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Wirtschaft: „Das Gesetz ist wirkungslos“ Thilo Bode beklagt die Dauer der Verfahren

Herr Bode, angenommen das neue Verbraucherinformationsgesetz wäre heute schon in Kraft. Würde es den Schutz der Verbraucher bei den aktuellen Lebensmittelskandalen – Gammelfleisch, Genreis – verbessern?

Herr Bode, angenommen das neue Verbraucherinformationsgesetz wäre heute schon in Kraft. Würde es den Schutz der Verbraucher bei den aktuellen Lebensmittelskandalen – Gammelfleisch, Genreis – verbessern?

Wenn das Gesetz heute schon in Kraft wäre, würde es den Schutz der Verbraucher bei den aktuellen Lebensmittelskandalen nicht verbessern. Der Grund: Die nötige Transparenz, also die Möglichkeiten der Behörden, Namen von Gammelfleischhändlern zu nennen oder die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen zu veröffentlichen, ist nach dem neuen Gesetz nur in Ausnahmefällen zeitnah möglich.

Woran liegt das?

Der Grund, warum das Gesetz wirkungslos ist, liegt darin, dass es sehr viele schwammige Ausnahmeregelungen gibt und dadurch die Unternehmen Einspruch einlegen können, wenn die Behörden Informationen herausgeben wollen. Diese Einsprüche führen zu laufenden Verfahren. Und während laufender Verfahren dürfen Informationen nicht herausgegeben werden. Das bedeutet, entweder erhalten die Bürger die Informationen überhaupt nicht oder erst nach jahrelangen Prozessen.

Aber bei Gesetzesverstößen sollen die Behörden doch auspacken dürfen!

Das Argument, bei Gesetzesverstößen dürfen laufende Verfahren nicht die Informationsherausgabe verhindern, greift nicht, denn Gesetzesverstöße sind nur Verstöße, die gerichtlich festgestellt werden. Und das kann Jahre dauern!

Werden denn wenigstens die Behörden die Öffentlichkeit künftig besser informieren?

Nein, die Behörden werden die Öffentlichkeit künftig nicht schneller und umfassender informieren. Aus einer Kann-Vorschrift, wenn Behörden die Bürger informieren, ist zwar eine Soll-Vorschrift geworden, aber auch hier besteht das Problem, dass die Informationen nicht zeitnah sein werden (außer bei akuter Gefahrenabwehr). Denn Unternehmen müssen vor Informationsherausgabe gehört werden. Und wenn diese Einspruch erheben, kann sich das über Jahre hinweg verzögern.

Hätte man das Gesetz verschieben sollen, oder war politisch nicht mehr drin?

Man hätte dieses Gesetz nicht verabschieden dürfen, denn es ist ein weitgehend wirkungsloses Gesetz, und besser kein Gesetz als ein wirkungsloses Gesetz. Die Politiker denken aber anders, die sagen: Jetzt haben wir ein Gesetz, damit haben wir unsere Aufgabe erfüllt und vertrauen darauf, dass die Verbraucher zu dumm sind, um das zu merken.

Thilo Bode

ist Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, die ihren Sitz in Berlin hat. Vorher war er Greenpeace-Chef. Mit Bode sprach Heike Jahberg.

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