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Finanzielle Schwierigkeiten: Verbraucherschützer brauchen Hilfe

Der Berliner Beratungsstelle fehlen 170 000 Euro – die Senatsverwaltung arbeitet an einer Lösung.

Berlin - Die Verbraucherzentrale Berlin ist voll wie immer. Doch die Ratsuchenden, die dort sitzen, ahnen nicht, wie es um die Beratungsstelle steht. Insolvenz? Von solchen Dingen bekommen die Kunden nichts mit. Sie warten auf ihren Berater. Und sie haben ihren eigenen Ärger – mit dem Vermieter, der mehr Geld will, oder der Versicherung, die den Schaden nicht ersetzt. Vielen merkt man den Frust schon von Weitem an. Die Plastikhüllen, in denen die Dokumente stecken, werden geknetet, gedrückt, gequetscht.

„Der Betrieb läuft normal weiter“, sagt Geschäftsführer Peter Lischke. „Von unseren 30 Mitarbeitern haben wir niemanden entlassen, und wir haben auch unser Beratungsangebot nicht eingeschränkt.“ Nur in einem Punkt bekommen die Verbraucher zu spüren, dass die Verbraucherzentrale in Not ist: Seit vergangenem Mittwoch müssen sie für einige Dienstleistungen mehr zahlen. Wenn die Juristen im Auftrag der Verbraucher Briefe an Unternehmen schreiben, kostet das jetzt nicht mehr 15 sondern 20 Euro. Auch die Reiserechtsberatung ist teurer geworden.

Doch das reicht nicht, um die Finanzmisere, in der die Verbraucherzentrale (VZ) Berlin steckt, zu beheben. Jahrelang hatten die Verbraucherschützer der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz zu viel Umsatzsteuer überwiesen. Das hat sie jetzt an den Rand der Pleite gebracht und die frühere Geschäftsführerin, Gabriele Francke, den Job gekostet. „Am Jahresanfang fehlten 200 000 Euro in der Kasse der VZ“, berichtet Lischke.

718 000 Euro bekommt die Verbraucherzentrale jedes Jahr vom Senat. Von den Eigeneinnahmen, die sie darüber hinaus mit der Beratung der Verbraucher oder dem Verkauf von Broschüren erzielt, darf sie nach dem Zuwendungsrahmenvertrag die Hälfte behalten, den anderen Teil bekommt die Senatsverwaltung. Doch wegen der Steuerpanne ist derzeit kein Geld da, um diesen Teil des Vertrags zu erfüllen. Nun stehen schwierige Verhandlungen an, in denen geklärt werden muss, was die Verbraucherzentrale zu viel gezahlt hat und ob die zu viel überwiesene Steuer mit der Summe verrechnet werden kann, die die Verbraucherschützer dem Senat schulden. Unterm Strich geht es um 170 000 Euro. Aus der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz kommen positive Signale: „Wir sind auf gutem Wege, die Probleme zu lösen“, sagt Sprecherin Marie-Luise Dittmar.

Mit ihren Finanzproblemen stehen die Berliner Verbraucherschützer nicht allein da. Doch während die Schwierigkeiten der Berliner hausgemacht sind, leiden andere unter Kürzungen in den Landeshaushalten. Allen voran die Verbraucherzentrale Sachsen, der die Landesregierung Anfang des Jahres im laufenden Haushaltsjahr die Zuwendungen um 30 Prozent kürzen wollte – „ohne Vorwarnung“, wie VZ- Geschäftsführer Joachim Betz sagt.

Die Verbraucherzentrale begann zu sparen. Die 85 Mitarbeiter verzichteten auf Gehalt und reduzierten ihre Arbeitszeit, das 13. Monatsgehalt wurde in Freizeit umgewandelt. Die Kunden müssen seit April mehr zahlen: Die Heizkostenberatung kostet nun 15 statt zehn Euro, die Baufinanzierungsberatung 40 statt 30 Euro. Das ist aber immer noch weniger als in Berlin. Bauherren müssen hier 100 Euro auf den Tisch legen. Weniger Gehalt, höhere Preise: 500 000 Euro hat die VZ Sachsen auf diesem Weg zusammengekratzt. Die Landesregierung honoriert das und verzichtet auf weitere Kürzungen. Auch die VZ Niedersachsen kämpft seit Jahren ums Überleben. Seit 2003 kürzt die Landesregierung schrittweise ihre Zuwendungen, von 1,5 Millionen Euro im Jahr auf eine Million Euro. Zwei Mitarbeiter wurden entlassen, die Öffnungszeiten eingeschränkt, berichtet Sprecherin Gisela Peters.

Beim Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht man die Entwicklung mit Sorge. „Die Bereitschaft der Verbraucher zu zahlen ist begrenzt“, warnt Sprecher Christian Fronczak. Und auch die Einschränkung des Beratungsangebots hält Fronczak für fatal. 180 Beratungsstellen gibt es derzeit in Deutschland. Das reiche nicht, um jeden zu beraten, der das möchte. „Für eine flächendeckende Beratung brauchen wir 400 Beratungsstellen“, sagt Fronczak. Heike Jahberg

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