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Wirtschaft: Frühjahrsputz für die Finanzen

Mindestens einmal im Vierteljahr sollten Anleger ihre Geldanlagen kontrollieren – und säubern

Die Wohnung braucht ihn, das Auto braucht ihn, das Depot braucht ihn auch – den Frühjahrsputz. Während die eigenen vier Wände in dieser Jahreszeit entrümpelt und gereinigt werden und das Auto zum Checkup kommt, bleiben Kapitalanlagen häufig links liegen. „Ein Fehler“, meint Ulrich Gallus, Leiter der Fondsvermögensverwaltung der Deka-Bank, die 28 Milliarden Euro betreut. Der Rat von Börsen-Altmeister André Kostolany, Aktien zu kaufen, Schlaftabletten zu nehmen und das Depot erst nach Jahren wieder anzusehen, gelte nicht mehr. Gallus: „Die Märkte bewegen sich stärker. Was heute richtig ist, kann morgen falsch sein.“

Wenn nicht nur Glück und Hoffnung den Erfolg der eigenen Geldanlage bestimmen sollten, dann müsse man sein Investment regelmäßig überprüfen. Statt „buy and hold“ gelte heute „invest and control“. Ein prüfender Blick ins Depot einmal im Monat bis einmal im Vierteljahr, sagt Gallus, reiche für einen normalen Privatanleger aber meist aus. Der deutsche Analysten-Berufsverband German CFA Society empfiehlt Anlegern, bei diesem „Frühjahrsputz“ ihre Investmentziele zu überprüfen: Wie lange brauche ich das angelegte Geld nicht? Zu welchen Risiken bin ich bereit? Welches Renditeziel habe ich? Welche Meinung habe ich zu den Märkten? Entspricht mein Depot oder meine Geldanlage diesen Vorgaben?

Der Analysten-Verband beobachtet eine Reihe typischer Fehler: Viele Privatanleger legen zu oft ohne eine klare Strategie an, sie halten zu lange an schlechten Papieren fest, verlieren nach Misserfolgen das Interesse und ignorieren dann ihr Depot. Risiken werden außerdem ungenügend gestreut; viele Anleger tappen deshalb immer wieder in die gleichen Investmentfallen. Iris Uhlmann, Vorstandsmitglied der deutschen CFA: „Mit ein bisschen Umsicht lassen sich diese Fehler zu einem großen Teil vermeiden.“

Die Finanzexpertin rät vor allem, im Rahmen eines Frühjahrschecks die Verlustbringer anzusehen. Viele Anleger scheuten sich, Minuspositionen zu verkaufen. Man warte lieber darauf, dass ein Papier sich erhole und irgendwann den Einstiegspreis wieder erreiche. Oft sei es aber besser, sich Fehler einzugestehen, Verluste zu realisieren und auf bessere Alternativen zu setzen. Zudem beachteten viele Anleger nicht, dass unterschiedliche Konjunktur- und Börsenphasen auch unterschiedliche Anlageprodukte bräuchten. So hätten deutsche Privatanleger in der Seitwärtsbewegung der Börsen richtigerweise auf Aktienanleihen mit festen Verzinsungen gesetzt. Erwarte man aber wieder eine klare Richtung an den Märkten, dann sei es besser, umzuschichten.

Über eine „mindestens vierteljährliche Durchforstung der Geldanlage“ hinaus empfiehlt die Verbands-Sprecherin, jedes Aktien-Investment grundsätzlich nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist zu überprüfen. Denn ab diesem Zeitpunkt sind Gewinne steuerfrei.

Deka-Experte Gallus glaubt zudem, dass viele Depots deutscher Anleger aktuell zu stark auf Rentenpapiere ausgerichtet seien. Aber: „Derzeit sind die Risiken am Rentenmarkt größer als die Chancen.“ Wer ein Übergewicht an Renten mit längeren Restlaufzeiten habe, vergrößere also – vor allem angesichts der steigenden Zinsen in den USA – sein Risiko. Eine Umschichtung in kürzer laufende Anleihen sei deshalb ratsam. Deutsche Anleger setzten zurzeit insgesamt zu sehr auf konservative Sparbriefe und Renten. Gallus: „Sie agieren damit wieder sehr zyklisch und machen einen ähnlichen Fehler wie umgekehrt 1999, kurz vor dem Aktiencrash, als niemand genug Aktien haben konnte.“

Grundsätzlich empfiehlt die Deka: Bei einer Anlagedauer von fünf Jahren sei eine Aktienquote von höchstens 20 bis 25 Prozent sinnvoll. Daneben könne man zehn Prozent in Immobilien, 55 Prozent in Renten mit höchstens zwei bis drei Jahren Restlaufzeit und/oder Sparanlagen stecken und zehn Prozent Liquidität halten. Gallus: „Wer sein Geld mehr als zehn Jahre nicht braucht, kann die Aktienquote auf bis zu 80 Prozent erhöhen.“

Überaus wichtig für den Erfolg einer Anlage sei eine breite Streuung: Viele Anleger konzentrierten sich zu stark auf deutsche Aktien und Renten und erhöhten damit das Risiko. So sei etwa der Dax stark technologielastig, enthalte aber keine Ölaktien – in der aktuellen Börsenlage ein Renditekiller. Wer sich die breite Streuung seines Aktienanteils nicht zutraut, sollte die Auswahl Fondsmanagern überlassen. Aber: Bei einem Depot-Checkup, sagt Gallus, müsse der Anleger prüfen, ob die Quoten noch stimmten. Denn steigen die Aktienkurse, dann erhöht sich die Aktienquote automatisch und verändert damit die Risikovorgaben.

Wer schwankungsanfällige Werte im Depot hat, aber keine Zeit zur fortlaufenden Überwachung, kann zudem das Risiko über Stop-Loss-Marken reduzieren, also der Bank einen Kurs nennen, zu dem ein Papier automatisch verkauft wird.

Veronika Csizi

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