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Armin Mueller-Stahl im April 2019 in Berlin.

© Valerie Schmidt

Sicherheit / Freiheit: "Erich Mielke war beglückt"

Der Schauspieler, Maler und Dichter Armin Mueller-Stahl erzählt, wann er sich zwischen Sicherheit und Freiheit entscheiden musste.

Meine Zeit in der DDR war eine Zeit mit gemischten Farben. Ich habe ja zuerst in West-Berlin Musik studiert, und ich bin in den Osten gegangen, als ich Schauspieler wurde, weil dort das bessere Theater war. Damals war die DDR für mich noch ein wunderbares Land. Doch es gab immer wieder Momente, in denen ich haderte: den 17. Juni 1953, da bin ich mitmarschiert. Den sowjetischen Einmarsch in Ungarn. Den Mauerbau. Den Einmarsch in die Tschechoslowakei. Und dann die Sache mit dem "Unsichtbaren Visier", einer Agentenserie, die zwischen 1973 und 1975 lief, ein wirklicher Straßenfeger. Ich war Achim Detjen, ein DDR-James-Bond. Einer, der lockere Sprüche machte, der schießen konnte und traf, der reiten konnte und nicht runterfiel, der sich schlagen konnte und gewann. Eine Figur, die ich ganz gerne gespielt habe. Nur wurden nach zehn Folgen die Bücher immer dümmer, immer politischer. Erich Mielke, der Minister für Staatssicherheit, war nämlich auf die Filme aufmerksam geworden. Er war beglückt: So eine Figur hatte die DDR noch nie! Ab dann hatte die Stasi ihre Finger im Spiel.

Das Telefon blieb still

Eines Abends saß ich mit einer Freundin, ihren Namen sage ich nicht, bei mir zu Hause in Johannisthal in der Engelhardstraße. Irgendwann eröffnete sie mir weinend, dass sie gebeten worden sei, für die Stasi zu arbeiten - und unter anderem auch Dinge über mich zu erzählen. Ich war unglaublich empört. Ich bin in den Fernsehfunk marschiert, dort war ich engagiert, und habe gesagt, dass so ein Bespitzelungsversuch unerhört sei und dass ich mich bemühen würde, die DDR zu verlassen, wenn das nicht sofort zurückgenommen wird. Daran waren sie überhaupt nicht interessiert. Als ich das "Visier" absagte, war das der Bruch. Als 1976 noch die Biermann-Petition dazukam, blieb das Telefon still. Drei Jahre später habe ich die DDR verlassen. Mein Satz damals hieß: lieber ein Knick in der Karriere als im Rückgrat. Ich habe die Freiheit vorgezogen.

Armin Mueller-Stahl, 88, ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler. Er hat den Zweiten Weltkrieg erlebt und die DDR, nach seiner Ausreise in den Westen 1979 machte er Filmkarriere in den USA. Aktuell konzentriert er sich auf seine lebenslangen Leidenschaften Malerei und Literatur. Sein neuer Gedicht- und Gemäldeband "Der wien Vogel fliegen kann" ist bei Hatje Cantz erschienen.

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