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Wirtschaft: Alle vier Sekunden ein Unfall

Mit privaten Unfall-Policen und Berufsunfähigkeitsversicherungen kann man sich absichern

Berlin - Einmal kräftig ausholen, den Ball treten und – knacks! Schon ist es passiert, der Knöchel ist gebrochen: Aus einem Fußballspiel in der Freizeit wird ein Aufenthalt im Krankenhaus. Kein Einzelfall, denn alle vier Sekunden passiert in Deutschland ein Unfall. Allein im Haushalt ereignen sich jährlich etwa 2,7 Millionen Unfälle, die Hälfte davon sind Stürze, sagt eine Statistik der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).

Doch wer zahlt in solchen Fällen? Die gesetzliche Unfallversicherung hilft beim Fußballspielen nicht. Sie gilt nur für Unfälle während der Arbeit und auf dem Weg dorthin und zurück; Kinder und Jugendliche im Kindergarten und in der Schule sind ebenfalls gesetzlich unfallversichert. 60 Prozent aller Unfälle passieren aber nicht am Arbeitsplatz, sondern im Haushalt und in der Freizeit. „Deshalb ist eine private Unfallversicherung sinnvoll für Kinder, Hausfrauen und Nicht-Erwerbstätige“, rät Wolfgang Scholl, Versicherungsexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) in Berlin.

Geld bekommt der Versicherte nur, wenn der gesundheitliche Schaden dauerhaft ist. Sind Gliedmaßen oder Sinnesorgane betroffen, wird der Invaliditätsgrad anhand einer Tabelle mit festen Prozentsätzen ermittelt, der so genannten Gliedertaxe. Beispiel: Wer einen Zeigefinger verliert, erhält zehn Prozent der Versicherungssumme; beträgt diese 200 000 Euro, kriegt der Geschädigte 20 000 Euro – und zwar egal, ob er Briefträger oder Pianist ist. Beide erhalten denselben Betrag aus der Unfallversicherung.

Wer erwerbstätig ist, sollte außerdem eine Berufsunfähigkeits-Versicherung abschließen. Denn in fast 90 Prozent der Fälle geht die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf eine Krankheit zurück und nicht auf einen Unfall. Das Problem: Wer bereits eine Erkrankung oder ein erhöhtes Unfallrisiko hat – wie etwa ein Dachdecker –, bekommt kaum ein bezahlbares Angebot.

Eine Berufsunfähigkeits-Versicherung ersetzt keine Unfallversicherung. So ist eine kaufmännische Angestellte, die durch einen Unfall ein Bein verliert, nicht berufsunfähig. Die Kosten, um ein Auto umrüsten zu lassen oder eine Haushaltshilfe zu beschäftigen, könnte sie nur mit dem Geld aus einer Unfallversicherung decken, die Berufsunfähigkeits-Versicherung zahlt nicht. „Wenn man es sich leisten kann, sollte man beide Versicherungen abschließen“, sagt Scholl. Neben dem Schutz für den Fall der Invalidität bieten Unfallversicherungen viele Extras wie Krankenhaustageld. Von solchen Kombi-Verträgen rät Scholl jedoch ab.

Versicherungen werben derzeit verstärkt für die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr (UPR) – das ist eine Kombination aus Risikoschutz und Kapital-Lebensversicherung. Am Ende der Laufzeit, verspricht die Werbung, erhält der Versicherungsnehmer die eingezahlten Beiträge samt Gewinnbeteiligung zurück. Also eine kostenlose Lebensversicherung? „Nein“, sagt Scholl. Den Risikoschutz der Unfallversicherung gebe es nicht geschenkt. Denn: Die Versicherung zieht von der „garantierten Rückzahlung“ zunächst 3,2 Prozent an Versicherungssteuer ab. Die Prämien sind höher als bei herkömmlichen Unfallversicherungen und die Renditen geringer als bei reinen Kapital-Lebensversicherungen. Viele Verträge enden erst im Rentenalter. „Diese Versicherungen sind nicht transparent. Dem Verbraucher wird nicht klar, welcher Teil für den Unfallschutz aufgewendet wird und welcher für die Kapitalanlage“, warnt der Verbraucherschützer.

Gerald Drißner

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