zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Abstürzende Neubauten

Die Hypotheken-Krise in den USA belastet die Immobilien-Branche. Experten rechnen dennoch mit einem Erfolg der deutschen Reits

„Ausgerechnet jetzt“, werden die Manager bei den Banken gedacht haben. Jahrelang haben Sie für die Einführung von Reits (gesprochen: Riets) in Deutschland geworben. Und nun, wo es endlich soweit ist und die Immobilien-AGs auch hierzulande eingeführt werden sollen, wirft die Krise am amerikanischen Immobilienmarkt ein schlechtes Licht auf das neue Produkt und die ganze Branche.

New Century, das Unternehmen, das die Schieflage am US-Markt auslöste, ist ein Reit (Real Estate Investment Trust). Allerdings warnen Analysten vor Vergleichen mit dem deutschen Reit, der noch in diesem Frühjahr als neue Anlageklasse eingeführt werden soll. „Der Geschäftsansatz ist ein ganz anderer“, sagt Ralf Dibbern, Finanzdienstleistungsexperte bei M.M. Warburg. „So etwas gibt es bei uns gar nicht.“ Während New Century als Hypothekenbank Kredite an Kunden mit schlechter Bonität vergibt, sollen die deutschen Reits Immobilienbestände verwalten und durch Wertsteigerung und Mieteinnahmen Gewinne erzielen.

Das Prinzip ist einfach: Wer mehrere Immobilien besitzt, kann diese nach bestimmten Kriterien zusammenfassen, einen Reit gründen und ihn an die Börse bringen. Experten erwarten, dass vor allem Finanzinvestoren die Gelegenheit nutzen werden, um ihre Immobilienpakete mit Gewinn loszuwerden, die sie in den vergangenen Jahren in Deutschland eingekauft haben. Aber auch offene Immobilienfonds, Investmentbanken und bereits bestehende Immobiliengesellschaften werden zu den Reits-Anbietern gehören, meint Uwe Stoschek, Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PWC). Weil zu einem Börsengang mindestens ein halbes Jahr Vorbereitungszeit gehöre, rechnet Stoschek im laufenden Jahr noch nicht mit einer Flut von Angeboten. „Wenn es zu einer Handvoll käme, dann wäre das gar nicht schlecht“, sagt der Experte. „Im nächsten Jahr könnten dann noch einmal zehn weitere hinzukommen.“

Die Reits, die in Deutschland auf den Markt kommen, werden überwiegend Gewerbeimmobilien verwalten, so sieht es der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. „Dabei sind regionale oder themenbezogene Aufstellungen möglich“, erklärt Matthias Roche, Partner bei der Unternehmensberatung Ernst & Young. Er könne sich zum Beispiel Logistik-Reits oder Hotel-Reits vorstellen.

Der Gesetzentwurf zur Einführung des deutschen Reits wird derzeit im Finanzausschuss des Bundestages behandelt. Eigentlich ist vorgesehen, dass Bundestag und Bundesrat das Gesetz noch im März verabschieden. Doch der Zeitplan ist ins Wanken geraten, weil der Bundesrat länger brauchen könnte. In der Politik rechnet man deshalb eher mit einer Einführung im Mai. So oder so soll das Gesetz rückwirkend ab 1. Januar 2007 gelten.

Schon heute können sich Anleger an Immobilien beteiligen – zum Beispiel über ausländische Reits oder Reit-Fonds. Wer in Deutschland in Immobilien investieren will, der kann dies bisher allerdings nur über geschlossene oder offene Immobilienfonds und über börsennotierte Immobilienaktiengesellschaften tun. Beim Reit liegt der Unterschied zu den bisherigen Anlagemöglichkeiten vor allem darin, dass die Gewinne auf der Unternehmensebene nicht besteuert werden. Der Reit muss seine Gewinne allerdings fast vollständig ausschütten (zu 90 Prozent). Sie werden dann beim Anleger nach dessen persönlichem Einkommensteuersatz versteuert. Das Halbeinkünfteverfahren findet dabei keine Anwendung, der Anleger muss die Ausschüttung also voll versteuern. Anleger mit niedrigem persönlichen Steuersatz haben deshalbVorteile.

Zu den Ausschüttungen hinzu kommen mögliche Kursgewinne, die nach Ablauf der Spekulationsfrist von einem Jahr steuerfrei sind. Das wird sich mit der geplanten Einführung der Abgeltungssteuer zum 1. Januar 2009 allerdings voraussichtlich ändern.

Trotz der Krise am amerikanischen Immobilienmarkt rechnen Experten mit einem guten Start für die Reits und erwarten deutliche Kurssteigerungen. „Im Vergleich zu offenen Immobilienfonds ist bei den Reits etwas mehr Fantasie drin“, sagt Matthias Roche von Ernst & Young. Er erwartet durchschnittlich sieben bis acht Prozent Rendite pro Jahr. Allerdings, das zeigt die Entwicklung der vergangenen Tage, können auch die Ausschläge nach unten stärker ausfallen als bei den Immobilienfonds. So verlor die Aktie des börsennotierten Immobilienunternehmens IVG am Donnerstag im Sog der US-Krise mehr als vier Prozent an Wert. „Anleger sollten mit den Aktienmarkt vertraut sein“, rät deshalb Berater Roche. „Bei Aktien kann es immer Rückschläge geben.“ Die aktuelle Abwärtsbewegung wird Experten zufolge zumindest in Europa von kurzer Dauer sein. „Das Sentiment für Immobilienaktien ist momentan zwar belastet“, sagt Analyst Dibbern. Langfristig sehe er aber keine Probleme. „Dafür ist der Immobilienmarkt in Europa zu stabil.“

Stefan Kaiser

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false