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© dpa

Datenschutz: Sein eigener Herr bleiben

Firmen, Behörden, Privatleute: Alle sammeln Daten. Doch auch im Internet gibt es Wege, sich selbst davor zu schützen.

Von Anna Sauerbrey

Jeder hinterlässt Daten-Spuren – bei der Bestellung im Internet, beim Googeln, selbst bei Vorlage der Kundenkarte an der Kaufhauskasse. Sowohl der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar als auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) warnen davor, dass Internetfirmen Daten der Nutzer verknüpfen und Profile über jedermann erstellen können. Doch man kann sich wehren.

AUSKUNFTSRECHT WAHRNEHMEN

Firmen und Behörden müssen nach dem Bundesdatenschutzgesetz darüber informieren, welche personenbezogenen Informationen sie über Verbraucher gespeichert haben und woher die Informationen stammen. „Wenn Bestellungen auf Rechnung plötzlich abgelehnt werden oder sich die persönlich adressierten Werbebriefe häufen, sollte man unbedingt das Auskunftsrecht in Anspruch nehmen“, rät der Kieler Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert. Seine Erfahrung zeigt jedoch, dass sich die Firmen oft unwillig zeigen. „Bei vielen Unternehmen muss man zwei- bis dreimal anfragen, bis geantwortet wird, wenn dies überhaupt geschieht“, berichtet Weichert. Sein Tipp: Am besten adressiert man die Anfrage direkt an den betrieblichen Datenschutzbeauftragten und macht gleich deutlich, um welche Daten es geht. Behörden reagieren schneller.

DATEN LÖSCHEN LASSEN

Jeder hat das Recht, falsche Informationen korrigieren zu lassen. Lässt sich nicht klären, ob Angaben falsch oder richtig sind, müssen die Daten gesperrt werden, so dass sie für niemanden ersichtlich sind. Ein Recht auf Löschung gibt es nur, wenn datenschutzrechtliche Regeln missachtet wurden.

Personenbezogene Daten dürfen gespeichert werden, wenn es Verträge zwischen Firmen und Privatpersonen gibt. „Bei einem laufenden Vertragsverhältnis gibt es kein Recht auf Löschung der Daten, es sei denn, es werden mehr Daten gespeichert als für die Durchführung des Vertrages nötig“, sagt Astrid Auer-Reinsdorff, Anwältin für Informationstechnologierecht aus Berlin. Informationen zu den Hobbys einer Person darf ein Telekommunikationsunternehmen beispielsweise nicht speichern, Kontodaten schon. Außerdem dürfen die gespeicherten Daten nur zweckgebunden verwendet werden. Und sie dürfen auch nur unter bestimmten Bedingungen weitergegeben werden – wenn die Herkunft der Daten geklärt ist und keine schutzwürdigen Interessen verletzt werden. Wurden die Daten unberechtigt erlangt, kann man darauf bestehen, dass sie gelöscht werden.


SCHWACHPUNKT SUCHMASCHINE

Besonders viele Spuren hinterlässt man im Netz. Als besonders akribische Datensammler gelten Suchmaschinen wie Google oder Bing. Suchmaschinen haben ein Interesse daran, möglichst viel über ihre Nutzer zu erfahren, um einerseits die Suchergebnisse optimieren zu können und andererseits möglichst zielgenaue Werbung platzieren zu können. Bei jeder Suche auf der Seite speichert Google die IP-Adresse, also die Nummer, mit der sich der Computer im Netz identifiziert, und verknüpft diese mit dem Browsertyp, der Spracheinstellung, Datum und Uhrzeit und den verwendeten Suchworten. Neun Monate lang bleiben die Daten in Verknüpfung mit der IP-Adresse gespeichert, danach wird diese Verknüpfung aufgelöst. Google-Sprecher Stefan Keuchel betont allerdings: „Google weiß nur, von welchem Rechner aus gesucht wird. Ob Sie oder Ihr Nachbar davor sitzen, wissen wir nicht.“ Anders ist das in dem Fall, in dem der Nutzer neben der Suchfunktion auch einen personalisierten Suchdienst des Anbieters nutzt, etwa gleichzeitig in seinem Googlemail-Account eingeloggt ist. In diesem Fall wird die Suchhistorie mit dem Accountnamen verbunden und in dieser Verknüpfung ebenfalls neun Monate gespeichert.

An Dritte gebe man die gespeicherten Daten nicht weiter, betont Google zwar. Aber das Unternehmen verwendet die Daten, um Werbung zu platzieren und an den Nutzer anzupassen. Wer das nicht wünscht, sollte in den Sicherheitseinstellungen seines Browsers eine Einstellung wählen, die das Speichern von Cookies auf dem Rechner nicht erlaubt. Cookies sind Informationen, die ein Server auf dem eigenen Rechner ablegt und die wiederum Informationen an den Server zurücksenden – sie erleichtern Webseiten zum Beispiel, Suchhistorien zu erstellen.

