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Wirtschaft: Neue Namen, alte Tricks

Anlagebetrüger werden immer cleverer – auch informierte Anleger fallen auf dubiose Angebote herein

Auf rund 40 Milliarden Euro schätzen Anlegerschützer und das Bundeskriminalamt den Schaden, den unseriöse oder betrügerische Kapitalmarkt-„Berater“ Jahr für Jahr anrichten. Was meist mit einem vielversprechenden Telefonat oder einer Kleinanzeige beginnt, endet nicht selten mit großen Verlusten – wenn nicht sogar einem Totalverlust – für den Anleger. Betroffen von dubiosen Angeboten auf dem so genannten Grauen Kapitalmarkt sind nicht mehr nur Gutverdiener. Über Anzeigen in seriösen Tageszeitungen werden auch immer mehr „normale“ Anleger geködert.

Zuletzt sorgten zwei Fälle für Schlagzeilen: Die Anlagefirma Phoenix Kapitaldienst GmbH wurde im März zahlungsunfähig, weil Betrug im großen Stil aufgeflogen war. Seit Anfang Juni sitzen die Geschäftsführerin und ein Prokurist in Haft. Nach Angaben des Insolvenzverwalters wurden rund 30000 Anleger über Jahre hin systematisch getäuscht. Ihnen seien „Optionsgeschäfte mit Bruttorenditen von 25 bis 30 Prozent pro Jahr“ durch offensichtlich gefälschte Jahresabschlüsse vorgegaukelt worden.

Ein zweiter Fall sorgte in Berlin und Umgebung für Wirbel: Das Deutsche Institut für Anlegerschutz (Dias) erstattete Strafanzeige gegen die Berliner Vermögens-Garant AG wegen Prospektbetrugs. Das Unternehmen habe die Anleger bei der Zeichnung von Inhaber-Teilschuldverschreibungen mit einer festen Verzinsung von 8,25 Prozent pro Jahr „mit einer fingierten Kapitalabsicherung getäuscht“, sagt Dias-Chef Volker Pietsch. Betroffen sein könnten rund 30000 Anleger – davon einige tausend in Berlin und Umgebung. Er gehe davon aus, dass das Unternehmen weit mehr als 50 Millionen Euro eingesammelt habe, sagt Pietsch. Vermögens-Garant bestreitet die Vorwürfe, die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Es ist nicht immer nur Gier oder Unwissenheit, die Anleger unvorsichtig macht. „Geldgier spielt eine untergeordnete Rolle“, sagt Pietsch. Immer häufiger zählen Freiberufler, Akademiker oder leitende Angestellte, die sich am Kapitalmarkt einigermaßen auskennen, zu den Opfern. Sie sind im Beruf erfolgreich und wissen, dass sie privat für das Alter vorsorgen müssen. „Die selbst ernannten Finanzberater gehen hier ausgesprochen geschickt vor“, warnt Volker Pietsch. Und sie gehen mit der Zeit. Heikle Immobilienfonds, Anteile an Spielcasinos oder Nerz-Zuchtfarmen werden nur noch selten angeboten. Heute wird zumindest rhetorisch auf das Sicherheitsbedürfnis der Kunden eingegangen. Begriffe wie „Garantie“ oder „Kapitalschutz“ helfen beim Verkauf von Anlageprodukten.

Renner sind derzeit atypische stille Beteiligungen , etwa an Immobilienprojekten. Sie werden zum Teil noch steuerlich gefördert, was die Verkäufer als Gütesiegel herausstellen. Doch atypische stille Beteiligungen zählen zum Grauen Kapitalmarkt, der nicht staatlich kontrolliert wird. Mit diesen Beteiligungen wird der Anleger zum Mitunternehmer. Die Verträge haben nicht selten eine Laufzeit von bis zu 40 Jahren, ein Ausstieg ist nur schwer möglich. Bei einer Pleite droht der Totalverlust. Gerne angeboten werden auch Inhaber-Teilschuldverschreibungen , die zum Beispiel die Berliner Vermögens-Garant vertrieben hat. In diesem Falle wird eine (große) Schuldverschreibung in mehrere kleine aufgeteilt. Geworben wird mit hohen Zinsen wie bei einer klassischen Anleihe. Der Anleger denkt an Staatsanleihen und wähnt sich in Sicherheit. Doch häufig verschweigen die Verkäufer die Risiken. Die Zinsen werden aus dem Einzahlungen neuer Zeichner gezahlt. Bricht dieses Schneeballsystem zusammen, ist das Geld verloren.

Anlegern werden auch häufig Bankgarantien versprochen. Daneben werden Begriffe wie Interbankenhandel, Tradinggeschäfte, „standby letter of credit“ verwendet. „Erfindungen der Anbieter, die im Schadensfall wenig wert sind“, warnt der Stuttgarter Rechtsanwalt und Betriebswirt Herbert Wild, der sich auf den Anlegerschutz spezialisiert hat. Vorsicht ist auch bei allen Arten von Warentermingeschäften geboten, die am Telefon angeboten werden. Auch die „härteste Währung der Welt“, wie Diamanten gerne genannt werden, kann sich schnell als ziemlich weich erweisen. Will der Anleger seine Steine wieder verkaufen, stellt sich häufig heraus, dass es sich um mindere Qualität oder Industriediamanten handelt.

Wer glaubt, einem Anlagebetrüger in die Falle gegangen zu sein, sollte sich nicht hinhalten lassen. Um den Schaden zu begrenzen, raten Fachleute: Mit allen Unterlagen, die sorgfältig aufbewahrt werden sollten, sofort einen Fachanwalt aufsuchen.

Weitere Informationen unter:

www.dias-ev.de

Daniel Rhee-Piening

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