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Israel verstehen - geht das? Johannes Bockenheimer.

© Gudrun Senger

Zeitung im Salon am 12. Oktober: Im Land der Ausrufezeichen

Chuzpe, Anarchie und koschere Muslime: Johannes Bockenheimer versucht, Israel zu verstehen - mit Theodor Herzl im Gepäck. Sein Buch stellt er im Tagesspiegel-Salon vor.

Aufgepasst: Hinter Ihnen steht ein Ausrufezeichen. Das ganze Land ist voll davon – voll von Menschen, die starke Meinungen haben und sie lautstark vertreten, die mit Wonne streiten und zanken. Wo befinden wir uns? In Israel. Denn der Staat der Juden ist, um es mit dem Autor Amos Oz zu sagen, nichts anderes als „ein Land bevölkert von Ausrufezeichen, die Laufen gelernt haben“.

Ein Land auf jeden Fall, das eine große Faszination ausübt. Johannes Bockenheimer aus der Wirtschaftsredaktion dieser Zeitung ist ihr vor zehn Jahren erstmals erlegen und hat seitdem, zunächst als Student, später als Journalist und Reisender, insgesamt fast drei Jahre in Israel gelebt. Über seine „Versuche, Israel zu verstehen“, hat er jetzt ein Buch veröffentlicht: „Chuzpe, Anarchie und koschere Muslime“ heißt der Titel, der auf unterhaltsame Weise an das Land heranführt.

Eine Art "Österreich unter dem Olivenbaum" stellte sich Theodor Herzl vor

Für Bockenheimer sind die Israelis „das Volk der zwei Bücher“: Denn mindestens so wichtig wie die Thora war für die Gründung des Staates Israel das Werk von Theodor Herzl, der mit seinem Buch „Der Judenstaat“ (1886) die zionistische Bewegung begründete. Nach Herzl sind in Israel viele Straßen und Plätze benannt – „so bin ich im Wortsinne über ihn gestolpert“, sagt Bockenheimer. Und er war schnell gepackt von diesem österreichischen Journalisten, der im Wiener Kaffeehaus über einer Melange von einem Staat der Juden träumte. Eine Art „Österreich unterm Olivenbaum“ stellte er sich vor, denn die europäische Lebensart wollte er gerne mitnehmen. Herzl war ein schillernder Revolutionär, wie Bockenheimer schreibt, „ein eitler Dandy und gescheiterter Poet, Frauenschwarm und Muttersohn, ein jüdischer Jules Verne und zugleich weltlicher Prophet.“

Was ist aus Herzls Träumen geworden? Wie kann man dieses Land verstehen, das die Weltpolitik seit Jahrzehnten beschäftigt und von Nachrichtensprechern immer nur „mit großer Besorgnis“ genannt wird? Bockenheimer versucht es, indem er mit vielen Menschen spricht: Amos Oz, dem muslimischen Sitcom-Autor Sayed Kashua, mit Politikern und Wirtschaftsführern, Wissenschaftlern, Rabbis und Siedlern.

"Theodor Herzl wäre entsetzt"

In allen Gesprächen taucht irgendwann der Bezug zu Herzl auf. „Würde es Theodor Herzl in Israel gefallen?“, fragt er etwa die Aktivistin Anat Hoffmann. „Nein, er wäre entsetzt“, antwortet sie. „An den Dingen, die ihm wichtig waren, sind wir gescheitert – etwa an der Trennung zwischen Staat und Religion.“ Amos Oz, nach Herzl gefragt, kann dessen Liebe zur europäischen Lebensart nicht nachvollziehen. „Der Antisemitismus hatte seinen Ursprung genau in dieser europäischen Kultur, die Herzl vergötterte.“ Und anders als der Autor des „Judenstaats“ hoffte, ist der Antisemitismus mit der Gründung des Staates Israel nicht obsolet geworden – insofern ist auch Herzl gescheitert.

Der Österreicher hätte übrigens am liebsten Deutsch als gemeinsame Sprache in Israel gesehen, denn, so fragte er seine Leserinnen und Leser: „Wer von uns weiß genug Hebräisch, um in dieser Sprache ein Bahnbillet zu lösen?“ Johannes Bockenheimer hat innerhalb seiner zehnjährigen Liebesgeschichte mit dem Land gut genug Hebräisch gelernt, um Bahntickets zu lösen und Gespräche zu führen. Eins ist ihm wichtig: „Ich wollte nicht noch ein tragisches Buch über den Nahostkonflikt schreiben. Die Tragik und die Probleme erscheinen von außen schlimmer, als wenn man selbst dort lebt.“ Deswegen kommt sein Buch leichtfüßig und erzählend daher.

Im Tagesspiegel-Salon, der gleichzeitig Buchpremiere ist, wird Johannes Bockenheimer seinen Erstling vorstellen und mit Juliane Schäuble, Leiterin der Politik-Redaktion, über das Land sprechen, in dem es von Ausrufezeichen nur so wimmelt.

BUCHVERLOSUNG

Wir verlosen Exemplare des Buchs. Mitmachen können Sie hier, unter dem Stichwort Salon (bis 21. September).

Zeitung im Salon mit Johannes Bockenheimer, 12. Oktober, 19.30 Uhr, Askanischer Platz 3. Eintritt inkl. Sekt und Snack 16 Euro. Anmeldung hier.

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