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Wirtschaft: an Michael Rottmann, Leiter der Finanz- und Devisenstrategie der Hypo-Vereinsbank

Keine Angst vor Inflation

Keine Angst vor Inflation

An den Kapitalmärkten verschärft sich die Inflationsangst. Wie real ist die Gefahr – und welche Konsequenzen hat dies für die Zinspolitik und die Rentenmärkte?

Kehrt die Geisel der 80er Jahre zurück? Nein, die inflationsdämpfenden Effekte sind intakt. Aufgrund der Globalisierung herrscht weltweit ein Überangebot im Gütersektor, das auf die Preise drückt. Die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Asien und die niedrigen Löhne dort sprechen gegen deutliche Lohnsteigerungen im Euroraum. Durch die technologische Revolution der vergangenen 15 Jahre hat der globale Wettbewerb stark zugenommen. Er zwingt die Unternehmen, Einschnitte bei den Gewinnmargen hinzunehmen, anstatt die Preise anzuheben.

Warum also schlägt die Notenbank warnende Töne an? Die EZB ist noch immer eine recht junge Institution. Wenngleich ihr viel Glaubwürdigkeit entgegengebracht wird, hat sie ihr jährliches Inflationsziel von 1,9 Prozent in sechs von sieben Jahren seit 1999 verpasst. Aufgrund der gestiegenen Rohstoffpreise liegt das Preissteigerungsniveau aktuell bei 2,5 Prozent. 2006 wird das Inflationsziel wohl ebenfalls überschritten und auch 2007 ist es aufgrund administrativer Preiserhöhungen (zum Beispiel Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozent in Deutschland) unsicher, ob die Inflation wieder unter die Zwei-Prozent-Marke sinkt. Die aktuellen konjunkturellen Frühindikatoren zeichnen ein gesundes Wachstumsbild. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn die Notenbank das Argument der Inflationsbekämpfung gerne nutzt, um eine weitere Normalisierung des Leitzinsniveaus zu rechtfertigen.

Vor diesem Hintergrund ist der Trend zu höheren Leitzinsen noch nicht beendet. Der Renditeanstieg – die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen ist seit Herbst 2005 von 3,00 auf 4,10 Prozent geklettert – wird in den kommenden Wochen auslaufen. Die aktuell harsche Notenbankrhetorik und die geldpolitischen Verschärfungen dämpfen die Inflationsangst. Somit wird auch keine höhere Inflations- beziehungsweise Risikoprämie für das Halten von langlaufenden Staatsanleihen verlangt. Der Renditeanstieg, gemessen an zehnjährigen deutschen Staatsanleihen, wird damit auf maximal 4,25 Prozent beschränkt bleiben.

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