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Erich Kästner als junger Spund.

© DLA-Marbach, www.dla-marbach.de

Zeitung im Salon am 17. und am 25. Februar: „Berlin ist das einzig Richtige“

Wo versteckten sich Emil und die Detektive? Der Literaturdetektiv Michael Bienert hat sich auf die Spuren Erich Kästners in der Stadt begeben. Sein Buch "Kästners Berlin" stellt er im Tagesspiegel vor - schräg gegenüber vom Verlagshaus, am Anhalter Bahnhof, kam der erfolgshungrige Journalist und Autor in Berlin an.

Genau hier kam er an: am Anhalter Bahnhof, einen Steinwurf entfernt vom heutigen Verlagsgebäude des Tagesspiegels am Askanischen Platz. Und genau hier quartierte er sich ein, zum Jahreswechsel 1927, im Hotel Excelsior, zog durch die Silvesternacht, trank und tanzte im „Palais de danse“, ging am Neujahrstag ins „Kabarett der Komiker“ am Kurfürstendamm und schrieb einige Tage später begeistert an seine Mutter: „Berlin ist das einzig Richtige. Jedenfalls der einzige Boden in Deutschland, wo was los ist! Paar Tage drüben machen einen herrlich mobil.“ Es habe ihn „fast gegruselt“, wieder nach Leipzig zu müssen, wo er als Redakteur der Neuen Leipziger Zeitung arbeitete. „Aber was will man machen? Nun, es wird schon mal klappen mit Berlin.“

Ein halbes Jahr lang musste Erich Kästner noch in Leipzig ausharren. Im Sommer 1927 siedelte er dann nach Berlin um und bezog ein Zimmer in der Prager Straße 17 in Wilmersdorf. Nun begann seine rasante Karriere als Journalist, Theaterkritiker, Autor von Gedichten und Romanen. Berlin war für Kästner nicht nur der Ort, an dem er sich schreiberisch und persönlich entfalten konnte, sondern er machte die Stadt auch zum Schauplatz seiner Romane. „Emil und die Detektive“, „Pünktchen und Anton“, „Fabian“ spielen in konkreten Berliner Straßen und Häusern, die sich zum Teil wiederfinden lassen – wenn man denn sucht.

"An manchen Orten ist Kästners Berlin sofort wieder zu erkennen"

Michael Bienert, Kulturjournalist und literarischer Stadtführer, hat sich geradezu detektivisch auf Spurensuche begeben. Schon seit 25 Jahren guckt sich Bienert, der selbst wie Kästner ein „Zugereister“ und Theaterkritiker ist, die Stadt mit den Augen von Autoren an, er hat zahlreiche Bücher etwa zu Joseph Roth und zu den zwanziger Jahren in Berlin veröffentlicht und vor Kurzem die literarischen Spaziergänge des amerikanischen Journalisten Henry Urban durch das Berlin der Kaiserzeit herausgegeben („Die Entdeckung Berlins“).

Auch auf den Spuren Kästners wandelt Bienert schon lange, als Stadtführer und nun als Autor des Buchs „Kästners Berlin – Literarische Schauplätze“ (erschienen im Verlag Berlin-Brandenburg 160 Seiten, 24,99 Euro). Darin sucht er die Schauplätze aus Kästners Biografie ebenso auf wie die seiner Romane – reich bebildert mit historischen Fotografien und Postkarten, meist kontrastiert mit Fotos aus der Gegenwart. „An manchen Orten ist Kästners Berlin sofort wiederzuerkennen, anderswo wie ausradiert“, sagt Michael Bienert.

Kästner belieferte mehrere Zeitungen mit Feuilletons und Gedichten

Wer das Buch liest und betrachtet, taucht jedenfalls tief ein in Kästners Berlin: die Gegend rund um Nollendorfplatz und Prager Platz, wo Emil und die Detektive den Dieb Grundeis verfolgen, den Wedding, wo Fabian herumirrt, und das Zeitungsviertel mit seinen großen Pressehäusern, in denen Kästner seine Texte ablieferte. „Das Zeitungsgebäude war riesengroß. Fast so groß wie das Polizeipräsidium am Alex“, heißt es in „Emil und die Detektive“. „Und auf den Korridoren war ein Gerenne und Gesause, als sei ein Hindernislauf im Gange.“ Bienert ist fasziniert von dem Journalisten Erich Kästner, der großen Wert auf seine Unabhängigkeit legte und nicht als angestellter Redakteur arbeiten wollte. Er belieferte mehrere Blätter mit Feuilletons und Gedichten – Texte, die, sagt Bienert, auch für den Kulturjournalismus der Gegenwart noch inspirierend sind.

Am 17. Februar stellt Michael Bienert sein Buch im Tagesspiegel-Salon vor – ein passender Ort, denn das Verlagshaus am Askanischen Platz liegt am Rande des früheren Zeitungsviertels. Der Schauspieler Paul Sonderegger wird lesen, Bienert zeigt Bilder von den literarischen Schauplätzen damals und heute und spricht mit Markus Hesselmann (Chefredakteur Online) darüber, wie Kästner wohl heute als Journalist agieren würde.

Der Autor begegnete zufällig seinen Figuren - bei Dreharbeiten

Eins ist sicher: Erich Kästner hätte an Bienerts Buch einen Riesenspaß gehabt, denn auch er spielte gern mit Fiktion und Wirklichkeit. Den Roman „Emil und die Detektive“ schrieb er im Sommer 1929 auf der Terrasse des Café Josty, Trautenaustraße Ecke Kaiserallee (heute Bundesallee), und genau dort setzt sich im Buch der Dieb Grundeis zum Frühstücken hin, genau dort entdeckt ihn Emil, der ihn mit der Straßenbahn verfolgt hat. „Ich saß auf der Terrasse mitten zwischen meinen Figuren, mitten in meiner kleinen Geschichte. Es wirkte sehr beruhigend auf mich, das Personal der Geschichte auch geografisch in meiner Nähe zu wissen“, erinnerte sich der Autor. Und erzählt von einer kuriosen Begegnung der Kästner’schen Art: Zwei Jahre später sei er noch mal in die Gegend gekommen. Er habe sich wieder auf die Josty-Terrasse gesetzt, und wer sitzt neben ihm? Herr Grundeis. Wer klettert gerade aus der Straßenbahn? Emil. Der Autor war zufällig in die Dreharbeiten zur Verfilmung seines Romans geraten. So erzählt er es zumindest. Zu schön, um wahr zu sein? Wo das Café Josty stand, ist heute eine Tankstelle. Und doch: Wer das Buch gelesen hat, sieht Kästner genau dort sitzen.

BUCHVERLOSUNG

Wir verlosen Exemplare des Buchs, Teilnahme unter www.tagesspiegel.de/gewinnen mit dem Stichwort „Salon“ oder per Postkarte an Der Tagesspiegel, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin, bis zum 25. Januar.

Zeitung im Salon mit Michael Bienert am 17. und 25. Februar, Eintritt 20 Euro inkl. Sekt und Zwei-Gang-Menü, Beginn 19.30 Uhr. Die Veranstaltungen sind ausverkauft.

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