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Kartellamt: Schärfere Kontrollen für Wasserversorger

Wasserversorger müssen Preiskürzungen durch die Kartellbehörden hinnehmen. Wie der Bundesgerichtshof entschied, dürfen die Kartellbehörden die Preise verschiedener Wasserversorger vergleichen, um Missbrauch feststellen zu können. Verbraucherschützer begrüßen das Urteil.

Im aktuellen Fall unterlag damit der Wasserversorger der Stadt Wetzlar, die Enwag. Sie hatte nach der Feststellung der hessischen Landeskartellbehörde Wasser an Privathaushalte und Kleingewerbekunden in Wetzlar zu teuer verkauft und war im Jahr 2007 verpflichtet worden, die Wasserpreise um 30 Prozent zu senken. Die Behörde hatte zuvor den Preis der Enwag mit den Preisen von 18 anderen Wasserversorgern aus dem gesamten Bundesgebiet verglichen, um den Verdacht des Preismissbrauchs belegen zu können.

Laut Urteil können Kartellbehörden einen verdächtigen Wasserversorger in einer sogenannten Beweislastumkehr zudem auffordern, seine höheren Preise zu rechtfertigen. Dies war der Enwag nicht gelungen.

Anders als bei Strom oder Gas ist beim Wasser kein Wechsel zu einem günstigeren Versorger möglich. Der BGH begründete die verschärfte kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht mit Vorschriften, die zwar für Strom- und Gasversorger seit 1999 außer Kraft getreten seien, für Wasserversorger aber weiterhin gelten. Diese Regeln im Gesetz zum Verbot von Wettbewerbsbeschränkungen ermöglichen den Preisvergleich zwischen verschiedenen Anbietern. Damit dieses „scharfe Schwert nicht stumpf“ werde, dürften an die Gleichartigkeit der Vergleichsunternehmen allerdings keine überhöhten Anforderungen gestellt werden, betonte der Vorsitzende und BGH-Präsident Klaus Tolksdorf.

Dem BGH zufolge ermächtigt das geltende Recht die Kartellbehörden allerdings nur zu einer auf die Zukunft zielenden Preiskontrolle und nicht zum Einschreiten für zurückliegende Abrechnungszeiträume. Damit unterlag die Kartellbehörde in diesem Punkt. Sie hatte im Mai 2007 nicht nur eine Preissenkung für die Zukunft verfügt, sondern auch noch festgestellt, dass die Wasserpreise der Enwag seit Juli 2005 überhöht gewesen seien. Die Behörde wollte damit Preisrückforderungen betroffener Kunden erleichtern. Dies erklärte der BGH nun für unzulässig.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßte das Urteil. „Wir versprechen uns davon eine heilsame Verunsicherung in dem bislang intransparenten Markt der Wasserversorger“, sagte Otmar Lell vom Bundesverband. Ihm zufolge sind bundesweit eine Reihe weiterer Preiskontrollverfahren anhängig.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) zeigte sich von der Entscheidung enttäuscht. Das Urteil würde Rahmenbedingungen der Wasserversorgung nicht ausreichend berücksichtigen. Als Beispiel nannte der VKU die jeweilige Topografie, Wasserverfügbarkeit oder die Siedlungsdichte innerhalb eines Versorgungsgebiets. „Dies darf im gesetzlichen Rahmen der Preiskontrolle nicht unberücksichtigt bleiben. Ansonsten würden wir Äpfel mit Birnen vergleichen.“

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) kritisierte, wichtige Kriterien bei der Ermittlung des Wasserpreises wie Trinkwasserqualität und Versorgungssicherheit, die auch für den Bürger von entscheidender Bedeutung seien, gerieten ins Abseits. Das Urteil führe zu „massiver Rechtsunsicherheit“. (AFP)

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