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Neues Urteil: Mieter verschenkten Milliarden bei Auszug

Nach dem jüngsten BGH-Urteil zu Schönheitsreparaturen können nach Schätzungen des Deutschen Mieterbundes (DMB) Mieter von ihren Vermietern Renovierungskosten in Milliardenhöhe zurückverlangen.

„Millionen von Mietern haben in der Vergangenheit nach dem Auszug ihre Wohnungen renoviert, ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein“, sagte DMB-Sprecher Ulrich Ropertz dem Tagesspiegel. „Das Geld können sie jetzt zurückfordern.“

Viele Mieter haben in ihren Mietverträgen Klauseln, nach denen sie beim Auszug ihre Wohnung renovieren müssen – egal in welchem Zustand die Räume sind. Solche starren Regelungen sind unwirksam. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits in zahlreichen früheren Urteilen entschieden. Auch feste Fristenregelungen, nach denen die Mieter unabhängig vom tatsächlichen Renovierungsbedarf einzelne Räume in bestimmten Jahresabständen streichen oder tapezieren müssen (Beispiel: Küche, Bad alle zwei Jahre, übrige Räume alle fünf Jahre), sind unwirksam. Konsequenz: Die Mieter müssen dann gar nicht renovieren.

Anfang Juni ging der BGH dann noch einen Schritt weiter. Die höchsten deutschen Zivilrichter entschieden, dass Mieter sich ihre Renovierungskosten vom Vermieter zurückholen können, wenn sie aufgrund einer unwirksamen Renovierungsklausel beim Auszug ihre Wohnung renoviert haben (Az: VIII ZR 302/07). Praktisch heißt das: „Wer eine Malerfirma beauftragt hat, kann sich die Rechnung vom Vermieter erstatten lassen“, sagt Ulrich Ropertz vom Mieterbund. Wer die Schönheitsreparaturen dagegen selbst oder mit Hilfe von Freunden erledigt, kann sich die Materialkosten, aber auch die verlorene Freizeit ersetzen lassen.

Nach Schätzungen des Mieterbundes sind die Konsequenzen dieses Urteils enorm. Rund zwei Millionen Haushalte würden jedes Jahr umziehen, weiß die Mieterorganisation. 80 Prozent der Mieter hätten Mietverträge mit unwirksamen Renovierungsklauseln. Rechnet man pro Renovierung Kosten von 500 bis 1000 Euro, so belaufen sich mögliche Rückforderungsansprüche auf 800 Millionen Euro bis 1,6 Milliarden Euro – pro Jahr. Ansprüche könnten auch für die Vergangenheit erhoben werden. Zwar verjähren die Forderungen innerhalb von drei Jahren, doch läuft die Verjährungsfrist erst ab dem Moment, in dem der Mieter von seinem Anspruch erfährt – also frühestens seit dem neuen Urteil aus Karlsruhe.

Die Vermieter rechnen dagegen nicht mit einer Welle von Rückforderungen. „Das werden keine Millionen sein“, sagt Alexander Wiech, Sprecher von Haus und Grund. Nach den ersten Grundsatzurteilen des BGH aus dem Jahr 2005 hätten viele Vermieter die Mietverträge geändert. Wer 2006 oder später eine Wohnung gemietet habe, habe daher oft bereits einen Mietvertrag, der mit der Rechtsprechung übereinstimmt, heißt es beim Vermieterverband. Wegen der dreijährigen Verjährungsfrist könnten ohnedies nur Forderungen gestellt werden, die nach dem 1. Januar 2006 entstanden sind. „Alle Renovierungen vor 2006 fallen nicht unter die Rückerstattung“, betont Rechtsexperte Gerold Happ von Haus und Grund.

Mieterschützer Ropertz rät Mietern dagegen, sich beraten zu lassen. Er sieht gute Chancen für einen ordentlichen Nachschlag: „In vielen Mietverträgen steht Quatsch.“ 

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