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Wirtschaft: „Mein Sohn soll erben, seine Frau nicht. Geht das?“

Die häufigsten Leserfragen: Soll ich mein Haus jetzt verschenken, um Steuern zu sparen? Und: Kann ich das auch rückgängig machen?

Die Zeit drängt. Noch in diesem Jahr wird das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Erbschaftssteuer bei Immobilien urteilen. Wahrscheinliche Konsequenz: Die steuerliche Bewertung für Immobilien wird sich verschärfen. Kein Wunder, dass viele darüber nachdenken, ihr Haus schon jetzt zu verschenken. Bei unserer Telefonaktion zum Erbrecht, die wir erneut in Kooperation mit dem Berliner Anwaltsverein veranstaltet haben, standen die Telefone nicht still. Lesen Sie, was Stefanie Brielmaier, Friedemann von Recklinghausen, Ulrich Schellenberg, Volker Schulz und Jutta Wagner den Tagesspiegel-Lesern empfehlen.

Ich habe ein Haus und Geld geerbt und besitze darüber hinaus noch eigenes Vermögen. Jetzt möchte ich heiraten. Mein zukünftiger Mann hat einen nichtehelichen Sohn aus einer früheren Verbindung. Wie kann ich verhindern, dass das Kind später etwas von meinem Vermögen erbt?

Das Kind Ihres zukünftigen Mannes ist nicht Ihr Erbe, auf direktem Wege bekommt es also nichts. Es könnte jedoch auf dem Umweg über Ihren Mann erben. Denn anders als in Ihrem Fall steht dem nichtehelichen Sohn Ihres Mannes ein Erbanspruch zu, wenn Ihr Mann stirbt. Vermeiden können Sie das, indem Sie per Testament einen Vorerben – etwa Ihren Mann – und einen Nacherben – etwa Ihre Schwester – festlegen. Dann bekommt zunächst Ihr Mann Ihr Erbe, nach dessen Tod Ihre Schwester. Das nichteheliche Kind erbt von Ihrem Vermögen nichts und hat auch keinen Pflichtteilsanspruch.

Meine Eltern sind wohlhabend, und ich bin das einzige Kind. Ich bin verheiratet. Falls ich erbe, fällt das Erbe in die Zugewinngemeinschaft oder gehört es mir ganz allein?

Erbschaften fallen niemals in die Zugewinngemeinschaft. Sofern der geerbte Gegenstand, etwa ein Grundstück, allerdings während der Ehezeit eine Wertsteigerung erfährt, so ist diese Wertsteigerung im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen.

Meine Eltern haben per Testament alles meiner Schwester vererbt. Die möchte aber mit mir teilen. Was kann sie tun?

Sie sollte das testamentarische Erbe ausschlagen. Dann gilt die gesetzliche Erbfolge, und Sie erben automatisch die Hälfte. Das ist auch steuerlich attraktiv, weil jedes Kind einen Freibetrag von 205 000 Euro hat.

Meine Eltern haben ihr Vermögen meinem Bruder vermacht. Ich habe nichts geerbt. Geht das?

Ja, Ihre Eltern können per Testament Ihren Bruder zum Alleinerben machen. Allerdings gehen Sie nicht völlig leer aus. Ehepartner und Kinder (falls keine Kinder vorhanden sind, die Eltern) haben einen Pflichtteilsanspruch gegen den Erben. Dieser umfasst die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Mein Mann und ich haben einen Bauernhof im Umland. Der Hof ist 400 000 Euro wert. Können wir die Immobilie unserem Sohn übertragen, ohne dass Schenkungssteuer anfällt?

Ja. Ihr Sohn hat sowohl Ihnen als auch Ihrem Mann gegenüber einen Freibetrag von jeweils 205 000 Euro.

Ich würde gern meiner Tochter mein Haus überschreiben, um Steuern zu sparen. Was kann ich tun, um mich abzusichern, falls ich die Schenkung rückgängig machen will?

Sie können im Vertrag eine Widerrufsklausel verankern. Diese kann so aussehen, dass Sie die Schenkung unter bestimmten Umständen widerrufen können (etwa bei Krankheit, Scheidung, Familienkrach, Insolvenz). Sie können auch so weit gehen, dass Sie die Klausel an keinerlei Bedingungen knüpfen, allerdings besteht die Gefahr, dass die 10-Jahres-Frist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht zu laufen beginnt, da der Schenker ja sein Vermögen nicht endgültig aus der Hand gegeben hat, sondern den geschenkten Gegenstand jederzeit zurückfordern kann.

