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Im Morgengrauen. Die Neonazi-Zentrale wurde von der Polizei gestürmt.Foto: dapd

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"Braunes Haus" gestürmt: Polizeirazzia in Hauptquartier von Rechtsextremen

Die Polizei hat in mehreren Bundesländern Häuser von mutmaßlichen Rechtsextremen gestürmt. Einer der Verhafteten ist nach Informationen des Tagesspiegels eine zentrale Figur der Neonaziszene im Rheinland.

Von Frank Jansen

Die rechtsextreme Szene in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Thüringen ist am Dienstag Ziel einer groß angelegten Razzia gewesen. Mit Sondereinsatzkommandos stürmte die Polizei mehrere Häuser. Schwerpunkt war das sogenannte Braune Haus in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Ermittelt wird nach Angaben der Staatsanwaltschaft Koblenz gegen 33 Personen zwischen 17 und 54 Jahren. Den Beschuldigten wird unter anderem vorgeworfen, mit dem „Aktionsbüro Mittelrhein“ eine kriminelle Vereinigung gegründet und gefährliche Körperverletzung begangen zu haben. Außerdem werden sie des schweren Landfriedensbruchs und der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen beschuldigt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht gegen 24 Männer Haftbefehl erlassen.

Schwerpunkt der Tätigkeit des „Aktionsbüros Mittelrhein“ sei das teilweise offen gewalttätige Vorgehen gegen Mitglieder der linken Szene an der Ahr und überregional gewesen. Die Mitglieder des Aktionsbüros sollen bei der sogenannten Anti-Antifa-Arbeit Informationen über die Linke Szene gesammelt und veröffentlicht haben. Allen sei bewusst gewesen, „dass ein Klima des Hasses geschaffen und Ängste geschürt werden“, hieß es von der Staatsanwaltschaft.

Das rechte Wohnprojekt „Braunes Haus“ an der Ahr ist nach Polizei-Anhaben das Hauptquartier der Vereinigung. Von dort aus sollen unter anderem Demonstrationen und Aktionen geplant worden sein. Wie viele Beschuldigte letztlich festgenommen wurden, konnte ein Polizeisprecher noch nicht sagen.

Zentrale Figur der Neonaziszene verhaftet

Einer der Verhafteten ist nach Informationen des Tagesspiegels eine zentrale Figur der Neonaziszene im Rheinland, Axel Reitz. Der in Medien wegen seiner notorischen Agitation als „Hitler von Köln“ bezeichnete Rechtsextremist wurde bereits mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt und kandidierte bei der Bundestagswahl 2009 für die NPD. Reitz steht zudem in Verbindung zur „Kameradschaft Aachener Land“, die wie das Aktionsbüro Mittelrhein vor allem durch Hass auf Linke und entsprechende „Anti-Antifa“-Aktionen aufgefallen ist, bis hin zu tätlichen Angriffen. Mitglieder der Kameradschaft Aachener Land waren zudem am 1. Mai 2010 mit Sprengsätzen nach Berlin gefahren, um dort am Rande eines rechtsextremen Aufzugs linke Gegendemonstranten und Polizisten anzugreifen. Die Neonazis warfen jedoch die Minibomben weg, als sie in die Nähe einer Polizeikontrolle kamen. Mitglieder der Kameradschaft haben außerdem Ende vergangenen Jahres im Internet die Mordserie der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ gefeiert.

Sicherheitsexperten sehen das Aktionsbüro Mittelrhein wie die Kameradschaft Aachener Land als Teile eines Neonazi-Netzwerks, das sich über die so genannte Rheinschiene erstreckt. Das Spektrum gilt als hochgefährlich. Schon seit langem befürchten Experten, in dem Netzwerk könnten sich rechtsterroristische Strukturen bilden. Eine Verbindung zur Thüringer Terrorgruppe ist bislang allerdings nicht nachweisbar.

Der Bundesbeirat für Integration hat nach der Mordserie der Zwickauer Terrorzelle jetzt ein deutliches Signal gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gefordert. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), sagte anlässlich der Vorstellung eines Zehn-Punkte-Plans zur Bekämpfung rechtsextremer Gewalt am Dienstag in Berlin, eine „starke Zivilgesellschaft ist der wichtigste Schutz“. In dem nach zweitägiger Sitzung gefassten Beschluss steht ganz oben dabei der Ruf nach einer „entschlossenen Aufklärung und Verfolgung“ rechtsextremer und rechtsterroristischer Straftaten. Fehler der Strafverfolgungsbehörden im Zusammenhang mit der Mordserie der Zwickauer Zelle müssten aufgedeckt werden. (mit AFP/dapd)

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