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Wirtschaft: Ein Vampir für die Börse

Die Biotechfirma Paion will nächste Woche aufs Parkett gehen – weitere Kandidaten stehen bereit

Berlin - Ein gefährlicher kleiner Flugsäuger wird die Börse in der kommenden Woche in Atem halten. Die Aachener Biotechfirma Paion, die voraussichtlich am 10. Februar zum ersten Mal in Frankfurt gehandelt wird, forscht an einem Medikament für Schlaganfallpatienten, das aus dem Speichel der Vampirfledermaus gewonnen wird. Wenn der erste Börsengang in diesem Jahr gelingt, könnten auch andere Biotechfirmen wieder mutiger werden. „Von der Bewertung des Börsengangs wird die generelle Stimmungslage abhängen“, sagte Noushin Irani, Fondsmanagerin bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS.

Ein kleiner Aufheller täte der Stimmung am Aktienmarkt gut. Lange her ist die Zeit, als sich die Anleger nach dem Absturz des Neuen Marktes im Jahr 2000 hungrig auf Biotech-Werte stürzten. Die Unternehmen versprachen, nach der Entschlüsselung des menschlichen Genoms neue Medikamente gegen Volkskrankheiten wie Krebs oder Alzheimer zu entwickeln. Doch der Goldrausch hielt nicht lange an – die Medikamente ließen länger auf sich warten als gedacht. Als die schnellen Gewinne ausblieben, zogen sich die Anleger enttäuscht zurück. Den Tiefpunkt erreichte die Abwärtsfahrt an der Börse Anfang 2003, seitdem geht es wieder langsam nach oben.

Doch der mit Spannung erwartete Börsengang der Berliner Biotechfirma Epigenomics im vergangenen Juli war für Anleger noch eine Enttäuschung. Es war die erste Neuemission einer Biotechaktie an der Frankfurter Börse seit mehr als vier Jahren. Das Unternehmen, das Tests für die Diagnose von Krebs herstellt, notiert ein halbes Jahr später unter dem Ausgabepreis von neun Euro. Der Preis war vor dem geplanten Börsengang gesenkt worden, weil die Nachfrage zu schwach war.

Auch vor dem Paion-Börsengang sind die Marktbeobachter daher sehr zurückhaltend, was sich an der geringen Nachfrage nach der Aktie widerspiegelt. „Das Anlegerinteresse ist nicht sehr groß“, sagte Aktienhändler Stefan Chmielewski vom Broker Lang & Schwarz am Mittwoch. „Viele institutionelle Investoren warten möglicherweise noch mit ihrer Kaufentscheidung.“ Der Graumarktpreis bewege sich derzeit noch am unteren Ende der Zeichnungsspanne von 11 bis 14 Euro. Gerüchte um eine Preissenkung haben sich bis jetzt allerdings nicht bestätigt. Die Zeichnungsfrist läuft noch bis zum 7. Februar.

Mit dem Geld aus dem Börsengang – erwartet werden bis zu 80,5 Millionen Euro – will Paion die Entwicklung seines Schlaganfallmedikaments weiter vorantreiben. Mit der Marktzulassung wird aber frühestens 2007 gerechnet. Gewinne erwartet das Unternehmen nicht vor 2008. Das Problem der fehlenden Gewinne teilt Paion allerdings mit vielen anderen Biotechunternehmen. „Für Privatanleger ist das eigentlich eine zu heikle Option“, sagt Rolf Drees, Sprecher der Fondsgesellschaft Union Investment.

Grundsätzlich vom Börsengang abraten würden Marktbeobachter den Biotechfirmen dennoch nicht – trotz ferner Gewinne. „Das viele Geld könnte ein Unternehmen wie Paion nicht ohne weiteres von Risikokapitalgebern bekommen“, sagt Siegfried Bialojan von der Unternehmensberatung Ernst&Young. Anleger müssten sich aber an den Gedanken gewöhnen, dass Biotech-Investitionen langfristige Investments seien, mahnt er.

Weitere Kandidaten stellen sich schon auf. Neben Micromet und Wilex aus München werden auch der Göttinger Firma Develogen und Jerini aus Berlin Börsenambitionen nachgesagt. Ob sie den Schritt wagen, wird nach Einschätzung des Marktes davon abhängen, ob der Börsengang von Paion funktioniert. „Wir werden beobachten, wie es läuft“, bestätigt eine Jerini-Sprecherin. „Und erst danach entscheiden, was wir tun.“ Konkrete Pläne gebe es nicht. Jerini hat keine Eile. Dank großer Kooperationen mit Pharmakonzernen ist die Finanzierung noch gesichert.

Maren Peters

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