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Wirtschaft: Baugeld vom Staat

Auch Hausbesitzer können jetzt riestern. Verbraucherschützer sagen: Das lohnt sich

Im Süden der Republik haben findige Werbestrategen bereits mit dem Trommeln begonnen. „Altersvorsorge – Ich wohne drin“ oder „Mit 38 schon Rente“, so lauten die Botschaften der Landesbausparkasse Baden-Württemberg.

WAS IST WOHNRIESTER?

Beworben wird damit die neue Eigenheimförderung, der sogenannte „Wohnriester“, der jetzt, rückwirkend zum 1. Januar 2008, in Kraft getreten ist. Wer ein Haus baut oder eine Wohnung kauft, kann danach nicht nur sein angespartes Riester-Vermögen in die Immobilie stecken, sondern auch die staatlichen Zulagen in die Tilgung fließen lassen. Auch wenn der „Wohnriester“, verglichen mit der alten Eigenheimförderung, kein gutes Geschäft ist, zudem kompliziert und höchst bürokratisch, so ist für Jörg Sahr von Finanztest dennoch klar: „Wohnriestern lohnt sich.“

LOHNT SICH DAS?

Der Verbraucherschützer hat nachgerechnet: Eine Familie mit zwei Kindern, die ein Haus kauft und in 20 Jahren abbezahlt, kann insgesamt mit staatlichen Zulagen von 13 560 Euro rechnen. Bei der alten Eigenheimzulage wären es jedoch 38 000 Euro gewesen. Doch der Vergleich läuft ins Leere, da die große Koalition die Eigenheimzulage gestrichen hat. Seit dem 1. Januar 2006 wird sie für neue Vorhaben nicht mehr gewährt. Stattdessen gibt es jetzt den „Wohnriester“. Und auch der macht sich für die Sparer bezahlt. Da die Riester-Förderung nach dem Kauf oder Bau direkt auf das Darlehenskonto fließe und sofort die Restschuld verringere, sparten „Wohnriester“-Kunden auch sofort Zinskosten, sagt Sahr.

WAS ZAHLT DER STAAT?

Im obigen Beispiel wären es, wenn man einen Kredit-Zinssatz von 5,5 Prozent zugrunde legt, insgesamt 10 000 Euro. Da sich die Höhe der Riester-Förderung (maximal 154 Euro pro Erwachsenem und 183 Euro je Kind, bei Geburtsjahrgängen ab 2008 sogar 300 Euro) am Bruttoeinkommen beziehungsweise an den eigenen Sparleistungen (mindestens vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens) orientiert, fallen solche Beispielrechnungen allerdings von Fall zu Fall unterschiedlich aus.

WER BIETET SOLCHE PRODUKTE AN?

Vor allem die Bausparkassen wittern gute Geschäfte mit dem neuen Riester-Produkt. „Wir müssen das Rad eben nicht neu erfinden“, sagt Jörg Leitolf von der Landesbausparkasse Baden-Württemberg (LBS). Die neuen „Wohnriester“-Angebote würden sich wohl nur geringfügig von normalen Bausparverträgen unterscheiden, glaubt auch Alexander Nothaft vom Verband der privaten Bausparkassen.

Das Modell der Bausparkassen bietet schon jetzt eine Kombination von Spar- und Kreditprodukt, dessen Zinshöhen bereits bei Vertragsabschluss bekannt sind. Zwar müssen „Wohnriester“-Produkte erst noch von staatlicher Seite zertifiziert werden, womit erst im Herbst zu rechnen ist. Dennoch sind die Baden-Württemberger vorgeprescht und bieten allen Neukunden schon jetzt 50 verschiedene Bauspartarife „mit Riester-Option“ an. Wer jetzt abschließe, sagt Leitolf, könne nach der Zertifizierung im November oder Dezember kostenlos in die Riester-Variante wechseln. Damit sichert sich der Kunde Zinssicherheit für die Kreditphase.

WIE HOCH SIND DIE ZINSEN?

Umgekehrt nimmt er aber auch in Kauf, dass das angesparte Geld samt Riester-Förderung, wie beim Bausparen generell üblich, äußerst karg verzinst ist: Die Tarife mit Altersvorsorge-Option werfen Zinsen von 0,5 bis 1,5 Prozent ab. Bei einer Inflationsrate von über drei Prozent ist dies in der Sparphase per Saldo ein Verlustgeschäft.

WELCHE VARIANTEN GIBT ES?

Die anderen Landesbausparkassen sind gerade dabei, ähnliche Optionen vorzubereiten. Dabei habe der Kunde die Wahl, die Riester-Option nach der Zertifizierung wahrzunehmen und den Bausparvertrag auf eine Riester-Variante umzuschreiben – oder auch nicht, kündigt Uwe Krink von der LBS Ost an.

Einen anderen Appetithappen hat sich die Bausparkasse Mainz ausgedacht: Wer ab Herbst „Wohn-Riestern“ möchte und schon jetzt Kunde der privaten Bausparkasse werde, erhalte einen Bonus von bis zu 50 Euro. Die Voraussetzung: Der Kunde eröffnet ein Tagesgeldkonto „zum Vorsparen“, das mit 4,35 Prozent verzinst wird. Fließen im Herbst 2000 Euro von dort auf ein neues Wohn-Riester-Bausparkonto, dann zahlt die Kasse den versprochenen Bonus aus.

WAS MACHEN DIE BANKEN?

Die normalen Geschäftsbanken tun sich dagegen noch schwer mit konkreteren Produktideen. „Das Thema beschäftigt uns, wir denken über neue Produkte nach“, heißt es etwa bei der Deutschen Bank. Die Commerzbank dagegen hat in punkto Riester-Darlehen „keine konkreten Pläne“. Man wolle sich zunächst den Markt ansehen. Die großen Banken bieten ja schon seit dem Start der Riester-Förderung 2002 Banksparpläne und über ihre Fonds- und Versicherungstöchter auch Sparformen mit Investmentfonds und Rentenversicherungen an.

KANN ICH GELD UMSCHICHTEN?

Nach dem neuen Eigenheimrentengesetz können Häuslebauer oder Wohnungskäufer diese Konten künftig auch teilweise oder vollständig „plündern“ und das angesparte Geld als Eigenkapital für eine Immobilie einsetzen. Anders als bisher muss das entnommene Geld auch nicht wieder in den Riester-Vertrag zurückgezahlt werden. Allerdings gibt es hier eine strenge Übergangsregelung: Bis Ende 2009 müssen mindestens 10 000 Euro aus einem bestehenden Riester-Vertrag abgezweigt werden – Geld, das wohl kaum ein Sparer bisher auf seinem Riester-Konto hat.

WANN IST DAS MÖGLICH?

Viele „Wohnriester“-Kunden werden wohl erst 2010 an ihre Konten kommen. Mit dieser Regelung sollen vor allem Banken und Fondsgesellschaften geschützt werden. Sie befürchten, dass Tausende von Kunden Geld aus bestehenden Verträgen abziehen und sehen das Thema „Wohnriester“ daher sehr skeptisch.

Veronika Czisi

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