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Lidl

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Discounter: Schweden mobben Lidl-Märkte

Die Sozialstandards und die angeblich schlechte Qualität der Ware der Supermarktkette werden in Schweden harsch kritisiert. Der Discounter leidet unter einem miserablen Image, auch weil die etablierten Märkte Druck über die Medien machen.

Stockholm - „Du kaufst doch wohl nicht bei Lidl ein! Jeder weiß doch: Da ist das Essen schlecht und die Kassiererinnen werden ausgebeutet“, bemerkt die 28-jährige Schwedin Anna Högfeldt, als sie bei einem Abendessen mit Freunden erfährt, dass die Rohwaren für das Currygericht vom deutschen Discounter Lidl stammen.

Viele Schweden machen einen großen Bogen um Lidl. Sie gehen lieber zur deutlich teureren und qualitativ nicht besseren schwedischen Konkurrenz. Denn Lidl-Schweden leidet seit dem Markteintritt vor drei Jahren unter enormen Imageschwierigkeiten. Eine massive Propaganda-Offensive verbreitet, dass die Waren minderwertig seien und die Angestellten Hungerlöhne bekämen. Sie dürften in der Arbeitszeit nicht mal auf die Toilette gehen, hört man Schweden oft sagen. Die Horrormeldungen in der Presse reißen nicht ab. Es geht um Chemiefleisch, das eigentlich kein wirkliches Fleisch mehr sei, um Süßigkeiten, die gefährlich für die schwedischen Kinder sein sollen, sogar die von Lidl verkaufte deutsche Milch sei gesundheitsschädlich.

„Stinkender Abfall und tote Würmer in Lidl-Lebensmitteln“, titelte die größte Boulevardzeitung „Aftonbladet“ nun. Ein Lastwagenfahrer hatte gesagt, dass er für Lidl Abfall und Lebensmittel im gleichen Lkw durch ganz Schweden habe chauffieren müssen. Eine fast zeitgleiche Meldung, wonach beim teureren schwedischen Einzelhändler ICA Glasscherben in Lebensmitteln gefunden wurden, bekommt in Schweden weitaus weniger Medienaufmerksamkeit.

Ein schwedischer Lidl-Angestellter mutmaßt, dass die schwedischen Lebensmittelketten mit der Landespresse unter einer Decke stecken. „Die sind doch schon seit Jahrzehnten zentrale Anzeigenkunden für alle schwedischen Medien. Schweden ist klein, die Netzwerke verwickelt. Man kennt sich, man hilft sich“, sagt er.

John Haataja von der schwedischen Gewerkschaft für Einzelhandels-Angestellte räumt ein, dass die Lidl-Negativgerüchte auch deshalb überall im Lande kursieren, weil die einheimischen Lebensmittel-Ketten, die jahrzehntelang mit ihrem hohen Preisniveau enorme Gewinne machten, um ihre Monopolstellung bangen. „Vorher beherrschten drei große Handelsketten den Markt nahezu ausschließlich, und das Auftauchen der Billigläden hat Unruhe verursacht. Aber wir leben heute in einer globalen Welt“, sagte Haataja dem schwedischen Radio „SR“. Die Konkurrenz zu akzeptieren, falle den inländischen Monopolisten allerdings noch sehr schwer.

Haataja widerspricht auch dem hartnäckigsten Gerücht, dass Lidl-Angestellte ausgebeutet werden. „Als das Unternehmen nach Schweden kam, wurden vor Eröffnung der Läden Tarifverträge geschlossen. Lidl trat in die Arbeitgeber-Organisation ein und informierte sich über die hiesigen Gesetze und Regeln. Lidl hat hier eine schwedische Leitung, die mit dem Arbeitsrecht vertraut ist. Und in Schweden halten wir felsenfest an unserem Arbeitsrecht und den geltenden Tarifverträgen fest.“ Wenn es mal Probleme geben sollte, so der Gewerkschaftler, stehe sein Verband in gutem Kontakt mit Lidl. „Wenn es nötig ist, können wir den Personalchef anrufen und Probleme gemeinsam lösen“, sagt Haataja. André Anwar

André Anwar

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