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Das Herz der Saar schlug mehr als 100 Jahre unter Tage. Annegret Kramp-Karrenbauer will es mit der Modernisierung nicht übertreiben.

© Oliver Dietze/dpa

Landtagswahl im Saarland: Die Annegret und der Schatten der SPD

Kumpel besuchen, schwätzen, Kaffee, Kuchen – der saarländische Wahlkampf dampft vor Gemütlichkeit. Lange schien ein Sieg der CDU ausgemachte Sache. Lange. Unsere Reportage als Blendle-Tipp.

Von Robert Birnbaum

Dreiundvierzig Wähler sind besser als nichts. Genau betrachtet sind es sogar recht viele, weil mitten in der Woche morgens um neun außer Rentnern und ein paar jüngeren Frauen selbst im Luftkurort Weiskirchen keiner einfach mal so zum „Kaffeeklatsch mit Annegret“ kommen kann. Außerdem wäre im Café Louis gar nicht mehr Platz.

Die Annegret – für Auswärtige, die sich nicht so auskennen mit dem landesüblichen Du: die Ministerpräsidentin und CDU-Landeschefin Kramp-Karrenbauer, Kurzform AKK – die Annegret also hat trotzdem viel Zeit mitgebracht. Wahlkampf im Saarland ist ein Handschlag-Geschäft. Wer hier etwas werden oder bleiben will, muss mit den Leuten reden.

Also zieht die Spitzenkandidatin nach kurzer Ansprache von Tisch zu Tisch und schwätzt, was man eben so schwätzt: bisschen Politik, bisschen über die Busverbindungen und bisschen über die Enkel, immer abwechselnd. Einen Kaffee gibt’s auf CDU-Marke umsonst, die ortsbekannte „Flockentorte“ muss dazubestellen, wer den süßen Sahne-Schock am frühen Vormittag schon verträgt. Die Ministerpräsidentin trägt türkisblaue Turnschuhe zum türkisblauen Blazer. Die sind bequem, und es stört sich keiner daran.

Nicht mal eine Million Einwohner, aber 9000 Vereine

Dass sich in dieser kaffeedampfenden Gemütlichkeit das Schicksal der Bundeskanzlerin Angela Merkel vorentscheiden könnte, ist ein Gedanke, zu dem man sich zwingen muss. Zumal sich Kramp-Karrenbauer redlich Mühe gibt, ihn gar nicht erst aufkommen zu lassen. Das sei hier keine Ersatz-Bundestagswahl, sagt sie, sondern eine Landtagswahl: „Wer mich als Ministerpräsidentin will, muss die CDU wählen.“

Solche lokalpatriotische Strategie erfreut sich bei CDU-Wahlkämpfern großer Beliebtheit, seit es nicht mehr so läuft mit dem Rückenwind aus Berlin und erst recht, seit über die SPD das Hoch „Martin“ hereingebrochen ist. Aber der Fairness halber muss man sagen, dass die Binnenperspektive an der Saar Tradition hat.

Das Saarland ist unter den deutschen Ländern das eigensinnigste. Auswärtige missbrauchen es zu groben Vergleichszwecken („doppelt so groß wie das Saarland“), was zwischen Homburg, Merzig, St. Wendel und Saarbrücken nur die Überzeugung festigt, dass man besser unter sich bleibt. Nicht mal eine Million Einwohner, aber 9000 Vereine (Rekord!), zwei Dialekte sowie die größte zusammenhängende Waldfläche Deutschlands (auch Rekord, wenn auch nur wegen „zusammenhängend“).

Das Herz der Saar schlug mehr als 100 Jahre unter Tage, bis Kramp-Karrenbauers Vorgänger Peter Müller 2012 den Kohlebergbau förmlich beendete. Inzwischen prägt ...

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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