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Wirtschaft: Dax auf dem Sprung

Die Kurse haben den höchsten Stand seit 2001 erreicht – trotzdem gelten deutsche Aktien als preiswert

Die großen deutschen Standardwerte haben in den vergangenen Monaten deutlich zugelegt – um gut 500 Punkte. Auch die sonst übliche Delle in den Sommermonaten ist bisher ausgeblieben. Trotzdem gelten sie im Schnitt als preiswert. Die 5000-Punkte-Marke ist zum Greifen nah – und wäre aus Sicht von Experten noch nicht die Spitze. „5200 bis 5500 Punkte wären fundamental gerechtfertigt“, sagt Christian Jasperneite, Volkswirt bei der Hamburger Privatbank M.M. Warburg.

Während der Dax fast 40 Prozent unter dem Allzeithoch vom Frühjahr 2000 liegt, verdienen die notierten Unternehmen im Schnitt ein Viertel mehr als damals. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV, siehe Kasten) liegt auf Grundlage der für 2005 erwarteten Gewinne bei 13,7. Im langjährigen Vergleich ist der Faktor 15 üblich. Zuletzt sei das KGV 1993 für längere Zeit so niedrig gewesen, sagt Jasperneite.

Auch im europäischen Vergleich schneidet der Dax gut ab. „Nach den allermeisten Kriterien – nicht nur nach dem KGV – sind die Dax-Werte billiger als die meisten anderen europäischen Indizes“, sagt Rolf Elgeti, Aktienstratege der niederländischen Großbank ABN Amro. Selbst in der transatlantischen Konkurrenz dürfte der Dax die Nase vorn haben. „Wir empfehlen deshalb, deutsche Standardwerte überzugewichten“, sagt Elgeti. Zusätzlichen Schub erwarte er durch einen möglichen Regierungswechsel. Der dürfte etwa 300 Daxpunkte ausmachen.

Noch wichtiger als die günstige Bewertung aus heutiger Sicht ist für institutionelle Anleger noch die Entwicklung der Gewinne. „Auch das sieht ordentlich aus“, sagt Jasperneite von M.M. Warburg. Monat für Monat seien die Gewinnschätzungen für 2006 in diesem Jahr angehoben worden.

Vom KGV her günstige Dax-Werte können allerdings als teuer gelten, wenn ihnen die Gewinndynamik fehlt. Die Papiere des Stahlherstellers Thyssen-Krupp werden nur mit gut dem Achtfachen des Gewinns gehandelt. Trotzdem rät M.M. Warburg ab. Nach guten Stahljahren würden die Gewinne zurückgehen. Aber billig kann auch bedeuten, dass eine Aktie nur lange von Anlegern gemieden wurde. Das gilt zum Beispiel für Finanzwerte. Das Investmenthaus Goldman Sachs erwartet von der zweitbilligsten Dax-Aktie Münchener Rück (KGV: 9,04) eine besonders gute Entwicklung. Die Allianz – drittgünstigste Aktie mit einem KGV von 10,19 – und die Deutsche Bank (KGV: 10,73, Platz fünf) werden von M.M. Warburg unter den vier empfehlenswertesten Dax-Papieren geführt. Auch die BW Bank empfiehlt die Allianz-Aktie zum Kauf. Und bei der viertbilligsten Aktie im Dax – Tui mit einem KGV von 10,35 – überwiegen bei weitem die Empfehlungen.

Viele Analysten sind aber auch von verhältnismäßig teuren Aktien begeistert, soweit die Unternehmen überdurchschnittlich schnell steigende Gewinne erwarten lassen – und damit ein schnelles Absinken des KGVs. Die Papiere von Siemens (KGV: 18) wird von einer großen Mehrheit der Experten zum Kauf empfohlen. „Das KGV ist nur eine Zeitpunktbetrachtung“, sagt Michael Bahlmann, Analyst bei M.M. Warburg. In diesem Jahr würden die Ergebnisse durch die Kosten für die notleidende Mobilfunksparte, die an die taiwanesische BenQ abgegeben wird, belastet. Aber für die kommenden Jahre gebe es großes Steigerungspotenzial. Ähnlich sehen das die Analysten der BW Bank oder von SES Research.

Selbst für die seit langem teuerste aller Dax-Aktien – SAP (KGV: 29,5) – sind die meisten Analysten positiv gestimmt. Das Unternehmen habe seit vielen Jahren ein recht ordentliches Wachstum gezeigt, sagt Bahlmann von M.M. Warburg. „Ein höheres Potenzial rechtfertigt auch eine signifikant höhere Bewertung.“ Das Kursziel sieht Bahlmann bei 174 Euro – mehr als 20 Prozent über dem heutigen Niveau. Die Analysten von Goldman Sachs erwarten ebenfalls eine überdurchschnittlich gute Entwicklung.

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