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Brigitte Böhnhardt, Mutter des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, beim NSU-Prozess in München.

© dpa

Bizarrer Auftritt im NSU-Prozess: Böhnhardts Mutter bedankt sich bei Beate Zschäpe

Brigitte Böhnhardt wendet sich während ihrer Aussage im NSU-Prozess direkt an Beate Zschäpe und dankt ihr. Doch mit dem Dank an die ehemalige Freundin ihres Sohnes belastet sie Beate Zschäpe auch.

Von Frank Jansen

Ihr Auftritt war schon am Dienstag bizarr, am Mittwoch wurde er es noch mehr. Die Mutter des rechtsextremen Terroristen Uwe Böhnhardt sprach nun bei ihrer fortgesetzten Zeugenaussage im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München die Hauptangeklagte Beate Zschäpe direkt an – und bedankte sich bei ihr für das letzte Telefonat. Zschäpe hatte am 5. November 2011 die Eltern Böhnhardt angerufen und ihnen mitgeteilt, ihr Sohn Uwe sei tot. „Beate“ habe gewiss genauso unter Schock gestanden wie sie, sagte Brigitte Böhnhardt und drehte den Kopf leicht zu Zschäpe: „Danke, dass Du es trotzdem gemacht hast.“ Die Angeklagte reagierte nicht, wirkte aber auch am Mittwoch bedrückt. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, sonst schnell mit Kommentaren zum Verhalten von Zeugen und Anwälten dabei, sagte zu Böhnhardts makaberem Dank nichts.

Die Mutter gab allerdings auch, jedoch widerwillig, brisante Details aus dem Telefongespräch preis. Zschäpe habe gesagt, „die beiden“ – gemeint waren Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos – hätten am Vortag bei ihr angerufen und den Auftrag erteilt, sich bei deren Eltern zu melden. Am 4. November hatten Mundlos und Böhnhardt in Eisenach eine Filiale der Sparkasse überfallen, auf der Flucht entdeckte sie die Polizei. In einem Wohnmobil erschoss Mundlos dann Böhnhardt, zündete das Fahrzeug an und richtete die Waffe gegen sich selbst. Offenbar kurz zuvor erfolgte der Anruf bei Zschäpe, die sich im Versteck der drei in Zwickau aufhielt.

Die Aussagen von Brigitte Böhnhardt belasten Beate Zschäpe

Zschäpe habe ihr am Morgen des 5. November bei dem Telefonat gesagt, die beiden Männer hätten sich erschossen, gab Brigitte Böhnhardt nun nach hartnäckigen Fragen von Richter Götzl an. Möglicherweise war der Zeugin bewusst, dass ihre Aussage Zschäpe belastet, die sie einst als Freundin ihres Sohnes sehr schätzte. Zschäpes Telefonat und ihre Detailkenntnis vom Ende der beiden NSU-Mörder ist mutmaßlich ein Beleg für den Vorwurf der Bundesanwaltschaft, die Angeklagte sei in die Aktionen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eingeweiht gewesen. In der Anklage wird Zschäpe als Mittäterin bezeichnet. Nach dem Tod der beiden Uwes setzte sie am 4. November 2011 die Wohnung in Zwickau in Brand und floh. Vier Tage später stellte sich Zschäpe in Jena, dem alten Heimatort der drei, der Polizei.

Mutter deutet an, die rechtsextreme Radikalisierung ihres Sohnes hätten Altnazis aus dem Westen inszeniert

Erstmals am Mittwoch, allerdings in belehrendem Ton, äußerte Brigitte Böhnhardt Anteilnahme für die Opfer des NSU. Sie habe bereits im Dezember 2011 der Polizei gesagt, „dass uns das unermesslich leid tut und dass wir mit den Opferfamilien mitfühlen“. Am Dienstag hatte Brigitte Böhnhardt vor allem ihren Sohn als Opfer dargestellt und den Thüringer Verfassungsschutz und die Staatsanwaltschaft Gera als für die Verbrechen der Terrorzelle mitverantwortlich gemacht. Der Verfassungsschutz hatte der Mutter über einen Anwalt mitteilen lassen, die für ihren Sohn zu erwartende Strafe könnte reduziert werden, sollten sich die drei Untergetauchten stellen. Dazu kam es jedoch nicht. Am Mittwoch präsentierte Brigitte Böhnhardt eine weitere, krude anmutende Theorie.

Die Mutter deutete an, die rechtsextreme Radikalisierung ihres Sohnes und vieler weiterer, junger Ostdeutscher hätten Altnazis aus dem Westen inszeniert. Sie und ihr Mann hätten „keinesfalls gutgeheißen, dass irgendwelche Altkader unsere desorientierten Jugendlichen abgefangen haben und ihnen was aufgequasselt haben“, sagte Brigitte Böhnhardt. Kurz  zuvor hatte sie von  Altnazis „in der Bundesrepublik“ – gemeint war Westdeutschland – gesprochen. Nach der Wende wurde allerdings bekannt, dass die Sicherheitsbehörden der DDR in den 1980er Jahren die rechtsextreme Szene im Land auf bis zu 15 000 Mitglieder und Mitläufer schätzten.

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