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Wirtschaft: „Der Wettbewerb ist extrem hart“

Drogeriechef Dirk Roßmann über mögliche Preiserhöhungen und neue Filialen in Berlin

Herr Roßmann, Sie gelten als netter, unorthodoxer Typ, der ungern Krawatten trägt und Geld für Kinder in Afrika spendet. Wie verträgt sich das mit dem superaggressiven Unternehmer, der die Konkurrenz mit Dumpingpreisen aushebeln will?

Das ist kein Widerspruch. Es gibt keinen erfolgreichen Unternehmer, der nicht versucht, anderen etwas wegzunehmen. So ist das nun mal. Der Erfolg des einen ist die Niederlage des anderen. Aber Rossmann ist nicht nur eine Geldmaschine, die Profit machen will, sondern hat auch eine soziale Verantwortung.

Sie haben knapp 1200 Filialen in Deutschland, in diesem Jahr sollen weitere 120 hinzukommen. Glauben Sie nicht, dass die Verbraucher schon genug Auswahl bei Zahnbürsten, Deostiften und Hornhautpflastern haben?

Es gibt Verdrängung am Markt, das ist bei uns nicht anders als bei Lebensmittelhändlern oder Baumärkten. Unternehmen wie Schlecker, dm, Rossmann oder Lidl geben das Tempo vor. Aber auch wir eröffnen nicht nur neue Läden, sondern machen auch einige Geschäfte wieder zu, weil sie zu klein sind und nicht genügend Umsatz bringen.

Wie viele neue Rossmann-Filialen planen Sie 2006 in Berlin?

Wir haben jetzt schon 110 Märkte mit 1100 Mitarbeitern in Berlin und damit die größte Filialdichte überhaupt. In diesem Jahr kommen weitere sechs Hauptstadt-Geschäfte dazu.

Wie wollen Sie Verbraucher überzeugen, dass sie ausgerechnet bei Rossmann ihre Zahnbürste kaufen?

Der Preis ist natürlich das Wichtigste. Aber es geht auch um den Gesamteindruck, die Größe der Märkte, die Attraktivität, die Auswahl, die Lage, die Freundlichkeit der Mitarbeiter.

Sie sind die Nummer drei im Drogeriemarkt nach Schlecker und dm. Wann wollen Sie Ihre Konkurrenten überholen?

Wir konzentrieren uns vorerst auf dm. Und sehen zu, dass der Abstand zumindest kleiner wird.

Seit der Discounter Lidl vor zwei Jahren sein Drogeriesortiment erweitert hat, stehen Sie unter noch größerem Wettbewerbsdruck. Müssen Sie billiger werden?

Nein, bei den meisten Artikeln ist weniger nicht drin. Die Ware muss auch produziert werden, und die Rohstoffpreise steigen. Wenn es uns gelingt, das jetzige Preisniveau zu halten, sind wir zufrieden.

Wie wehren Sie sich dann, wenn nicht durch niedrige Preise?

Indem wir zum Beispiel versuchen, größere Filialen zu eröffnen, wo wir mehr Artikel anbieten und außerdem produktiver arbeiten können. Ein Laden mit 200 Quadratmetern hat viel höhere Personalkosten als einer mit 500 Quadratmetern, wo die Ware in den Regalen steht und nicht dauernd jemand in den Keller laufen muss, um sie wieder aufzufüllen.

Das Kartellamt ist trotzdem der Meinung, dass Sie den Wettbewerb um die niedrigsten Preise übertreiben. Wenn sich bestätigen sollte, dass Sie Schauma-Shampoo unter dem Einkaufspreis verkauft haben, droht Rossmann eine Millionenstrafe.

Dazu kann ich mich nicht äußern, denn das Ganze ist auch ein Politikum. Aber ich kämpfe als Handelsunternehmer darum, dass die Wettbewerbssituation in Deutschland erhalten bleibt.

