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Real existierender Pragmatismus. Mit seinen politischen Meinungen würde er in keinem Verlag mehr unterkommen, sagte sich Klaus Wagenbach. Also gründete er seinen eigenen.

© bpk / Alexander Enger

50. Jahre Wagenbach: Ein Verlag mit Programm

Bachmann und Grass, Biermann und Meinhof: Die Geschichte des Wagenbach-Verlags ist ein Stück Zeitgeschichte. In diesem Sommer feiert er seinen 50. Geburtstag. Eine Expedition in die Heimat des geschichtsbewussten Hedonismus.

Jeder kennt den Wagenbach-Verlag: Die Übriggebliebenen der letzten Nacht sind noch längst nicht aufgestanden, da wird im Nebenzimmer schon die erste Resolution des Tages verfasst. Das Telefon klingelt Sturm, aber das macht es immer, niemand hört mehr darauf. Der Verleger sucht sein Auto, findet aber keinen, der weiß, wer es ausgeborgt hat. Ein verschüchterter Autor steht in der Tür, wird jedoch nicht beachtet und kehrt wieder um. Die, die nur was fotokopieren wollen, sind hartnäckiger. Und erfolgreicher. Spielende Kinder toben durch den Flur, wahrscheinlich gehören sie den Verfassern der Resolution oder denen, die noch schlafen.

Manchmal wünschte der Verleger, er wäre gar nicht links und könnte alle nach Hause schicken, besonders den, der das riesige Transparent im Tagungsraum angebracht hat: „Wird der Verlag aufgelöst, so muss das Vermögen einer sozialistischen Organisation zur Verfügung gestellt werden.“ Wieso eigentlich? Er entscheidet, schließlich ist er der Eigentümer. Eigentümer aber sind bürgerliche Arschlöcher. Das wiederum ist Dialektik. Darum hat er den anderen auch schon 50 Prozent seines Verlags geschenkt. War das ein Fehler? Die Lage ist aussichtslos. Die Lektoren sind längst emigriert, niemand vermisst sie …

Es war erst gestern. Es ist lange her.

Unheimliche Stille umfängt den Eintretenden

Stille. Eine unheimliche Stille umfängt den Eintretenden. Solch bedenkliche Grade des Schweigens entstehen nur dort, wo niemand den anderen bei der Arbeit stören will. Sogar die Kaffeemaschine schämt sich ihrer Geräusche und verstummt. Verlagsmitarbeiter falten beflissen gelbe Werbe-Leporellos und kleben sie per Hand in die roten Leineneinbände der Salto-Erfolgsreihe, erfunden anno 1987. Die Reihe ist zum (Wieder-)Erkennungszeichen des Verlags geworden, und zwar im Format der einstigen, längst verschiedenen revolutionären „Rotbücher“. In dieser Reihe erschien 2008 mit Alan Bennetts „Souveräner Leserin“ der erste Bestseller der Verlagsgeschichte. 450 000 Stück! Ein Buch ausgerechnet über die Queen! Parasitärer Luxus?

Immer wieder fast untergegangen, wird der Berliner Wagenbach-Verlag in diesem Sommer ein halbes Jahrhundert alt und zeigt ab sofort eine überaus beredte Ausstellung im Foyer der Staatsbibliothek: Die Geschichte eines kleinen Verlags als große Zeitgeschichte.

Wie überlebt man sich selbst?

Erweckungserlebnisse: Von Karl May zu Franz Kafka

Susanne Schüssler bittet in ihr Büro in Wilmersdorf. Sie ist mehr als dreißig Jahre jünger als ihr Mann und leitet den Verlag nun schon seit fast zwölf Jahren. Susanne Schüssler wirkt nicht gerade wie die Verkörperung des zeitlos schönen Verlagsbekenntnisses „Geschichtsbewusstsein! Anarchie! Hedonismus!“ Vielleicht sind manche Linien in ihrem Gesicht zarte Niederschläge des Umstands, dass beim Namen Wagenbach noch immer alle an ihren Mann denken. Wo bleibt der eigentlich?

