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Gastwirte gehören zu den Gruppen, die besonders unter der Krise leiden.

© Rolf Vennenbernd/dpa

Ein Wirt, ein Manager und eine Pflegerin: So lassen sich diese Drei trotz Lockdown nicht unterkriegen

Leben und arbeiten im Corona-Stillstand – das ist für alle eine Herausforderung. Menschen aus drei verschiedenen Berufsgruppen berichten aus ihrem Alltag.

Von
  • Kai Röger
  • Jonas Bickelmann

Otto Vadim Ursus, Geschäftsführer des Berliner Restaurants „Otto“:
„Wir hatten schon eineinhalb Wochen nach dem ersten Lockdown angefangen, einen Fensterverkauf einzurichten: Eintöpfe, selbstgemachte Produkte wie Wildknacker, Würzsaucen. Das hat uns durch die Krise geholfen.

Als jetzt wieder die Schließung kam, konnten wir sofort wieder auf Fensterverkauf gehen, die Vorratskammer war ja voll. Den Mittagstisch, den wir im Sommer eingeführt hatten, konnten wir beibehalten und verkaufen jetzt doppelt so viel, haben aber praktisch keinen Umsatz durch Getränke.

Otto Vadim Ursus.
Otto Vadim Ursus.

© Robert Rieger

Wir können alle Kosten bezahlen. Trotzdem werden wir Hilfe beantragen müssen. Wir hatten uns ein Gewächshaus auf die Terrasse gestellt, um auch im Winter mit Abstandsregeln Gäste draußen bewirten zu können. Diese Investitionen laufen jetzt ins Leere.

Die Regeln ändern sich ständig. Aber dadurch, dass alle betroffen sind, ist die Nachfrage groß, alle die ihr Angebot umstellten, haben gut zu tun.

Die Touristen bleiben aus. Unsere Gäste kommen jetzt aus dem Kiez, sie sagen, dass sie froh sind, dass wir nicht zugemacht haben, so bleibt ein bisschen Lebendigkeit und Normalität erhalten. Ich bin glücklich, dass wir uns in ein Nachbarschaftsrestaurant verwandelt haben.“

Jo Preyhs, Projektmanager:
„Ich bin früher viel gereist, nach Japan, China, Indien. Jetzt passiert alles online. Ich bilde als Selbstständiger Mitarbeiter von Robert Bosch im Projektmanagement aus. Nun habe ich wieder rund um die Uhr zu tun, muss nachts um eins aufstehen, um Japaner zu schulen.

Das hat irgendwo wieder Spaß gemacht, das hatte ich noch nie! Es klappt viel besser, als ich es mir vorgestellt habe. Ich kenne die Leute ja nicht, habe sie noch nie gesehen, aber auch über Skype kann man Kontakt aufbauen.

Jo Preyhs.
Jo Preyhs.

© privat

Der erste Lockdown traf mich noch unvorbereitet. Ich hätte im Februar noch mehrmals nach Shanghai fliegen sollen, dann war China dicht. Ich kam von einem Tag auf den anderen auf null. Mein Geschäft war bis Juni zu. Ich hatte keine Aufträge mehr, habe vier Monate kein Geld verdient. Jetzt mache ich alles von zu Hause.

Meine Kollegin und ich haben als Kleinunternehmen die staatliche Hilfe beantragt. Wir haben sie schnell bekommen, das ging in Berlin zügig. Aber jetzt fragen alle, ob das zu Recht ausgezahlt wurde. Das ist ein echter Hammer: Investitionsbetrug könne das sein.

Es hieß immer, dass es staatliche Hilfsprogramme seien. Niemand redete jemals von „Investition“. Wenn es soweit käme und man für schuldig befunden wird, wäre das ein Verbrechen. Ich als Antragssteller bin nämlich verantwortlich, dass der Antrag rechtens ist. Das ist eine Frechheit!“

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Hannah Bickelmann, Pflegekraft:
„Unseren Bewohnerinnen und Bewohnern geht es am besten, wenn sie zusammen sein können und wir für sie da sind, gemeinsam etwas machen. Jetzt gibt es viele Anlässe zum Backen und Basteln: Weihnachten, Advent.

Wir haben uns einen besonderen Adventskalender überlegt. Alle Leute aus unserer Einrichtung, also Menschen mit Behinderung und Senioren, können dazu etwas beitragen. Zum Beispiel ein Gedicht schreiben oder ein Rezept. Das kommt dann hinter eins der Türchen.

Hannah Bickelmann.
Hannah Bickelmann.

© privat

Mit solchen Ideen halten wir die Verbindung aufrecht. Jetzt sind unsere Gruppen streng isoliert. Eigentlich soll das Gegenteil der Fall sein, alles inklusiv sein. Das geht gerade nicht. Unsere Inklusionsmanagerin sorgt jetzt dafür, dass alles möglichst exklusiv abläuft. Ihre Aufgabe hat sich umgekehrt.

Wir haben auch eine Nintendo-Konsole mit Fitnessprogramm bekommen. Damit bleiben die Bewohner in Bewegung, ohne dass sie in Gefahr geraten, sich anzustecken.

Als ein Bewohner 90 wurde, haben wir uns im Hof aufgestellt, mit Lichtern in der Hand und für ihn Lieder gesungen. Der Herr hat vom Balkon aus gelauscht. Er sang mit, hatte die ganze Zeit ein Lächeln im Gesicht.“

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