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Teilt gerne aus. Sascha Lobo sagt: „Ich hatte schon immer das Privileg, viel Feedback zu erhalten.“

© Friso Gentsch/dpa

Shitstorms und Hatespeech: Sascha Lobo: Iro Majestät

Er gilt als Deutschlands Internet-Erklärer, kennt sich aus mit Hass im Netz – und hat gelernt, wann er offline gehen muss. Unser Blendle-Tipp.

Dienstagvormittag in den Messehallen. Der Bundesverband Deutscher Omnisbusunternehmer lädt zum Fachkongress. Soeben hat Alexander Dobrindt mit sagenhafter Monotonie sein Verkehrsministergrußwort heruntergespult, jetzt starren 300 Geschäftsmänner auf eine Frisur mit Mensch dran. Sascha Lobo sagt Hallo und dass er statt der angekündigten 20 Minuten wohl etwas länger sprechen werde. Doch das sei sicher kein Problem, Vertreter der hier anwesenden Branche seien schließlich flexible Zeitangaben gewohnt.

Dann erzählt er vom Internet. Wie die Digitalisierung alle Lebensbereiche durchwirke. Dass der durchschnittliche Nutzer 221 Mal am Tag auf sein Smartphone schaue. Wie Tausende durch den Central Park stolperten, um ein seltenes Pokémon zu fangen. Seine eigentliche Botschaft aber lautet: Der digitale Wandel ist dramatischer, als man es sich vorstellen kann – und er betrifft auch Deutschlands Omnisbusunternehmer. Ältere Herren zücken ihre Handys und fotografieren Lobos Powerpoint-Folien von der Wand ab.

Sascha Lobo, 41, roter Iro, schwarzer Anzug. Wo er auftritt, wird er als Deutschlands Digital-Experte, Alpha-Blogger, Internet-Erklärer angekündigt. Sein Gesicht kennen wahrscheinlich mehr Deutsche als das des Google-Chefs. Auf der Digital-Konferenz Re:publica, die am Montag in Berlin startet, wird er wie immer den meistbeachteten Vortrag halten. Titel: „Vom Reden im Netz“.

Sascha Lobo ist auch Anfeindungen gewohnt. Er hat zahllose Neider. Manche sagen, er sei ein Aufschneider und Blender. Er solle seine Fresse nicht in jede Kamera halten. Andere sagen, sie würden diese Fresse am liebsten einschlagen.

Spricht man Lobo auf den Hass an, sagt er ganz ruhig: „Ich hatte schon immer das Privileg, viel Feedback zu erhalten.“

Er ist berüchtigt für seine Publikumsbeschimpfungen

Ein Café am Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg. Der Hahnenkamm schimmert im Nachmittagslicht orangefarben. Lobo sagt, ihm sei bewusst, dass manche ihn für unseriös halten. Weil er sich anmaße, Branchen Ratschläge zu erteilen, in denen er sich doch gar nicht auskenne. Aber es sei eben so: „Nimmt man in der heutigen Zeit Digitalisierung plus X, dann ist die Digitalisierung einfach viel wichtiger als das X.“ Auf dem Sofa des Cafés spricht Lobo, wie er Vorträge hält. Pointiert. In geschliffenen Sätzen. Mit Pausen.

Wie stark das Netz ihre Branche verändern wird, hat er schon Autobauern, Möbelherstellern, Bierbrauern, Versandhaushändlern, Sparkassen-Angestellten, Versicherern, Journalisten und der Bundeszahnärztekammer erzählt. Auf der „Fachpack 2015“ sprach er vor dem Bundesverband der Wellpappehersteller. Die lieben das Internet, sagt Lobo. Amazon und Zalando haben den Bedarf an Wellpappe stark ansteigen lassen.

Sascha Lobo teilt auch selbst gern aus. Auf der Re:publica ist er berüchtigt für seine Publikumsbeschimpfungen. Einmal warf er den Zuhörern vor, sie hätten als Netzgemeinde kollektiv versagt. Weil immer nur er in Talkshows geladen werde. Weil nur er ständig gebeten werde, ein neues Online-Phänomen zu erklären. „Und wenn mich jemand anruft, müsst ihr euch das so vorstellen, dass derjenige euch nicht anruft.“ Seine Zuhörer verfügten vielleicht über ein größeres Spezialwissen als er. Aber sie seien entweder zu doof oder zu leise, um in der Gesellschaft eine Rolle zu spielen.

Lobo hat schon die Härten des Internets erfahren, als in Deutschland noch niemand die Begriffe Shitstorm oder Hatespeech kannte. Vor genau zehn Jahren erhielt er seine erste Gewaltandrohung. Ein Unbekannter schrieb, er wolle mit Lobo „Blutpolka tanzen“. Als später vier junge Männer nachts vor seiner Tür standen und...

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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