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Wirtschaft: Extremsport für die Kopfhaut

DAS TESTURTEIL 0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen Es gibt Momente im Leben, da will man sich etwas beweisen, mal was Wildes ausprobieren wie Base-Jumping oder Wildwasserschwimmen. Sauerkrautshampoo aus Wesselburen zu testen, hat damit auf den ersten Blick wenig zu tun.

DAS TESTURTEIL 0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen

Es gibt Momente im Leben, da will man sich etwas beweisen, mal was Wildes ausprobieren wie Base-Jumping oder Wildwasserschwimmen. Sauerkrautshampoo aus Wesselburen zu testen, hat damit auf den ersten Blick wenig zu tun. Doch nur auf den ersten Blick. Denn für einen 23-Jährigen, für den die Glatze mit Dreißig genetisch vorprogrammiert ist, wird der Test eines Haarpflegemittels auf Weißkohlbasis zum waghalsigen Projekt.

Überhaupt ist die menschliche Kopfhaut im Alltag extremen Belastungen ausgesetzt. Das fängt schon beim sauren Regen an und endet meist tragisch mit einem zu heiß eingestellten Fön. Verbrennungen der Kopfhaut sind keine Seltenheit mehr dank dieser überdimensionierten Haartrockner, die meine Freundin in morgendliches Frohlocken, mich dagegen in Angst und Schrecken versetzen.

Die Wunden solcher 2500-Watt-Monster will „Wekoshamp“, das Weißkohlshampoo aus Wesselburen, wieder heilen: Der schleswig-holsteinische Exportschlager kommt zwar unscheinbar daher. Doch die weiße Flasche hat es in sich: „Sodium-Laureth-Sulfate, Cocoamidopropylbetain, Dexpanthenol“ – das klingt mehr nach ABC-Kampfstoffen als nach „wertvollen Extrakten für die schonende Kopfhautpflege“. Das Einzige, was mich das Shampoo öffnen lässt, ist das Wort „Weißkohlsaft“ im Inhaltsverzeichnis. „Denn Sauerkraut ist ja gesund“, begann Omas allwöchentliche Tischpredigt.

Vorsichtshalber wurde das Shampoo zunächst in trockener Umgebung untersucht. Erstes Ergebnis: Der Tester bemerkt Röstzwiebelgeruch. Eine Bedenkpause unterbricht das Experiment.

Erst auf gutes Zureden eingeweihter Bekannter wird die zweite Testphase unter die Dusche verlegt. Einziges Problem: Nase zuhalten und gleichzeitig eincremen geht nicht. Das würde in Verrenkungen ausarten. Doch so gewöhnungsbedürftig der Geruch auch sein mag: Die gelbgrüne Flüssigkeit lässt sich angenehm ins Haar einmassieren. Ehrlich: Unter dem Schaum weicht der Duft des Dithmarscher Bioweißkohls. Folsäure, Calcium und Magnesium scheinen sich wie ein Schutzmantel über die Kopfhaut zu legen. Die Vitamine C und A beginnen an meinen blonden Hornfäden zu wirken.

Dann der erste Tag im Büro: Nichts. Die Testtage zwei und drei verstreichen mit Bemerkungen wie „was riecht denn hier so komisch“ und „mach doch mal das Fenster auf“. Ein erster Teilerfolg am vierten Tag: „Irgendwie siehst du heute anders aus.“ Tag fünf – und Bingo: „Deine Haare glänzen heute so“, meint ein Kollege. „Wekoshamp“ scheint ja fulminant zu wirken. Das war am vergangenen Freitag, als mich meine Freundin besuchen kam. Ob ihr nicht was auffalle, frage ich. Stille. An meinen Haaren, sage ich. „Doch“, meint sie und nickt. „Deine Geheimratsecken sind größer geworden.“

Manuel Köppl

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