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Wirtschaft: Fest im Griff

Auch in Berlin und Brandenburg sind Winterreifen ein Muss für sicherheitsbewusste Autofahrer – nur frisch sollten sie sein

Berlin ist nicht gerade als Schneeloch bekannt. Wozu also Winterreifen? Das fragen sich viele Autofahrer – vor allem eben die, die mit ihrem Wagen nie weiter als zur Stadtgrenze fahren. „Der Winter beginnt bereits ab sieben Grad Celsius“, behauptet dagegen die Reifenindustrie als Partner der „Initiative pro Winterreifen“. Sommerreifen müssten spätestens ab Ende Oktober vom Auto runter und witterungsgerechte Bereifung rauf – und zwar unabhängig von Schnee und Eis. Denn die für eine Nutzung im Sommer konzipierten Gummimischungen eines Reifens verhärteten bei Temperaturen unter sieben Grad Celsius. Winterreifen dagegen hätten eine den kalten Temperaturen angepasste Gummimischung, argumentiert die Initiative pro Winterreifen.

Der ADAC hält die Sieben-Grad-Regel für keine gute Lebenshilfe. „Auf trockenen Straßen haben sie da mit Sommerreifen kürzere Bremswege“, sagt ADAC- Experte Ruprecht Müller. „In allen übrigen klassischen winterlichen Straßensituationen bietet jedoch der Winterreifen Vorteile.“ Da es bereits im November zu ersten Wintereinbrüchen kommen könne, empfiehlt der ADAC ebenso wie die Stiftung Warentest Winterreifen bereits jetzt aufziehen zu lassen.

„Der richtige Zeitpunkt ist jetzt“, sagt Test-Redakteur Jürgen Tewes. Besser als an die Sieben-Grad-Regel solle man sich an die Regel von den zwei O halten: „Winterreifen von Oktober bis Ostern.“ Das Thema Winterreifen rechtzeitig anzugehen, sei nicht nur wegen der Witterung wichtig, sagt Tewes. Wer früh umsteige, habe zudem die größere Auswahl und eben auch noch keine Wartezeiten bei den Reifenfachhändlern. Zudem sei es von Vorteil, wenn neue Winterreifen bereits eingefahren seien, wenn das erste Glatteis kommt. In jedem Fall rät Tewes vorher telefonisch einen Preisvergleich anzustellen. Denn die Unterschiede seien zum Teil erheblich. „Wir haben Preisdifferenzen von bis zu 30 Prozent festgestellt“, sagt Tewes.

Wichtig ist dabei nicht nur, allein den Preis für die Reifen zu vergleichen, sondern den Gesamtpreis inklusive Montage, Auswuchten und neuem Ventil. Die Nebenkosten pro Rad liegen laut Tewes bei etwa zehn bis zwölf Euro pro Rad – ohne die Kosten für die Felgen. Der Experte rät dazu, für die Winterreifen eigene Felgen zu erwerben. „Das Rauf und Runter von der Felge macht den Reifen nicht besser und kostet zusätzlich“, sagt er. Nach dem zweiten Jahr habe man die Kosten für die Felgen wieder drin.

Winterreifenmuffeln hält Tewes entgegen, dass viele der von den Skeptikern angeführten Argumente einfach nicht stimmten: „Winterreifen sind weder lauter noch führen sie zu einem Rütteln in der Lenkung“, sagt Tewes. „Und sie treiben auch den Benzinverbrauch nicht in die Höhe.“ Einfluss auf den Benzinverbrauch habe jedoch der Luftdruck in den Reifen. So soll man nicht mit zu geringem Luftdruck fahren. „Wenn der Luftdruck stimmt, verbraucht man nicht mehr Benzin als mit Sommerreifen“, sagt Tewes.

Wenn all diese Vorurteile ausgeräumt sind, kommt der Winterreifenmuffel spätestens jetzt auf Argument Nummer eins zurück: Schnee und Eis sind in Berlin eben eher die Ausnahme. „Bereits bei überfrierender Nässe und nassem Laub sind Winterreifen die bessere Wahl“, sagt Tewes. „Nur wer bereit ist, bei winterlichen Straßenverhältnissen sein Auto tatsächlich stehen zu lassen und auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen, kann auf Winterreifen verzichten.“ Wer nur sehr wenig fahre, dem rät der Test- Redakteur zum Ganzjahresreifen. Die Stiftung Warentest hat 18 Winterreifen und einen Ganzjahresreifen getestet (siehe Tabelle). Im Gesamturteil erhält der „Goodyear Vector 5“ ein „befriedigend“. „Wir nutzen den Ganzjahresreifen auch als Referenzgröße“, sagt Tewes. Als der Reifen vor Jahren zum ersten Mal im Test war, schaffte er es sogar zum Testsieger. Inzwischen haben ihn die Spezialisten überholt. „Das zeigt, dass es immer noch Weiterentwicklungen bei der Gummimischung und der Profilgestaltung gibt“, sagt Tewes.

Wer aber hofft, einmal einen Winterreifen anzuschaffen und dann für die kommenden Jahre außer dem Reifenwechsel keine Kosten mehr zu haben, irrt. Nach etwa sechs bis sieben Jahren werden die Reifen spröde. Unabhängig vom Restprofil verlieren sie dann ihre Griffigkeit. Spätestens nach zehn Jahren haben sie ihre Lebensdauer überschritten. ADAC und Stiftung Warentest raten zudem, dass die Winterreifen am Anfang der Saison mindestens noch eine Profiltiefe von vier Millimetern aufweisen sollten. Bei Vielfahrern sollte es sogar mehr sein.

Wer vermeiden will, dass ihm bereits beim Neukauf ein zwar unbenutzter aber schon alter Reifen angedreht wird, kann auf der Flanke des Reifens nach der Prüfnummer schauen, die mit den Buchstaben DOT beginnt. Die letzten vier Ziffern bezeichnen die Kalenderwoche und das Jahr der Herstellung. Die Zahlen 42/05 würden also bedeuten, dass der Reifen in dieser Woche hergestellt wurde. Ein Reifen mit den Endziffern 42/02 ist dagegen nicht mehr ganz frisch und hätte bereits fast die Hälfte seiner Lebensdauer hinter sich – ohne einen Meter gefahren zu sein.

Im Internet:

www.test.de

www.adac.de/Tests/Reifentests/Rund_um_den_Reifen/

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