AUF DER SUCHE NACH SICH SELBST

Um zu erfahren, welche Informationen kursieren, empfiehlt Datenschützer Weichert, sich selbst im Internet zu suchen. Am besten sei es, den eigenen Namen in unterschiedlichen Schreibweisen in eine Suchmaschine einzugeben. Allerdings nicht bei Google, sondern mit einer Metasuchmaschine wie ixquick. Schaden könne es auch nicht, eine Personensuchmaschine zu nutzen wie Yasni oder 123 people. Was Google über eine Person speichert, können Nutzer neuerdings auf einem Dienst der Suchmaschine nachschlagen, allerdings nur, wenn sie einen Google-Account haben (www.google.de/dashboard). Schwieriger ist die Suche nach eigenen Bildern, solange diese nicht mit dem Namen verknüpft sind. Mit den Recherchen kann man übrigens auch Firmen beauftragen.

HARTNÄCKIG BLEIBEN

Findet man bei der Suche eigene personenbezogene Daten im Internet, die man nicht mit anderen teilen will, hat man das Recht, diese löschen zu lassen. Ausnahmen sind möglich, wenn die Informationen eine zulässige Meinungsäußerung darstellen oder von der Pressefreiheit geschützt werden. Lehrerbewertungen auf Spickmich.de sind zum Beispiel zulässig. Um Daten löschen zu lassen, muss man sich an den Betreiber der Seite wenden. In der Praxis kann das viel Zeit kosten. Man sollte hartnäckig bleiben und eine Frist von zwei bis drei Wochen setzen.

ANDERE LÖSCHEN LASSEN

Dieselben Dienstleister, die die Datenrecherche gegen Geld ausführen, bieten auch Löschdienste an. „Reputation Defender“, nach eigenen Angaben Marktführer, lässt für 30 Euro pro Auftrag Daten löschen. Weitere Anbieter sind „Weiße Weste“ oder „Dein guter Ruf“. Schwierig wird das Löschen von Daten, wenn die Provider, auf deren Server die Webseiten liegt, nicht in Deutschland sitzen. Ein Ausweg: „Wir legen neue positive Inhalte über eine Person an und sorgen dafür, dass diese unter den Suchergebnissen sehr weit oben stehen, etwa indem der Name der Person als Domainname verwendet wird“, sagt Stefanie Peters, Europachefin von „Reputation Defender“.

LIEBER WENIG PREISGEBEN

Daten, die Nutzer von sozialen Netzwerken selbst ins Netz gestellt haben, etwa bei StudiVZ, können normalerweise relativ leicht gelöscht werden. „Wenn ich das Profil selbst anmelde und es später beenden will, kann ich auch die Daten löschen“, erklärt Anwältin Auer-Reinsdorff. Dennoch empfiehlt sie, die Nutzungsbedingungen genau zu lesen. „Ein Streitpunkt ist das Löschen von Foreneinträgen oder mit anderen geteilten Inhalten, wenn ich ein Netzwerk verlassen will.“ Auch wenn Dritte Informationen oder Fotos nutzen, die man ins Netz gestellt hat, kann man diese löschen lassen. Doch das kann schwierig werden. Anwältin Auer-Reinsdorff rät deshalb, möglichst wenig preiszugeben.

STREET VIEW VERHINDERN

Die Google-Autos mit Kamera auf dem Dach fahren auch in die letzten Winkel und Sackgassen, um Panoramabilder aus Straßenperspektive zu erstellen. Verbraucher können rechtlich nicht verhindern, dass ihr Haus fotografiert wird. Allerdings haben sie die Möglichkeit, noch vor Veröffentlichung der Bilder Einspruch zu erheben. Zurzeit ist dies per E-Mail oder Brief an Google Deutschland möglich. Hier gibt es vorformulierte Musterbriefe bei den Datenschutzbeauftragten. In zwei, drei Monaten jedoch will Google ein eigenes Werkzeug dafür entwickeln, so dass der Einspruch noch leichter funktioniert.

DAS PROJEKT DATENBRIEF

Netzaktivisten wie der Chaos Computer Club fordern einen sogenannten Datenbrief, der Bürgern einen Überblick darüber geben soll, welche Daten gespeichert sind. So soll vermieden werden, dass man jedes Unternehmen und jede Behörde einzeln anschreiben muss. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) findet das prüfenswert, wie er jüngst in einem Essay im Tagesspiegel erläutert hat.

Doch ob der Datenbrief kommt und wie er aussehen wird, ist noch kaum abzusehen. Nach Auskunft des Ministeriums wird es bald Gespräche auf Arbeitsebene geben zwischen Mitarbeitern des Ministeriums sowie Vertretern der Wirtschaft und der Netzgemeinschaft. Diese sollten ergebnisoffen geführt werden, sagte ein Sprecher. In diesem Jahr ist mit einer Entscheidung kaum zu rechnen.

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