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Wirtschaft: Für Kakerlaken gibt es Schmerzensgeld

Wer sich über einen verdorbenen Urlaub beschweren will, muss das bis spätestens einen Monat nach der Rückkehr tun

Düsseldorf - Die schönsten Wochen des Jahres können manchmal ziemlich grausam sein: Das Essen ist ungenießbar, neben dem Hotel lärmt eine Baustelle, auf dem Bett hockt eine Kakerlake und statt Meerblick gibt es graue Betonwände so weit das Auge reicht. In solchen Fällen ist dann nur noch eines wichtig – wie bekommt man eine angemessen Entschädigung für die vermieste Urlaubsfreude. Die Rechte des Verbrauchers sind gut, allerdings müssen sie richtig geltend gemacht werden. Denn nur dann kann ein Teil des gezahlten Reisepreises zurückgefordert werden.

Viel Zeit bleibt nach der Rückkehr nicht: Spätestens einen Monat nach Urlaubsende müssen die Ansprüche beim Reiseveranstalter schriftlich geltend gemacht werden, am besten per Einschreiben mit Rückschein. Die Mängel müssen ausführlich und vollständig beschrieben, das Minderungsverlangen deutlich gemacht werden. Weist der Veranstalter die Forderungen zurück, bleibt mindestens ein Jahr Zeit, um eine Klage einzureichen. Die Frist dafür beginnt ebenfalls mit der Rückkehr aus dem Urlaub.

Wem allerdings erst zu Hause einfällt, dass er etwas am Hotel oder Strand zu beanstanden hat, der hat kaum eine Chance auf Entschädigung. Wenn es etwas zu beanstanden gibt, muss das bereits vor Ort geschehen. Und dort muss auch Abhilfe gefordert werden. „Manche schlucken ihren Ärger runter und fordern nach der Rückkehr Schadenersatz“, sagt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Udo Vetter. Doch dann sei es zu spät.

Zuständig für die Beschwerden ist die örtliche Reiseleitung, nicht etwa das Hotel. Ist keine Reiseleitung zu finden, sollte man direkt mit dem Reiseveranstalter in Deutschland Kontakt aufnehmen. Denn Reiseleitung oder Reiseveranstalter müssen die Möglichkeit bekommen, die Mängel abzustellen. Dafür sollte eine angemessene Frist gesetzt werden. Nervt zum Beispiel Baulärm, sind zwei Tage durchaus angemessen, um in einem anderen, ruhigen Hotel untergebracht zu werden. Verstreicht die Frist erfolglos, kann der Urlauber selbst Abhilfe schaffen und anschließend den Ersatz seiner Aufwendungen fordern.

Es reicht aber nicht, vor Ort eine Mängelliste zu erstellen und dann den Reiseleiter zu bitten, diese an den Veranstalter weiterzuleiten. Das muss der Urlauber schon selber erledigen, urteilte das Amtsgericht Homburg (AG Bad Homburg v.d.H., Az: 2 C 306/03). Ansonsten sind seine Ansprüche nicht wirksam geltend gemacht worden. Das gilt insbesondere dann, wenn sich der Reiseleiter weigert, die Mängelliste entgegenzunehmen.

Wichtig ist auch, dass ein Mangel nur dann vorliegt, wenn der Urlauber etwas Anderes erwarten konnte, als er geboten bekommt. Maßgeblich dafür ist der Reisekatalog. Wird dort ausdrücklich auf Bauarbeiten in der Ferienanlage hingewiesen, dann kann eine Entschädigung für Baulärm natürlich nicht verlangt werden. Es lohnt sich also bei den oft verklausulierten Fomulierungen im Katalog genau hinzugucken (siehe Kasten) .

Dass die Mängel bereits vor Ort angezeigt wurden, muss nachweisbar sein. Die Reiseleitung sollte deshalb zumindest bestätigen, dass und wann sich der Urlauber beschwert hat. Auf der sicheren Seite befindet sich, wer Zeugen für seine Beschwerde bei der Reiseleitung hat. „Das kann zwar der Ehepartner oder ein Reisebegleiter sein“, sagt Vetter. Aber sollte es später zu einem Prozess kommen , werde ihren Aussagen vermutlich wenig Gewicht beigemessen. Vor Gericht mache sich da ein unabhängiger Gast besser. Dabei sollten unbedingt vollständige und aktuelle Adressen notiert werden, unter der die Zeugen vom Gericht geladen werden können. „Der Herbert aus Zimmer 15“ nutzt als Beweisantritt im Prozess wenig. Ausländische Zeugen sollten nur dann angeführt werden, wenn sich wirklich niemand anders findet. Der Grund ist simpel: Müssen Zeugen extra aus dem Ausland eingeflogen werden, entstehen erhebliche Gerichtskosten. Bei einer Klage sind auch Fotos und Videos, etwa vom verschmutzten Hotelstrand oder dem Baukran vorm Fenster als Beweismaterial hilfreich.

Wegen Mängeln kann der Urlauber einen Teil des gezahlten Reisepreises zurückfordern. Wie viel das ist, hängt von der Dauer und der Schwere des Mangels ab. Richtwerte dafür bietet die so genannte „Frankfurter Tabelle“ (siehe Grafik). Die vom Landgericht Frankfurt erstellte Liste wird von vielen Gerichten herangezogen, ist jedoch nicht bindend.

Andreas Kunze

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