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Milchkuh

© dpa

Milchpreise: Bauernpräsident: Was Discounter machen ist eine "Kriegserklärung"

Die Landwirte sind wegen der sinkenden Milchpreise verärgert. Nun wollen sie den Milch-Hahn zudrehen. Der Bauernverbandspräsident wirft den Discountern vor, ihre Marktmacht auszunützen und ruft das Kartellamt an.

Die Bauern haben am Mittwoch ihre Proteste gegen die starken Preisabschläge bei Milch fortgesetzt und erneut mit einem Lieferstopp gedroht. Der baden-württembergische Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte vor 1500 Milchbauern in Stuttgart: "Was Aldi und Co. mit uns bei den Preisverhandlungen über Milch machen, kommt einer Kriegserklärung gleich". Die Bauern seien bereit zu kämpfen. Die vom Handel durchgesetzten Preissenkungen von bis zu 20 Cent trieben die Milchbauern in den Bankrott. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) drohte erneut mit einem Lieferstopp. "Es kann sein, dass die Verbraucher vor leeren Regalen stehen", sagte Sprecher Thorsten Sehm. "Wir kämpfen hier wirklich um unsere Existenz." Das Bundeskartellamt geht einer Beschwerde des Deutschen Bauernverbands wegen möglicher Preisabsprachen des Handels nach.

Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) stellte sich hinter die Proteste: "Ich kann nur sagen, dass die Bauern für ihr Verhalten bei mir großes Verständnis haben, weil ich möchte, dass die Agrarwirtschaft bei uns in Deutschland eine Existenz hat." Er forderte faire und kostendeckende Preise. Der Deutsche Bauernverband kündigte weitere Proteste an.

Preisdruck auf die Bauern

Der BDM teilte mit, 88 Prozent seiner insgesamt 33.000 Mitglieder hätten sich für einen Lieferstopp ausgesprochen. Ein Zeitpunkt sei allerdings noch unklar. Zunächst soll es Gespräche zwischen den Milchbauern und der Milchindustrie geben. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand", sagte Sehm. Die BDM-Mitglieder steuern mehr als 45 Prozent der deutschen Milchmenge bei.

Die Bauern bekommen den Preisdruck doppelt zu spüren: Zum einen bekommen sie weniger Geld pro Liter von den Molkereien. Zum anderen sind ihre Produktionskosten gestiegen. Derzeit zahlen die Molkereien im Süden Deutschlands rund 35 bis 37 Cent pro Liter, im Norden sogar nur etwas über 30 Cent an die Milchbauern aus. Im November 2007 waren es noch 40 bis 42 Cent. Zudem rechnet etwa die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein vor, dass seit Mitte vergangenen Jahres die Preise für Kraftfutter, Energie, Dünger und Pachten zu Mehrkosten von fünf bis sechs Cent je Kilogramm Milch geführt haben.

Kostendeckende Preise lägen für die Milch bei 40 Cent pro Kilogramm, sagte Seehofer im Bundestag. Dieser Betrag sei durch die zurückliegenden Preiserhöhungen erreicht worden und werde jetzt wieder zurückgedreht. Im übrigen bedauere er die Entscheidung der EU, die Milchquoten zum 1. April - "zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt" - zu erhöhen, ohne den besonders betroffenen Milchbauern "ein Begleitprogramm in Aussicht zu stellen".

Einzelhandel und Molkereien hatten zuvor wegen eines Angebotsüberhangs niedrigere Einkaufspreise vereinbart. Daraufhin senkten die Discounter Aldi und Lidl sowie die Supermarktkette Rewe auch die Preise für Verbraucher deutlich. Die größte deutsche Supermarkt-Kette Edeka folgte der Konkurrenz und hat die Preise für Milchprodukte inzwischen auch gesenkt. Der Rückgang sei "im Rahmen des Wettbewerbs" erfolgt, sagte ein Sprecher. Ein Liter frische fettarme Milch kostet aktuell 0,54 Cent.

Molkereien gehen nicht von "Totalstreik" aus

Der Deutsche Bauernverband habe Beschwerde eingelegt, teilte ein Sprecher des Bundeskartellamts am Mittwoch in Bonn mit. Die Wettbewerbsbehörde prüfe nun, ob es einen Anfangsverdacht für eine Absprache geben könnte. Bauernverbandspräsident Gerd Sonnleitner hatte in einem Schreiben vom Montag den Präsidenten des Bundeskartellamtes, Bernd Heitzer, zur Überprüfung der Milchpreisgestaltung von Aldi, Lidl und Rewe aufgefordert. Die Aktionen seien identisch. "Es ist unverschämt, wie diese Discounter ihre Marktmacht ausnutzen", hatte er gesagt.

Unterdessen gehen die deutschen Molkereien "nicht von einem Totalstreik aus", sagte Michael Brandl, Geschäftsführer des Milchindustrie-Verbands (MIV), "Welt online". Da die Molkereien aber mit Engpässen rechneten, wollten die Betriebe zur Not die eigentlich für Käse, Milchpulver und Joghurt vorgesehene Milch zu frischer Milch verarbeiten. Neben den 33.000 BDM-Milchbauern gebe es außerdem noch rund 70.000 weitere Bauern, die uns beliefern, und diese können ihre Leistung noch steigern, sagte Brandl. (ae/dpa)

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