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BGH-Urteil: Kunde darf gestiegene Gaspreise nur eingeschränkt überprüfen

Ein Verbraucher zog vor Gericht, weil er die mehrfachen Erhöhungen des Gaspreises seines Versorgers nicht einfach hinnehmen wollte. Er forderte von den Stadtwerken umfassend Rechenschaft, doch der Bundesgerichtshof sieht das anders.

Gaskunden können gestiegene Tarife auch in Zukunft nur eingeschränkt von einem Gericht auf ihre Angemessenheit überprüfen lassen. Nach einen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mittwoch kann der Kunde zwar die einzelnen Erhöhungsschritte vor Gericht angreifen. Eine umfassende Kontrolle des gesamten Gaspreises auf seine "Billigkeit" lehnt der BGH aber ab. Damit dürfen die Gasversorger die Tarife für ihre Kunden erhöhen, wenn sie lediglich eigene gestiegene Bezugskosten weitergeben. Das Karlsruher Gericht bestätigte sein Grundsatzurteil vom Juni 2007.

Nach den Worten des BGH-Senatsvorsitzenden Wolfgang Ball hat der Gesetzgeber einer staatlichen Gaspreiskontrolle ausdrücklich eine Absage erteilt und setzt stattdessen auf eine verschärfte kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht, um den Wettbewerb auf dem Gasmarkt zu stärken. Die Zivilgerichte seien damit nicht für eine umfassende Überprüfung der Tarife legitimiert.

Gericht: Unternehmen hat Recht auf Geheimhaltung

In dem Verfahren ging es um die Klage eines Verbrauchers gegen Preisanhebungen der Stadtwerke Dinslaken in den Jahren 2005 und 2006. Der Kläger wandte sich gegen mehrere Erhöhungen von zunächst 3,05 Cent auf zuletzt 4,25 Cent je Kilowattstunde (Az: VIII ZR 138/07 vom 19. November 2008). Der BGH hob ein Urteil des Landgerichts Duisburg auf, das eine weitergehende Überprüfung der Tarife für zulässig gehalten hatte und deshalb die Stadtwerke zur Vorlage ihrer Bezugsverträge verpflichten wollte. Der BGH lehnte dies ab: Das Unternehmen habe ein "verfassungsrechtlich geschütztes Geheimhaltungsinteresse an Geschäftsdaten". Das Landgericht muss nun erneut verhandeln.

Nach Angaben des Verbraucherportals "Verivox" hat das Urteil für den Verbraucher nur bedingt Auswirkungen. Der Richterspruch beziehe sich auf einen Abrechnungszeitraum vor 2006, danach sei der Gasmarkt liberalisiert worden, sagte Thorsten Storck von "Verivox". "Heute kann der Verbraucher einfacher seinen Anbieter wechseln, wenn ihm der Preis zu hoch erscheint", sagte Storck. "Wir raten den Verbrauchern deshalb, sich eher nach günstigen Angeboten umzuschauen, statt gegen die Rechnung Einspruch zu erheben und sich in einen langen Rechtsstreit zu begeben."

Da der Gaspreis dem Ölpreis erst mit sechsmonatiger Verzögerung folge, sei trotz des Preisverfalls beim Öl aber erst mit Frühjahr mit Preissenkungen auf breiter Fläche zu rechnen, sagte Storck. "Für die meisten Verbraucher werden damit die Gaspreise ärgerlicherweise erst nach dem Ende der Heizperiode fallen." Im Dezember und Januar würden Anbieter noch einmal ihre Preise erhöhen, da der Ölpreis im Juli die Marke von fast 150 Dollar pro Barrel (159 Liter) erreicht habe.

Versorger muss erhöhte Bezugspreise belegen

Nach den Worten des BGH muss der Gasversorger - wenn vor Gericht über eine Tariferhöhung gestritten wird - darlegen, dass sich seine Bezugspreise entsprechend erhöht haben. Die Verträge mit seinen eigenen Lieferanten muss er im Normalfall nicht vorlegen, es genügt, wenn er seine Behauptungen durch Zeugen untermauert - beispielsweise durch Mitarbeiter des Unternehmens.

Hält ein Gericht gleichwohl ein Sachverständigengutachten für erforderlich, dann kann laut BGH - zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen der Versorger - im Prozess die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Zudem können die Prozessbeteiligten zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.

Streitpunkt in dem Verfahren ist Paragraf 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach einseitige Preisfestsetzungen gerichtlich auf ihre "Billigkeit" überprüft werden können. Unbillig, so der BGH, könnte eine Anhebung beispielsweise dann sein, wenn der Gasversorger Preiserhöhungsklauseln seines Lieferanten allein deshalb akzeptiert hat, weil er sie an seine Kunden weitergeben kann. Dafür gebe es im konkreten Fall aber keine Anhaltspunkte. (imo/dpa)

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