Nicht nur Ehepartner. Klaus Wagenbach arbeitet heute als Lektor in seinem Verlag. Die Geschäfte führt seit fast zwölf Jahren seine Frau Susanne Schüssler.
Nicht nur Ehepartner. Klaus Wagenbach arbeitet heute als Lektor in seinem Verlag. Die Geschäfte führt seit fast zwölf Jahren seine Frau Susanne Schüssler.

© picture alliance / Eventpress Sc

Als Klaus Wagenbach den Raum betritt, gleitet der Blick unwillkürlich an ihm abwärts, um dort hängen zu bleiben, wo die Hose zu Ende ist und die Schuhe noch nicht anfangen. Es ist wirklich wahr! Klaus Wagenbach, Mitte achtzig, trägt knallrote Socken. Seit wann, möchte man fragen, und wie viele hat er überhaupt? Aber das ist unmöglich, ganz und gar unmöglich. Denn es überführte den Fragesteller genau jener Äußerlichkeit, auf die Wagenbachs Socken anspielen. Auch das ist Dialektik. Klaus Wagenbach, der bestbefeindete und höchstvorbestrafte lebende deutsche Verleger. Verleger? Ach was, eine Verlegerlegende. Einer, der viele Zeitgeister überstand, einschließlich seines eigenen. Und wem hat er das außer sich selbst zu verdanken? Franz Kafka?

Im nächsten Augenblick zitieren sie Hadschi Halef Omar

Reden wir über Kafka! War er der erste große Autor in seinem Leben? Nein, der erste war Karl May, antwortet Wagenbach sofort und schlägt die Beine zur Bekräftigung übereinander. Meiner auch!, ruft Susanne Schüssler. Im nächsten Augenblick zitieren sie sich gegenseitig die Lebensansichten des Hadschi Halef Omar. Den letzten Satz von „Durchs wilde Kurdistan“ – oder war es „Durch die Schluchten des Balkan“? – sprechen sie im Chor, überrascht von sich selbst, überrascht vom anderen, sie haben beide diesen Satz nie vergessen.

Mit wie vielen Büchern im Leben passiert einem das?

Trotzdem, Karl May ist nicht der Anfang von Wagenbachs Geschichte. Seine Geschichte begann nicht mit dem letzten Satz eines Buches, sie begann vielmehr mit einem ersten. Er lautet: „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“

Der Lehrling des Verlagswesens beim Frankfurter Fischer-Verlag sollte diesen Satz gar nicht lesen, er sollte nur seine Wörter zählen. „Bub, schätz das mal!“, hatte der Lektor Fritz Hirschmann gesagt und ihm etwas schäbiges Braunes in die Hand gegeben. Das war 1950. Schätzdasmal! war keine Frage nach seinem Urteil gewesen, sondern nach dem voraussichtlichen Umfang des zu veröffentlichenden Buches. Aber der Beauftragte ertappte sich immer wieder dabei, sich in den Sätzen zu verfangen, statt sie bloß zu zählen.

„Ich hatte so etwas noch nie gelesen“, sagt Klaus Wagenbach, „diese klare, einfache und schöne Sprache. In der folgenden Nacht las ich den ‚Prozess’ und in den nächsten Tagen und Wochen alle anderen Bücher dieses Autors.“ Er kannte ihn nicht, eigentlich kannte ihn keiner in diesem Land, das Vaterland zu nennen, er sich schon damals nicht recht entschließen konnte. Was ihn faszinierte, war das Zugleich von ganz realer und irrealer Welt, ohne dass man genau hätte sagen können, wo die eine anfängt und die andere aufhört. Und es waren Kafkas unvergessliche Bilder der Macht.

Seitenwechsel: Von hinterm Schreibtisch vor den Schreibtisch

Macht? Wagenbach sitzt auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch seiner Frau. Jemand mit Schreibtisch ist immer mächtiger als jemand ohne Schreibtisch, das ist so. Und Menschen, die vor Schreibtischen Platz nehmen, sind nie die Entscheider. Er ist wieder Lektor, ein einfacher Lektor in seinem eigenen Verlag. Andere an seiner Stelle würden das kaum aushalten. Aber war er je wie die anderen? Klaus Wagenbach wippt mit dem rechten Fuß, als balanciere er einen Sonnenstrahl auf den Zehenspitzen. Nur hedonistische Anarchisten, sehr freie Menschen also tun das. Und das heißt nicht zuletzt: frei von Macht. Auch die Kunst des Aufhörens ist eine.

