Vergleich:

Kein anderer Berliner Stadtteil ist immer wieder mit so viel Häme überzogen worden wie Wilmersdorf. Insbesondere Autor Kristjan Knall ist auf Konfrontationskurs. In seinem Buch „Berlin zum Abkacken. Alle Arschlöcher nach Bezirken.“ schreibt er, Wilmersdorf sei, „die unscheinbare Ehefrau in der Küche eines Haushalts in den sechziger Jahren“. Sexy klingt anders.

Wilmersdorf im Faktencheck

Derart über Wilmersdorf herzuziehen, ist natürlich nicht fair. Zu würdigen ist in jedem Fall, dass die Gegend einst geistiges und kulturelles Zentrum der Stadt war. Anna Seghers und Arnold Zweig lebten hier, Heinrich Mann und George Grosz ebenfalls. Heute weiß Modedesignerin Anna von Griesheim die Vorzüge von Wilmersdorf zu schätzen. Die  Bewohner hier seien offen für alles Neue, das könne man ihnen zugute halten, findet sie. Außerdem sei die Gegend in den letzten Jahren schicker geworden. Womöglich aus diesem Grund sind viele ihrer Freunde, die zwischenzeitlich in den Ostteil der Stadt gezogen waren, wieder zurückgekehrt.

Der Wilmersdorfer Volkspark
Entspannen und Sonne tanken im Wilmersdorfer Volkspark.

© dpa

Es spricht ja auch nichts dagegen, schöne Ecken bietet das 7,2 Quadratkilometer große Wilmersdorf seinen 96.000 Bewohnern einige. Den Ludwigkirchplatz zum Beispiel oder das Rheingauviertel. In diesen Kiezen trifft man häufig auf junge Familien, wodurch man kurzzeitig versucht ist, den höheren Altersdurchschnitt des fusionierten Großbezirks Charlottenburg-Wilmersdorf zu vergessen. Der liegt bei 46 Jahren – und damit gut drei Jahre über dem Berliner Mittel. Noch genauer heißt das: Über die Hälfte der Bewohner von Charlottenburg-Wilmersdorf sind älter als 45 Jahre.

Vorurteile vom Tisch: Alle Augen auf Wilmersdorf

Wo lernt man Leute kennen?

Wo geht man in Wilmersdorf auf Partnersuche? Böse Zungen würden sagen: im Seniorenheim. Da wir uns aber nicht auf Pflegefälle, sondern auf potenzielle Partner konzentrieren wollen, hier fünf plausible Vorschläge:

Volkspark Wilmersdorf. Nicht irritieren lassen von der altdeutschen Schrift auf dem Schild am Eingang – tatsächlich ist Grünanlage ziemlich idyllisch. Manchen dient sie zum Joggen; andere entspannen sich lieber auf der Liegewiese; Duos, die ein Paar werden wollen, verabreden sich gerne an den Tischtennisplatten – beiläufiger kann man kaum flirten. Bar jeder Vernunft. Man kann es nicht anders sagen: Das Spiegelzelt in der Schaperstraße ist Berlins erste Adresse für Kleinkunst und Kabarett. Wer jemanden sucht, mit dem er über Nietzsche und Nahtoderfahrungen reden kann, wird hier fehl am Platz sein. Einen heiteren Abend hingegen wird man vermutlich nirgends besser verbringen als hier.  

Art&Champagne. Klingt natürlich erst mal etwas dekadent. Ist aber in Wirklichkeit eine nette Mischung aus Bar und Galerie. Im „Art & Champagne“ am Kurfürstendamm 171 werden immer neue Ausstellungen gezeigt, dazu gibt’s edlen Sekt aus Frankreich. Wer seine Begleitung beeindrucken möchte, sollte sich etwas mit Kunst auskennen.

Alpenstueckle. Wer jetzt denkt, nanu, den Laden kenne ich doch aus Mitte, der liegt richtig. Das Alpenstueckle in der Ludwigkrichstraße 3 ist eine Zweigstelle des beliebten Restaurant- und Bäckereibetriebs im Ostteil der Stadt. Die Backwaren werden täglich frisch hergestellt, besonders zu empfehlen sind die Schokoschnecken und die Aprikosentarte. Unter der Woche gibt es einen Mittagstisch mit süddeutsch-österreichischen Spezialitäten, Platz nehmen kann man drinnen und draußen. Ein Tipp für Menschen in Begleitung: Mit dem Rücken zum Eingang oder Gehweg setzen, dann ist man im Gespräch weniger abgelenkt.

Die kleine Weltlaterne. Eine Kneipe im besten Sinne. Seit über fünf Jahrzehnten ist Die kleine Weltlaterne ein Anlaufpunkt für Künstler und solche, die sich dafür halten. Geboren wurde sie in Kreuzberg, in den 70er Jahren zog die – mittlerweile verstorbene – Betreiberin Hertha Fiedler in die Nestorstraße 22. Sie lud Günter Grass zu einer Lesung ein, bewirtete Gäste wie Friedrich Dürrenmatt, Hildegard Knef und Henry Miller. Deren Nimbus scheint heute noch den Raum zum Leuchten zu bringen. Ausstellungen und Konzerte tun ihr Übriges zum Erhalt der Legende. Idealer Treffpunkt für Menschen mit intellektuellem Anspruch.

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