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Wirtschaft: an Ulrich Schellenberg Rechtsanwalt und Notar

Kinderlose Ehen in der Erbfalle

Mein Mann und ich haben keine Kinder. Sollte einer von uns sterben, erbt dann automatisch der andere Ehepartner alles?

Die Vermutung, dass dann, wenn eine Ehe kinderlos bleibt, im Falle des Todes eines Ehepartners der andere Ehepartner kraft Gesetzes Alleinerbe sei, ist ein höchst gefährlicher – allerdings weit verbreiteter – Irrtum. Richtig ist, dass dem Ehegatten ein gesetzliches Erbrecht zusteht und er also automatisch, das heißt ohne dass ein Testament vorliegt, Erbe wird. Voraussetzung ist allein, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Todes bestand. Hat ein Ehepartner noch zu Lebzeiten die Scheidung beantragt oder dem Scheidungsantrag des anderen zugestimmt, dann ist das Erbrecht des Ehegatten bereits dann ausgeschlossen, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes zwar noch nicht rechtskräftig geschieden war, aber zu diesem Zeitpunkt bereits alle Voraussetzungen für eine Scheidung vorlagen.

Oft wird aber verkannt, dass das Ehegattenerbrecht auch dann nicht zum alleinigen Erbrecht führt, wenn keine Kinder vorhanden sind. Der Umfang des Ehegattenerbrechts richtet sich immer danach, welche anderen Verwandten noch als gesetzliche Erben berufen sind. Dabei kommen nicht nur die Kinder als Erben 1. Ordnung, sondern – soweit keine Kinder vorhanden sind – eben auch alle Verwandten der 2. Ordnung als gesetzliche Erben in Betracht. Dies bedeutet, dass in kinderlosen Ehen immer auch die Eltern des verstorbenen Ehepartners als gesetzliche Erben berufen sind. In diesem Falle steht dem überlebenden Ehegatten lediglich die Hälfte des Nachlasses zu, während die andere Hälfte den Eltern zukommt. Sind die Eltern bereits verstorben, dann geht dieser Teil auf deren Kinder und mithin die Geschwister des verstorbenen Ehepartners über.

Ohne dass er damit gerechnet hat, findet sich der überlebende Ehepartner auf einmal in einer Erbengemeinschaft mit seinem Schwager oder seiner Schwägerin wieder. Da die Erben innerhalb einer Erbengemeinschaft hinsichtlich der Verwaltung grundsätzlich gleichberechtigt sind, muss also zunächst über die Verwaltung des Nachlasses oder später auch über die Auseinandersetzung, also die Frage wie der Nachlass verteilt wird, Einigkeit erzielt werden. Dies kann je nach familiärer Konstellation schwer oder fast unmöglich werden. Wird keine Einigkeit erzielt, bleibt oft nur der Weg zum Gericht.

Hat das Ehepaar gemeinsam eine Eigentumswohnung gekauft und ist jeder je zur Hälfte als Eigentümer eingetragen, so kann es im Falle des Todes passieren, dass nunmehr ein Geschwisterteil des verstorbenen Ehepartners über die Erbengemeinschaft Rechte an der Wohnung geltend macht. Wird keine Einigkeit erzielt, kommt die Wohnung notfalls in die Teilversteigerung. Dieses böse Erwachen kann nur verhindert werden, wenn gerade kinderlose Ehepaare sich über die Erbfolge Gedanken machen und durch letztwillige Verfügung den jeweils anderen Ehepartner zum Alleinerben einsetzen.Foto: Doris Klaas

an Ulrich Schellenberg

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