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Wirtschaft: Mit begrenzter Haftung

Sinkt die Temperatur unter sieben Grad, sollten Winterreifen aufgezogen werden – sonst steht der Versicherungsschutz auf dem Spiel

Sechs Grad in der Nacht – das ist die Wetterprognose für die kommenden Tage. Autofahrern gibt die Vorhersage einen ersten Hinweis darauf, dass sie langsam die Winterreifen aus dem Keller holen sollten. Denn die haften bei Temperaturen unterhalb von minus sieben Grad besser auf der Straße als Sommerreifen. Zwar sind Winterreifen keine Pflicht. Wer allerdings in der Kälte mit Sommerreifen unterwegs ist und einen Unfall baut, riskiert seinen Versicherungsschutz in der Vollkasko – wenn er grob fahrlässig handelt.

Die größten Versicherungen in Deutschland – Allianz, Gerling, HDI, Huk-Coburg, R+V und Axa – verweisen auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im vergangenen Jahr. Demnach kann eine Kraftfahrzeugversicherung die Leistung verweigern, wenn im Winter Sommerreifen benutzt werden, weil das eine grob fahrlässige Handlung darstellt – selbst wenn man wie vorgeschrieben Schneeketten benutzt. In seiner Begründung sprach das Gericht von „einfachsten, ganz nahe liegenden Überlegungen“, die nicht angestellt wurden, die aber jedem „Verkehrsteilnehmer hätten einleuchten müssen“.

In Deutschland ist ein Reifenmindestprofil von 1,6 Millimeter vorgeschrieben; Experten raten jedoch, spätestens bei drei Millimetern die Reifen auszutauschen. Für viele ist damit im Herbst der Kauf von neuen Winterreifen verbunden. Auch deshalb hat die Stiftung Warentest jetzt in einem internationalen Gemeinschaftstest 35 Reifen in zwei Größen – für Kleinwagen und Mittelklasseautos – auf trockener und nasser Straße sowie bei Eis und Schnee geprüft.

Das Fazit der Tester fiel allerdings vor allem für Kleinwagen ernüchternd aus: Die so genannte 165er Baureihe blieb hinter der Qualität der im letzten Jahr geprüften Reifen zurück. Viele Reifen konnten vor allem bei Nässe nicht überzeugen. Als einziger Winterreifen für Kleinwagen erreichte der „ContiWinterContact TS 780“ für einen Durchschnittspreis von 65 Euro die Benotung „Gut“.

Nach Einschätzung von Experten ist die Gefahr einer Rutschpartie mit Sommerreifen allerdings größer. Die Axa-Versicherung spricht von den „größten Risikofaktoren, vergleichbar mit Alkohol am Steuer oder Fahren ohne Gurt“. Und HDI weist darauf hin, dass schon mangelnde Bereifung zu einer Mitschuld führen kann, wenn sich herausstellt, dass sich der Bremsweg durch falsche oder abgenutzte Reifen verlängert hat. Winterreifen sind wegen ihrer speziellen Gummimischung und der feineren Lamellenprofile sicherer als Sommerreifen, deren Gummi ab sieben Grad Celsius verhärtet. Je nach Hersteller werden Reifen sechs bis zehn Jahre alt. Um sie möglichst lange nutzen zu können, sollten sie von Achse zu Achse ausgetauscht werden, damit sie gleichmäßig abgefahren werden.

Im vergangenen Jahr haben nach Angaben von „Pro Winterreifen“, einer Initiative vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR), fast die Hälfte aller Autofahrer das Equipment gewechselt. Auch die Versicherungen sehen eine gewisse Sensibilisierung für dieses Thema, „wir wünschten aber, es wären noch mehr zu diesem Schritt bereit“, sagt ein Allianz-Sprecher. Zwar würden die Kosten in der Mehrzahl der Fälle von den Versicherungen getragen, „wenn sich aber jemand bei Schnee oder Glatteis verletzt, bringt das Geld auch nicht viel“. Wer viel in der Stadt unterwegs ist und somit auf geräumten Straßen, reichen nach ADAC-Angaben auch Ganzjahresreifen.

Bei Sommerreifen können auch moderne Sicherheitssysteme wie ABS oder EPS nur eingeschränkt ihre Stärken entfalten, sagen Experten. Letztlich laufe alles auf den gesunden Menschenverstand hinaus, sagte ein Allianz-Sprecher. „Wir schreiben auch nicht vor, dass man an einer Roten Ampel halten soll. Das macht man einfach.“

Die Initiative des DVR im Internet:

www.pro-winterreifen.de

André Görke

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