Anfang der Neunziger, als Susanne Schüssler kam, umkreisten sich beide noch mit einem gewissen Misstrauen in die Andersartigkeit des anderen. Und plötzlich stand auch noch ein hässlicher grauer Kasten samt unförmigem Monitor in den Verlagsräumen. Der erste Computer! Vielleicht ist es Klaus Wagenbach noch immer eine leise Genugtuung, wenn die anderen fassungslos vor Verzweiflung und Wut an ihren havarierten Rechnern sitzen. Aus seinem Büro hingegen hallte schon damals nur manchmal und irgendwie getröstet der Ruf: „Ich glaube, mein Farbband ist alle!“

Der Vorwurf: "Erfolglose Aufforderung zum Landesverrat"

Sein Farbband ist noch lange nicht alle. War es noch nie. Nicht als er, nun selbst Lektor bei Fischer, sein erstes Ermittlungsverfahren erhielt wegen Unterzeichnung einer Resolution gegen die Besetzung des „Spiegel“. Der Vorwurf lautete auf „erfolglose Aufforderung zum Landesverrat“. Nicht im Frühjahr 1964, als die Verlagsleitung ihrem Lektor mitteilte, ihm kündigen zu müssen, und zwar „wegen Kompetenzüberschreitung“. Soeben war ein DDR-Verleger rundweg von der Frankfurter Buchmesse verhaftet worden. Das war zwar zeitüblich, sagt Wagenbach, aber falsch fand er es trotzdem, weshalb er einen Brief an den Generalbundesanwalt geschrieben hatte: Es sei eine durchaus „ungünstige Wirkung auf ausländische Verleger“ zu befürchten. Leider hat der Generalbundesanwalt dem Absender gar nicht erst geantwortet, sondern gleich die Verlagsleitung informiert.

Wagenbach hat noch immer eine souverän unterspielende Art, diese Dinge zu berichten. Sein Mund gleicht dabei einem auf dem Bauch liegenden Fragezeichen, als habe die linke Ironie seine Oberlippe zum Ort ihrer Epiphanie erwählt.

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Noch war es nicht ganz so schlimm, und doch: Seltsam war es schon, dass dieser Satz, der am Beginn seiner literarischen Volljährigkeit stand – er hatte inzwischen über Kafkas Jugendjahre promoviert –, plötzlich auf ihn selbst zu passen begann.

„Es stellte sich schnell heraus, dass ich mit den politischen Meinungen, derentwegen ich gefeuert worden war, in keinen anderen Verlag hineinkommen würde“, fasst Wagenbach die Geschichte seiner Verlagsgründung in einem Satz zusammen. So wenig. So viel. Aber etwas war da noch. Wovon eigentlich sollte er das zu Gründende bezahlen?

Vaterproblem? Hatte er eigentlich keins

Die 68er sind, wie jeder weiß, die Generation mit dem großen Vaterproblem. Aber Klaus Wagenbach hatte eigentlich keins. Vater Wagenbach hatte den Krieg als Archivar quasikafkaesk im Aktenkeller der Berliner Bau- und Bodenbank verbracht. Als die nationalsozialistische Krankenkasse sich weigerte, die Rechnung des jüdischen Familien-Hausarztes Dr. Ziegelroth zu bezahlen, nahm Vater Wagenbach dies zum Anlass, aus der Krankenkasse auszutreten, und zwar mit Empörung. Zur Wehrmacht einberufen, war er nur Monate später wieder da. Er hat nie darüber gesprochen.