Mein Bruder ist verstorben, und meine Schwägerin und ich haben geerbt. Zum Erbe gehört auch eine Eigentumswohnung. Die Wohnung ist aber mit Krediten belastet. Nun soll ich die Schulden zur Hälfte übernehmen, obwohl ich mit der Wohnung eigentlich gar nichts zu tun habe.

Wer die Eigentumswohnung erhält, muss dem anderen Erben die Hälfte der Differenz zwischen Immobilie und Kredit auszahlen. Eine Beispielrechnung: Die Wohnung ist 100 000 Euro wert und mit einem Kredit von 80 000 Euro belastet. In diesem Fall stünden Ihnen 10 000 Euro zu. Die Schulden, die auf der Immobilie lasten, müssen Sie nicht mittragen. Wenn der Gläubiger Sie nicht aus der Haftung entlässt, haben Sie gegen den anderen Erben einen Anspruch auf Freistellung.

Kürzlich ist mein Vater verstorben. Er hinterlässt ein Grundstück und Vermögen. Ich bin zusammen mit meiner Mutter erbberechtigt. Es liegt allerdings kein Testament vor. Was müssen wir tun?

Sie benötigen einen Erbschein, um beispielsweise gegenüber der Bank oder dem Grundbuchamt Ihren Anspruch dokumentieren zu können. Einen Erbschein erhalten Sie beim Amtsgericht oder einem Notar.

Meine Schwiegermutter ist dement und steht unter Betreuung. Kann sie trotzdem ein Testament aufsetzen?

Das muss man im Einzelfall prüfen. Ein Anwalt würde mit Ihrer Mutter sprechen, um herauszufinden, wie verständig sie ist, und dies auch dokumentieren. Im Zweifelsfall kann auch der behandelnde Arzt oder ein Neurologe hinzugezogen werden, der dann bestätigt, dass Ihre Schwiegermutter noch in der Lage ist, ein Testament aufzusetzen.

Ich bewohne mit meinem Mann ein selbst genutztes Haus in Berlin. Die Immobilie gehört mir derzeit allein. Kann ich das Haus steuerlich günstig auf meinen Ehepartner übertragen?

Ja, die lebzeitige Schenkung einer selbst genutzten Immobilie unter Eheleuten ist steuerfrei, unabhängig vom Wert.

Vor kurzem ist meine Mutter verstorben. In ihrer Mietwohnung besteht erheblicher Sanierungsbedarf, den ich aus dem sonstigen Nachlass nicht bezahlen kann. Ich möchte deshalb das Erbe ausschlagen, was muss ich beachten?

Sie müssen innerhalb von sechs Wochen reagieren und dem Nachlassgericht mitteilen, dass Sie das Erbe nicht antreten wollen. Diese Frist muss unbedingt beachtet werden. Wenn Sie minderjährige Kinder haben, die nach Ihnen erbberechtigt wären, sollten Sie auch für diese das Erbe gleich ausschlagen.

Ich habe 1999 ein Mietshaus an meine Tochter verschenkt, ohne mir den Nießbrauch – also den Anspruch auf die Mieteinnahmen – vorzubehalten. Jetzt würde ich gerne nachträglich noch ein Nießbrauchsrecht bekommen. Meine Tochter ist einverstanden. Geht das?

Ein Nießbrauchsrecht kann auch nachträglich noch eingeräumt werden. Aber Vorsicht: Es wird dann Schenkungssteuer fällig, soweit die Freibetragsgrenze überschritten wird. Das Geschäft gilt als „Rückschenkung“, die (nochmals) besteuert werden kann.

Ich bin 60 Jahre alt, besitze in Berlin eine Eigentumswohnung und habe keine gesetzlichen Erben. Ich möchte nun per Testament meinen besten Freund zum Alleinerben bestimmen – allerdings mit der Maßgabe, das spätere Erbe unter meinen weiteren Freunden aufzuteilen. Eine entsprechende Liste habe ich schon gemacht.

Sie haben – abhängig von Ihren Wünschen – prinzipiell drei Möglichkeiten. Erstens: Sie setzen nur Ihren besten Freund zum Erben ein und geben ihm eine Aufstellung der sonst von Ihnen Bedachten. Daran kann er sich halten, muss es aber nicht. Zweitens: Sie setzen Ihren besten Freund zum Alleinerben ein und wenden den anderen Freunden Vermächtnisse zu, die diese dann von dem Erben verlangen können. Oder drittens: Sie setzen Ihren besten Freund zum alleinigen Vorerben ein und bestimmen bei dessen Tod Ihre anderen Freunde zu Nacherben. Diese erben dann erst nach dem Tod Ihres besten Freundes.

