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Roboter-Fonds: Wie Anleger vom Einsatz künstlicher Intelligenz profitieren können

Fondsanbieter nutzen verstärkt künstliche Intelligenz, um Aktien auszuwählen. Bislang ohne großen Erfolg. Doch einer traut sich zu, den MSCI World zu schlagen.

Viele denken an den Film „Matrix“ oder an humanoide Superroboter in einer fernen Zukunft. In Wahrheit jedoch ist künstliche Intelligenz (KI) oder Artificial Intelligence (AI) bereits an vielen Stellen in unserem Alltag präsent: Spracherkennungssysteme wie Alexa von Amazon oder Siri von Apple arbeiten ebenso mit maschinellem Lernen wie Übersetzungsprogramme, Software zur Betrugserkennung und Datenanalyse zur Sicherheitsüberwachung.

Auch in der Geldanlage ist dieser Trend angekommen: Zum einen bieten inzwischen viele Fondsgesellschaften Wertpapiere an, mit denen Anleger in einen Korb von Unternehmen investieren können, die sich mit KI beschäftigen oder von ihr profitieren. Zum anderen nutzen viele Fondsanbieter zumindest für Teile ihrer Erkenntnis- und Auswahlprozesse mittlerweile eine Maschine. Bei einigen Anbietern ist der digitale Fondsmanager inzwischen sogar Realität.

Allerdings: der Begriff „künstliche Intelligenz“ führt in die Irre. Bisher handelt es sich durchweg nur um die sogenannte schwache KI, bei der Rechner riesige Datenmengen sichten, Möglichkeiten aufgrund früherer Entwicklungen vorausberechnen und damit dem Menschen Arbeiten abnehmen, die er nur unvollständig und in weitaus größeren Zeitspannen erledigen könnte. Eine hoch spezialisierte Software wird also durch Verarbeitung von Datenmassen auf ein kleines Arbeitsfeld hin trainiert, um später ähnliche Muster wiederzuerkennen und daraus Schlüsse zu ziehen.

Einen Nutzen erwarten KI-Experten hier beispielsweise bei medizinischen Diagnosen, bei denen Rechner Daten oder auch Gewebe deutlich genauer screenen können, in der Spracherkennung, bei der Vernetzung von Maschinen untereinander.

Bisher ist nur "schwache KI" im Einsatz

Aufsehen erregte 2017 die Software DeepMind, die zur Google-Mutter Alphabet gehört und mit einem künstlichen neuronalen Netz – nur mit den Spielregeln und einem Belohnungssystem ausgestattet – die Regeln des hochkomplexen Go-Spiels binnen kürzester Zeit erlernte und inzwischen unschlagbar ist. Das System lernte dabei nicht aus vorherigen menschlichen Spielen, sondern errechnete selbstständig und fortlaufend aus Milliarden Spielzügen jenen mit der höchsten Gewinnerwahrscheinlichkeit.

Dass es von den Entwicklern für vorteilhafte Züge Belohnungspunkte gab, beschleunigte den Prozess. Allerdings gilt dennoch: Eine echte, dem Menschen gleichwertige oder überlegene starke KI, die selbstständig und parallel auf vielen Feldern und in allen Lebensbereichen lernen würde, gibt es derzeit (noch) nicht.

Auch Fondsgesellschaften nutzen maximal schwache KI beziehungsweise einfach Software, die gezielt für bestimmte Ergebnisse programmiert ist und nur in diesem Bereich selbstständig lernen kann. Bisher ist der Erfolg bescheiden. Fonds, deren Aktien mithilfe der schwachen KI bestückt werden, schneiden größtenteils nicht besser ab als Fonds, deren Aktien ein Mensch ausgesucht hat, beziehungsweise auch nicht besser als der Gesamtmarkt.

Die Fonds des Fintechs Catana performen nicht

Bei Catana, einem deutschen Fintech für „Technologie-basiertes Asset Management“, durchforsten Rechner die Meinungen, Sentiments und historischen Preisbewegungen von rund 45.000 Wertpapieren weltweit in Echzeit. Sie werten jeden Tag zwei Millionen Nachrichten und Texte dazu aus – und kommen dadurch zu Handlungsempfehlungen. Der gesamte Prozess von der Sichtung der Daten bis zur Ausführung der Order sei automatisiert, verarbeitet würden die Sprachen Deutsch, Englisch und Chinesisch, so Catana.