Die Regierung wird die Mehrwertsteuer ab 2007 um drei Prozentpunkte erhöhen. Erschwert das den Wettbewerb oder profitieren Sie vielleicht sogar davon?

Ich gehe davon aus, dass die Leute im Dezember noch mal kräftig einkaufen, aus Angst vor dem, was kommt. Aber im kommenden Jahr werden sie dafür umso weniger kaufen.

Erfahrungsgemäß nutzt der Handel solche Gelegenheiten für versteckte Preiserhöhungen. Werden die Preise mit der Mehrwertsteuer steigen?

Dass der Konsument in vielen Branchen über den Tisch gezogen wird, will ich nicht bestreiten. Aber bestimmt nicht in der Welt des Handels. Wir haben einen extrem harten Wettbewerb in Deutschland, selbst der weltgrößte Einzelhändler Wal Mart hat Schwierigkeiten, sich hier zu behaupten. Darum bin ich sicher, dass die Unternehmen einen Teil der Mehrwertsteuererhöhung abfedern werden.

Also bleibt der andere Teil an den Verbrauchern hängen?

Bei voller Weitergabe der Belastung durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre das Drogeriesortiment mit 2,1 Prozent Preisanstieg betroffen.

Und ab wann?

In diesem Jahr gibt es keine Preiserhöhungen. Und im nächsten Jahr werden wir erst einmal abwarten, was die Konkurrenz macht. Der Wettbewerb ist so stark, dass jeder, der die Preise erhöht, nur verlieren kann.

Machen Sie das gesamte Sortiment teurer?

Nein. Der eine Artikel wird sich von 2,99 Euro auf 3,09 Euro erhöhen, der andere bei 2,99 Euro bleiben. Wir werden nicht alle Preise erhöhen.

Statt die Preise direkt zu erhöhen, könnten Sie auch die Packungen bei gleichem Preis kleiner machen. Die Zigarettenindustrie hat das vorgemacht – und so auf Tabaksteuererhöhungen reagiert.

Bei unseren Eigenmarken werden wir das nicht tun. Aber auf das, was die Industrie macht, habe ich keinen Einfluss. Wenn unsere Lieferanten den Preis um zehn Cent anheben, und das tun sie bereits, dann müssen wir das auch tun.

In den USA kann man in der Drogerie auch Aspirin und Schnupfenmittel kaufen. Wann gibt es das bei Rossmann?

In Deutschland verbietet das Gesetz den Verkauf von Arzneimitteln in der Drogerie. Aber ich bin immer für Preiswettbewerb. Davon dürfen Apotheken nicht ausgenommen sein. Ein Stück Liberalisierung auf dem Apothekenmarkt halte ich unbedingt für nötig.

Sie werden in diesem Jahr 60, andere sind da längst in der Frührente. Wie lange werden Sie noch weitermachen?

Noch ein paar Jahre. Aber ich werde nicht von heute auf morgen aufhören, sondern immer mehr Teilbereiche abgeben. Meine beiden Söhne sind bereits im Unternehmen, die werden das Geschäft übernehmen. Ich habe das Gefühl, dass Rossmann auch künftig ein Familienunternehmen bleibt.

Das Gespräch führte Maren Peters.

DER AUFSTEIGER

Dirk Roßmann (59) ist als Sohn von Drogisten in Hannover aufgewachsen. Nach der Lehre gründete er 1972 seinen eigenen „Markt für Drogeriewaren“, heute hat das Unternehmen „Rossmann“ knapp 1200 Filialen. 2005 erzielte es einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro.

DER FÖRDERER

Viel lieber als über den harten Wettbewerb auf dem Drogeriemarkt redet der Multimillionär Roßmann über sein soziales Engagement. Vor 15 Jahren gründete er mit einem befreundeten Unternehmer die „Deutsche Stiftung Weltbevölkerung“, die mithelfen will, das Bevölkerungswachstum einzudämmen. pet

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