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Wirtschaft: Erste Wahl

In diesem Herbst können die Berliner ihren Gasversorger zum ersten Mal selbst wählen. Wer wechselt, kann einige Euro sparen

Es ist eine Premiere: Wenn in diesen Tagen die Heizsaison beginnt, können die Berliner Verbraucher ihren Gasversorger erstmals selbst wählen. Bisher war jeder, der mit Gas heizt oder kocht, an den alten Monopolisten Gasag gebunden. Nun ist das anders: Zwei neue Anbieter, Nuon und Klickgas, haben sich auf den Berliner Markt vorgewagt; zumindest langsam läuft der Wettbewerb an. Außer in Berlin haben Gaskunden bisher nur in Hamburg und – seit dieser Woche – in Bonn die Wahl zwischen mehreren Versorgern.

Wer sich für einen Wechsel entscheidet, kann einige Euro sparen. „Allerdings sollte man genau nachrechnen“, sagt Bernd Ruschinzik von der Verbraucherzentrale Berlin. Schließlich gebe es nicht den günstigsten Anbieter. „Es kommt auf den individuellen Verbrauch an“, erklärt er. Anhand der letzten Rechnung sollte man deshalb klären, wie viele Kilowattstunden man im Jahr verbraucht.

Wer sich die Mühe macht, stellt fest, dass die neuen Anbieter nicht immer günstiger sind als der Platzhirsch Gasag. Wer Gas zum Beispiel nur zum Kochen verwendet, bleibt am besten im gesetzlichen Tarif (siehe Grafik). Wer hingegen, wie die meisten Berliner, den Gasag-Tarif Vario II bezieht, stellt sich bei einem Wechsel zum niederländischen Energiekonzern Nuon in jedem Fall besser, zumal Nuon Preiserhöhungen für eine bestimmte Zeit ausschließt. Wem die Preisgarantie nicht so wichtig ist, fährt wiederum mit Gasag Aktiv am besten – allerdings bei einer längeren Laufzeit.

Ein ganz anderes Modell bietet Klickgas an, das über Umwege zum Eon-Konzern gehört: Hier müssen die Kunden mehr bezahlen als bei der Konkurrenz, dafür sind sie aber bis zum Sommer 2008 vor Preiserhöhungen sicher. „Man muss schon mit der Lupe hinschauen, um das beste Angebot zu finden“, sagt Verbraucherschützer Ruschinzik.

Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden zahlt man im Tarif Vario II der Gasag 1295 Euro, bei Nuon sind es 1279 Euro. Die Ersparnis beträgt also 16 Euro im Jahr. Hinzu kommt eine Prämie von 50 Euro, die Nuon – ebenso wie Klickgas – einmalig beim Wechsel zahlt. Langfristig hingegen, also ohne die Prämie, ist der Gasag-Tarif Aktiv mit 1234 Euro noch günstiger. Bei Klickgas wiederum muss man für die gleiche Menge Gas deutlich mehr zahlen: 1330 Euro.

„Es lohnt sich, die Preise zu vergleichen“, sagt Ruschinzik. „Man sollte aber nichts überstürzen.“ Im Übrigen könne man durch einen sorgsamen Umgang mit Energie oft mehr erreichen als durch einen Anbieterwechsel: „Wer seine alte Gastherme durch eine neue ersetzt, kann einen dreistelligen Eurobetrag sparen“, sagt der Verbraucherschützer. Die Kunden selbst sehen das wohl ähnlich: Ihre Wechselbereitschaft ist bisher gering. Während die Gasag 640 000 Kunden hat, sind es bei Nuon gerade einmal „mehr als 3000“ und bei Klickgas „mehr als 1000“.

Immerhin: Der Markt bleibt weiter in Bewegung. So will Klickgas schon bald ein „modifiziertes Angebot“ vorlegen, wie Geschäftsführer Burkhard Schneider dem Tagesspiegel sagte. „Wir planen noch in dieser Woche eine neue Aktion.“ Auch die Bundesnetzagentur könnte für neuen Schwung sorgen. Die Regulierungsbehörde überprüft – ähnlich wie beim Strom – die Durchleitungsgebühren, die die Gasnetzbetreiber verlangen. Bis Ende Oktober soll die Gasag einen Bescheid erhalten. „Wir erwarten eine Senkung der Gebühren“, sagt Gasag-Sprecher Klaus Haschker schon jetzt. Davon hätten auch die Verbraucher etwas: Denn am Endkundenpreis machen die Netzentgelte rund ein Drittel aus, Absenkungen müsste die Gasag sofort an ihre Kunden weitergeben.

Auch der sinkende Ölpreis könnte den Verbrauchern zugute kommen; schließlich ist der Gaspreis mit Verzögerung an ihn gekoppelt. „Wenn der Ölpreis auf dem jetzigen Niveau bleibt oder weiter sinkt, dann werden wir unsere Preise im Frühjahr ebenfalls senken können“, verspricht Haschker. In den vergangenen Wochen war der Ölpreis von fast 80 Dollar je Fass auf unter 60 Dollar gefallen.

Ob Gas dann tatsächlich billiger wird, ist aber fraglich. So hat die Gasag bereits angekündigt, die Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar auf die Preise aufzuschlagen. Auch Nuon und Klickgas behalten sich das ausdrücklich vor.

Trotzdem: Der Wettbewerb kommt voran. Verbraucherschützer Ruschinzik erwartet, dass 2007 noch weitere Gas- anbieter nach Berlin kommen. „Dann wird es erst richtig losgehen.“ Und auch in die andere Richtung könnte die Entwicklung gehen: So will die Gasag unter Umständen über Berlin hinaus- wachsen. „Wir überlegen, unser Gas auch in anderen Städten anzubieten“, sagt Haschker. „Das muss natürlich wirtschaftlich sein; aber wir wollen die Chancen des Wettbewerbs nutzen.“

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