Der Sohn nennt ihn noch heute einen „erbarmungslosen Zivilisten“ und es klingt Achtung darin. Er wird immer vermuten, sein Vater habe vielleicht eine Kanone falsch bedient. Jetzt aber sah dieser „erbarmungslose Zivilist“ seinen Sohn aufmerksam an. Er fand das Unglück, in das ihn seine politischen Meinungen gestürzt hatten, mindestens ebenso schlimm wie diese Meinungen selbst. Und schenkte ihm – Geld hatte er auch keins – eine Wiese im Hochtaunus. Vielleicht könne er die verkaufen?

Grenzgänger: Anfang und Ende des Ost-West-Verlags

Nur eine Stadt kam als Standort in Frage: Berlin, seine Heimatstadt. Ein deutsch-deutscher Verlag sollte es werden, ein Ost-West-Verlag, ein West-Ost-Verlag, das hatte er sofort gewusst. Berlin? „Alle meine Freunde hielten das für eine ziemlich schlechte Idee“, sagt Wagenbach, „aber sie hatten keine Chance.“ Als er Berlin 1943 auf der Flucht vor den Bomben verlassen hatte, stand es noch fast so da wie immer, jetzt fand er nur noch Rentner und Ruinen. Einen Tag lang lief er heulend durch die Stadt.

Der Erlös der Wiese und „einiger beweglicher Güter unseres Lektorenhaushalts“ reichten gerade für die Herstellungskosten der ersten elf Bücher, alle schwarz, alle gleich, durchnummeriert. Das Format hatte er sich von Kafkas Verleger Kurt Wolff ausgeborgt. Wagenbach veröffentlichte im ersten Jahr so bekannte Autoren wie Günter Grass, Ingeborg Bachmann, sie waren Nr. 4 und Nr. 6. des Programms, aber auch solche, die kein Mensch kannte wie F.C. Delius, Stephan Hermlin oder Wolf Biermann, Nr. 7 bis 9. Die Bücher fielen auf, und die Buchhändler sahen auch ein, dass sie, da es sich um eine Reihe handelte, besser alle Nummern haben sollten, statt nur die 4te und 6te. Allerdings reichte die Hochtaunuswiese nicht für Miete, Vertriebs- und Vertreterkosten. Das Gehaltsproblem war weniger gravierend, denn Klaus Wagenbach selbst war sein einziger Mitarbeiter. „Aber im zweiten Jahr hatte ich einen Lehrling!“, ergänzt der Verleger.

Die DDR erteilte ihm Einreiseverbot, dann Durchreiseverbot

Die eigene Auswahl von Liedern des Dichters Wolf Biermann, von dem noch nie jemand gehört hatte, versah er mit dem Titel „Die Drahtharfe“. Sie zeigte anfangs wenig Neigung, die Regale der Buchhändler zu verlassen, trotzdem wollte ein DDR-Journalist den Verleger Silvester 1965 im Café Kranzler treffen: Wenn er einsichtig sei, und gerade von diesem Autor nichts weiter publiziere sowie „Die Drahtharfe“ nicht nachdrucke, stehe ihm die DDR offen, andernfalls aber … Der Journalist war der nachmalige stellvertretende DDR-Kulturminister Klaus Höpcke. Der Verleger musste ablehnen, schon aus Gründen der Selbstachtung. Er erhielt ein Einreiseverbot in die DDR, gefolgt von einem Durchreiseverbot. Das war das Ende des Ost-West/West-Ost-Verlags, schon im ersten Jahr.

Susanne Schüssler sieht aus, als schaute sie immerzu auf ihre innere Uhr. Was, wir sind erst im Jahr eins des Verlags? Sie wolle ja nichts sagen, aber die Stunde sei gleich vorbei, bemerkt sie und macht dazu ein Gesicht der gelebten und erlittenen Effizienz. In Kafkas Prager Arbeiter-Unfallversicherung können sie auch nicht fleißiger gewesen sein. Geschichtsbewusstsein? Hedonismus? Anarchie? Alle drei sind vor allem eins: tendenziell zeitlos. Aber ein kleiner Verlag darf seine Tage nicht verbummeln.