Am Ende bestätige nur noch ein Mensch, der Fondsmanager, per Klick, was der Computer berechnet habe. Der nach den Rechnervorgaben seit November 2018 betriebene „Data Intelligence Fonds“, der nicht nur in Aktien aus Europa, sondern auch in Finanzkonstrukte wie Swaps und Futures investieren darf, hat allerdings bisher nicht überzeugen können. Die Performance liegt seit März bei etwa null. Zudem ist der Fonds teuer: Neben einem Ausgabeaufschlag von bis zu sechs Prozent fallen regelmäßige Kosten von 2,12 Prozent und eine Gewinnbeteiligung an. Und: 2017 hatte Catana einen ähnlichen Fonds nach hohen Verlusten bereits zurückgezogen.

Umsätze mit KI könnten sich verzehnfachen

Auch Allianz Global Investors widmet sich intensiv dem Thema KI. Der Fonds investiert vor allem in US-Unternehmen (91 Prozent des Portfolios), dazu in Firmen aus den Niederlanden, Frankreich, China, Japan oder Korea. Top-Positionen sind der Streamingpionier Roku, die Halbleiter- und Speicherunternehmen Broadcom, On Semiconductor und Marvell, der Bezahldienst Square, Microsoft, das Cloud-Kommunikationsunternehmen Twilio oder der Online-Kreditplatz Lendingtree – alles Firmen also, bei denen künstliche Intelligenz bisher oft nur am Rande eine Rolle spielt.

Allerdings mit steigendem Anteil. Bis 2030, prognostiziert eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey, würden 70 Prozent aller Unternehmen mindestens eine Technologie aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz nutzen. Dies könnte bis dahin einen Wertschöpfungszuwachs von 13 Billionen Dollar schaffen und die globale Wirtschaftsleistung damit um 1,2 Prozentpunkte pro Jahr anheben.

Statt überforderten Fondsmanagern vertrauen manche Anleger lieber künstlicher Intelligenz.
Statt überforderten Fondsmanagern vertrauen manche Anleger lieber künstlicher Intelligenz.

© dpa

Nach Meinung von Hans-Jörg Naumer, Chef der Kapitalmarktanalyse bei AllianzGI, könnte KI die Welt weit stärker verändern als das Internet. Die Wachstumsprognosen für KI-Anwendungen sind enorm: Experten wie Naumer glauben, dass sich die Umsätze mit KI von aktuell 3,7 Milliarden Dollar bis 2025 knapp verzehnfachen könnten. Unternehmen, die zuerst auf den Zug aufspringen, könnten davon profitieren. Bisher bilden die durchweg sehr jungen Fonds diese Megahype- Prognose noch nicht ab.

Allianz GI hat auch damit begonnen, selbst Maschinen an der Sichtung von Daten und der Aktienauswahl zu beteiligen. Die Software helfe dabei, große Datenmengen zu durchforsten, Strukturen zu erkennen und Fehler zu verhindern, erklärt Unternehmenssprecher Klaus Papenbrock. Gerade im Fondsmanagement werde es aber dennoch bei einem Nebeneinander von Mensch und Maschine bleiben: „Artificial Intelligence, das ist klar, ist nicht imstande, in die Zukunft zu blicken.“

Der Fonds Oddo AI will den MSCI World schlagen

In der Tat lebt die Börse vor allem von Ungewissheiten, von der Tatsache, dass zukünftige Ereignisse und Entwicklungen nicht verlässlich vorhersehbar sind, sondern oft vom Zufall beherrscht, oder dass Marktteilnehmer Fakten unterschiedlich beurteilen – eine Barriere, die weder mit menschlicher noch mit künstlicher Intelligenz überschreitbar ist. Nutzer von KI bei der Aktienauswahl erhoffen sich, dass das maschinelle Screening gewaltiger Datenmengen von Unternehmen, Stimmungen und Meinungen zu Informationsvorteilen führt, die die Konkurrenz nicht hat.

Doch ob dies auch zu einem Kursanstieg, also einem Mehrwert führen könnte, ist ungewiss. Denn Aktien sind nicht nur von messbaren Fakten, sondern vor allem von spontan auftretenden Emotionen wie Gier, Angst oder Hoffnung gesteuert.

Der deutsche-französische Asset-Manager Oddo BHF hofft dennoch, mithilfe der künstlichen Intelligenz künftig den Weltindex MSCI World schlagen zu können, zumindest in einem Zeitraum von fünf Jahren. Die Aktien für den Fonds Oddo Artificial Intelligence werden maschinell unterstützt ausgewählt, der Rechner durchforstet jeden Tag Millionen Daten und sucht nach relevanten Stimmungen und Trends. Am Ende stehen 60 Aktien fest, die sich alle selbst mit dem Thema KI beschäftigen. Der Fondsmanager prüft den Prozess fortlaufend. Der Anleger wird im Erfolgsfall zusätzlich zur Kasse gebeten.

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