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Wirtschaft: „Für 20 Euro lohnt sich kein Einspruch“

Steuerberater Wawro rät zu Änderungsanträgen

Steuerberater Wawro rät zu Änderungsanträgen

Herr Wawro, woran merkt man, dass ein Steuerbescheid falsch ist?

Man muss den Steuerbescheid mit der Steuererklärung vergleichen und Punkt für Punkt überprüfen, ob der Bescheid von der Erklärung abweicht. Das setzt natürlich voraus, dass man eine Kopie seiner Steuererklärung zur Hand hat.

Sollte man immer Einspruch einlegen?

Nein. Man sollte zunächst den Sachbearbeiter im Finanzamt anrufen und versuchen, die Sache zu klären. Stellt sich heraus, dass der Finanzbeamte einen Fehler gemacht hat, sollte man einen einfachen Änderungsantrag stellen. Dann kann der Sachbearbeiter den Bescheid unbürokratisch ändern. Das hat den Vorteil, dass der Bescheid nur in diesem bestimmten Punkt korrigiert wird. Bei einem Einspruch muss der Finanzbeamte den gesamten Fall noch einmal aufrollen.

Warum sind so viele Steuerbescheide falsch? Sind die Finanzämter schlecht?

Es liegt nicht nur an den Finanzämtern, dass so viele Einsprüche erfolgreich sind. Auch die Steuerzahler vergessen gelegentlich etwas und versuchen dann, über den Einspruch Belege nachzureichen und ihre Steuererklärung zu ihren Gunsten nachzubessern.

Sind die Finanzämter denn ganz unschuldig?

Nein. In den Behörden ist viel Personal abgebaut worden, und es geht oft sehr hektisch zu. Viele Steuerfälle werden praktisch vom Computer bearbeitet, ohne dass es noch eine qualifizierte Kontrolle durch die Sachbearbeiter gibt.

Und dann?

Die Bescheide werden in Berlin zentral von Neukölln aus versandt. Die Sachbearbeiter bekommen in der Regel kein Duplikat mehr, sondern haben nur noch Zugriff auf den elektronischen Bescheid. Trotzdem werden manchmal Fehler bemerkt. Dann kann es sein, dass Sie einen Brief vom Amt bekommen. In dem steht dann quasi: Vergessen Sie den Steuerbescheid, der demnächst bei Ihnen eintrifft.

Warum kommt manchmal das Geld früher als der Bescheid?

Das liegt auch an diesem zentralen Versand. Das Geld wird zu demselben Zeitpunkt überwiesen, an dem der Bescheid herausgeschickt wird. Bleibt der Bescheid im Amt oder auf dem Postweg hängen, hat der Steuerzahler erst das Geld und dann den Bescheid.

Lohnt es sich, auch wegen 20 Euro Einspruch einzulegen?

Wenn es nichts Prinzipielles ist, lohnt es eher nicht. Ich würde zunächst einen Änderungsantrag vorziehen. Das ist unbürokratischer.

Wolfgang Wawro ist Präsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg und arbeitet als Steuerberater in Berlin. Mit ihm sprach Heike Jahberg.

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