Wir sind ein Ehepaar, über 70 Jahre alt, mit zwei verheirateten Kindern. Wir verfügen über eine Eigentumswohnung mit einem Einheitswert von 60 000 Euro und 100 000 Euro in Wertpapieren. Wir überlegen, die Wohnung gegen Nießbrauch an die Kinder zu verschenken. Eine Schenkungssteuer nach Anhebung der Einheitswerte wollen wir vermeiden. Wie hoch werden voraussichtlich die Einheitswerte angehoben? Können wir uns mit der Schenkung noch Zeit lassen? Gibt es Wege, den Ehepartner unseres Kindes vom Zugewinn der Schenkung auszuschließen?

Einheitswerte sind bei der Bewertung von Immobilien nicht mehr maßgeblich. Das Finanzamt ermittelt bei jedem Erbvorgang den Wert einer Immobilie individuell anhand des Ertragswertes beziehungsweise des Grundstückswertes. In Ihrem Fall braucht Sie das aber nicht zu beunruhigen, denn Ihren Kindern stehen Freibeträge von insgesamt 410 000 Euro zu. Daran wird der Gesetzgeber voraussichtlich nichts ändern. Um Ihre Enkel zu sichern, haben Sie die Möglichkeit, Ihre Kinder zu Vorerben und Ihre Enkel zu Nacherben einzusetzen.

Wie wird der Wert einer Immobilie berechnet?

Zur Ermittlung der Erbschafts-/Schenkungssteuer ist zunächst der Wert des Grundstücks in unbebautem Zustand zu bestimmen. Dieser Wert ergibt sich aus den Feststellungen des Gutachterausschusses per 1. Januar 1996 und kann beim Bezirksamt erfragt werden. Bei bebauten Grundstücken ist zusätzlich der Ertragswert zu ermitteln. Der Ertragswert ist das 12,5fache der Jahresnettokaltmiete abzüglich eines Abschlages von 0,5 Prozent für jedes Jahr, das seit Fertigstellung der Immobilie verstrichen ist, höchstens jedoch 25 Prozent, bei Ein- und Zweifamilienhäusern zuzüglich 20 Prozent. Maßgeblich ist der höhere Wert. Sie haben aber auch die Möglichkeit, ein Sachverständigengutachten einzuholen und das dem Finanzamt vorzulegen. Mit einem solchen Gutachten können Sie oft einen niedrigeren Immobilienwert erreichen.

Wie hoch ist der Freibetrag im Verhältnis Stiefkinder/Stiefeltern?

Wie leibliche Kinder haben auch Stiefkinder einen Freibetrag von 205 000 Euro.

Gelten für eine Schenkung zu Lebzeiten die gleichen steuerlichen Freibeträge wie im Erbfall? Wie hoch sind die jährlichen Steuerfreibeträge für eine Schenkung von Barvermögen an unsere Tochter und deren Ehegatten?

Für Schenkungen gelten tatsächlich grundsätzlich dieselben steuerlichen Freibeträge wie im Erbfall. Eine Ausnahme gilt bei Eltern und Großeltern; diese haben bei einer Schenkung unter Lebenden lediglich einen Freibetrag von 10 300 Euro, im Erbfall aber einen Freibetrag von 51 200 Euro. Jährliche Freibeträge gibt es nicht. Die Freibeträge können alle zehn Jahre erneut ausgeschöpft werden.

Wir haben einen behinderten und einen gesunden Sohn. Wie können wir unserem behinderten Kind etwas vererben, ohne dass das Sozialamt gleich die Hand aufhält?

Sie können das behinderte Kind zum Vor- und das gesunde Kind zum Nacherben einsetzen. Das gesunde Kind können Sie als Testamentsvollstrecker einsetzen, das dem behinderten Bruder aus dem Nachlass immer wieder Geld zukommen lässt. Soll der Bruder mit diesen Zuwendungen beispielsweise kleine Geschenke, Reisen oder kulturelle Hobbys bezahlen, kann das Sozialamt keinen Rückgriff nehmen.

Die Fragen und Antworten wurden bearbeitet von Heike Jahberg und Thomas Reckermann.

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