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Recht: Im Trüben tauchen kann teuer werden

Sportunfälle und ihre Folgen: War man zu leichtsinnig, zahlen weder Arbeitgeber noch Versicherung

Beim Bungee-Jumping den Adrenalinkick spüren, beim Klettern die eigenen Kräfte austesten oder beim Tauchen in unbekannte Tiefen hinabgleiten: Sportarten, bei denen man körperlich und psychisch an seine Grenzen geht, haben viele Anhänger. Wer dabei umsichtig ist, dürfte kaum zu Schaden kommen. Trotzdem beschäftigen sogenannte Risikosportarten regelmäßig die Gerichte. Muss der Arbeitgeber zum Beispiel nach einem Unfall Lohnfortzahlung leisten? Übernimmt die Krankenkasse die Behandlungskosten? Und muss man sich selbst in Gefahr bringen, um verunglückten Kameraden zu helfen?

Auch bei Sportunfällen gilt: Wer danach nicht arbeiten kann, bekommt sechs Wochen weiter sein Gehalt. So sieht es das Entgeltfortzahlungsgesetz vor. „Voraussetzung ist aber, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet wurde“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Leif Hermann Kroll. „Es darf also kein besonders leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten zu dem Unfall geführt haben.“ Wann dies der Fall ist und wann nicht, dazu gibt es zahlreiche Gerichtsurteile. „Ein Verschulden liegt in der Regel vor, wenn jemand seine Kräfte deutlich übersteigt oder besonders leichtsinnig gegen anerkannte Regeln seines Sports verstößt“, fasst Rechtsanwalt Kroll die Entscheidungen zusammen.

Auch wenn der Unfall bei einer besonders gefährlichen Sportart passiert, ist eigenes Verschulden anzunehmen, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG). Aber welcher Sport ist besonders gefährlich? Paragliding, Eisschwimmen, Basejumping? „Wenn das Verletzungsrisiko auch für einen gut trainierten Sportler nicht auszuschließen ist“, zitiert Kroll die obersten Arbeitsrichter. Soweit die Theorie. „Bis heute hat das BAG als oberste Instanz aber in keinem veröffentlichten Fall einen Sport als besonders gefährlich eingestuft.“ Ausdrücklich von der Liste gestrichen haben die Richter dagegen Fußball, Amateurboxen, Motorradfahren, Drachenfliegen und – man höre und staune – Fingerhakeln.

Die Behandlungskosten nach einem Unfall übernimmt in der Regel die Krankenkasse, auch bei Risikosportarten. Einige Versicherer winken allerdings schon hier ab. Und: „Folge-Operationen wie Schönheits-OPs bei Verbrennungen oder Narben, werden nur in Ausnahmefällen von der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung übernommen“, sagt Stefan Albers, Präsident des Bundesverbands der Versicherungsberater. Bei Privatversicherten gelte das auch für Kuren und Rehabilitationsmaßnahmen. Die Gesetzliche sehe dagegen Leistungen für Kuren und Reha vor. Aber: Auch bei der Krankenversicherung kann Verschulden oder grobe Fahrlässigkeit zum Leistungsausschluss führen.

Wer regelmäßig einen riskanten Sport betreibt, sollte sich zusätzlich privat absichern, zum Beispiel mit einer Unfallversicherung, rät Stefan Albers. Das Risiko, seinen Job nicht mehr ausüben zu können, deckt eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer lebenslangen Rente ab. Soll im Todesfall die Familie abgesichert werden, macht eine Risiko-Lebensversicherung Sinn.

Beim Abschluss von Versicherungen sollte man bei der Wahrheit bleiben und riskante Sportarten auf Nachfrage angeben. „Meist führt das zwar zu einem Risikozuschlag oder unter Umständen sogar zur Ablehnung des Antrags“, weiß Albers. „Andererseits gefährdet man mit falschen Angaben den Versicherungsschutz.“ Jurist Kroll, selbst passionierter Sporttaucher, rät allerdings dazu, sich nicht von vornherein auf einen Zuschlag einzulassen. „Das Tauchsportrisiko decken viele Versicherungen zum Beispiel ohne Aufpreis ab.“

Egal ob Tauchen, Bergsteigen oder Tandemspringen: „Wann immer zwei oder mehr Personen einen Sport gemeinsam ausüben, bilden sie eine sogenannte Gefahrengemeinschaft“, macht Leif Hermann Kroll auf eine weitere Problematik aufmerksam. Deren Mitglieder müssen sich gegenseitig helfen – und zwar über das normale Maß hinaus und auch, wenn sie sich dadurch bis zu einem gewissen Grad selbst gefährden. Ganz besonders gilt das für erfahrene Sportler, die mit Neulingen unterwegs sind. „So wird man von einem Tauchlehrer verlangen können, dass er seinem Schüler folgt, wenn dieser an einer Steilwand ,abstürzt‘ “, gibt Kroll ein Beispiel. In einem anderen Fall hatte ein erfahrener Taucher seine weniger erfahrene Partnerin im flacheren Wasser zurückgelassen, um tiefer zu tauchen, was vorher auch so abgesprochen war. Dort ertrank die Frau. Die Folge war eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung (Landgericht Darmstadt, AZ 34 Ls – 7 Ns).

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