Also schneller: Immer wieder Hausdurchsuchungen, Prozesse und Verurteilungen, unter anderem, weil Wagenbach die tödlichen Schüsse der Polizei auf die Studenten Benno Ohnesorg und Georg von Rauch als „Mord“ bezeichnet hatte. Die Kosten musste er jedes Mal selbst tragen, bis zum Beinahe-Ruin. Wagenbach war auf kafkaeske Wirklichkeiten denkbar gut vorbereitet, und trotzdem, eine tiefe Kränkung ist geblieben. Niemand sei für diese Morde je verurteilt worden: niemand bis auf ihren Kritiker. „Ausgerechnet von meiner Heimatstadt.“

Aber musste er denn 1976 die Grabrede für Ulrike Meinhof halten? Ja, musste er, sie war seine Autorin. Er hat nicht nur das RAF-Manifest „Über den bewaffneten Kampf in Westeuropa“ veröffentlicht, sondern auch Meinhofs Sozialreport „Bambule“. Der Anruf kam in der Nacht vor ihrer Beisetzung. Man habe ein Dutzend Leute gefragt, nun sei nur noch er übrig.

Vielleicht hat ihn Kafka vor allem Extremismus und Kollektivismus bewahrt. Es gibt keine Kollektiv-Ichs in Kafkas Welt, nur Einzelne. Sich selbst durchhalten und dabei doch nicht versteinern. Mehr kann ein Mensch nicht von sich erwarten. Das, was sonst, ist gelingendes Leben.

Kollektivierung und Herz: Verlagsarbeit als Sozialismus im Selbsttest

Die Ausstellung in der Staatsbibliothek zeigt seine Stationen. Und da ist auch Wagenbach, der Briefschreiber. Eine einzige Seite braucht er 1998, um den scheinbar so unabhängigen Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki des Mainstreams zu überführen oder 1990 die „Kulturförderung“ des Goethe-Instituts bloßzustellen: „Für diesen Staat mache ich nichts mehr umsonst. Ich bin kein bei Bedarf vorzuweisender Kulturträger.“ Auch das ist die Freiheit des Verlegers. Es ist nicht ohne eine gewisse Ironie zu denken, aber Menschen wie Klaus Wagenbach haben das zivile Bewusstsein geschaffen, das heute als Durchschnittsbewusstsein gelten darf. Die Rede von der linken Militanz täuscht darüber. Wagenbachs Socken leuchten widerständlerisch. Was ist das eigentlich für ein Rot? Das der roten Fahne, vielleicht. Ein Amarantrot, ein Indischrot, ein Ziegelrot oder doch ein Zinnoberrot? Es muss wohl ein Blutrot sein. Doch in seinem Fall, im Fall des Mitbegründers der Toskana-Fraktion, ist gewiss ein Schuss Brunello-Rot darin.

Das Lektorat blieb immer autonom

Die Kollektivierung des Wagenbach-Verlags war einst der Sozialismus-Selbsttest. Gibt es denn eine intelligiblere Gemeinschaft als einen Verlag? Aber ein gewisser letzter Vorbehalt war da von Anfang an: Das Lektorat blieb immer autonom, betont Susanne Schüssler.

Doch alle Lektoren müssen dafür sein, bevor ein Buch erscheint?

Das Ehepaar Wagenbach senkt und hebt den Kopf in schöner Synchronität. Die Langsamkeit der Bewegung deutet das volle Bewusstsein über die in dieser Vereinbarung enthaltene Zumutung an.

Ist das nicht auch Kollektivismus?

Nein, denn da ist noch die „Herzklausel“. Wenn einer ein Buch unbedingt will, auch wenn er der Einzige ist, machen wir es.

Warum also nicht eine Gesamtausgabe des italienischen Malers, Architekten und Künstlerbiografen Giorgio Vasari, geboren 1511, gestorben 1574, überlegte 2003 der Lektor Klaus Wagenbach. Vasari ist sehr fleißig gewesen, 45 Bände könnten es also leicht werden. Herzklausel!, wollte Klaus Wagenbach schon rufen, aber das Wunder geschah: Die anderen waren auch dafür. 41 Bände Vasari sind bereits erschienen.

Der Text erschien auf der Dritten Seite.

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