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Wirtschaft: Schnell, aber ungenau

Temperaturmessung im Ohr oder an der Stirn ist einfach und bequem – Ärzte warnen, dass sie zu falschen Ergebnissen führen kann

Die Nase läuft, der Hals kratzt – im Winter bleibt fast niemand von Erkältungen verschont. Oft geht dies auch mit Fieber einher. Doch wie lässt sich eine erhöhte Körpertemperatur am besten messen? Immer mehr Patienten setzen auf Stirnthermometer, mit denen man Fieber angeblich problemlos innerhalb von Sekunden messen kann. Doch Ärzte warnen: „An der Stirn ist die Temperatur nicht korrekt festzustellen“, sagt Gerhard Gaedicke, Leiter der Klinik für allgemeine Pädiatrie an der Berliner Charité. Auch Heinz Jarmatz, Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Hausärzteverbands, rät von Stirnthermometern ab: „Vor allem bei kaltem Schweiß auf der Stirn entstehen erhebliche Messfehler.“

Viele Verbraucher lassen sich von solchen Warnungen aber nicht abschrecken – schließlich haben Stirnthermometer einen großen Vorteil: Sie sind einfach zu bedienen. Man muss das Gerät nur an die Stirn halten, und schon liefert es ohne Unannehmlichkeiten und langes Warten innerhalb von Sekunden ein Messergebnis. Leider ist das dann oft falsch. Jarmatz berichtet, dass Stirnthermometer in Arztpraxen daher kaum zum Einsatz kommen – „viel zu ungenau“.

Auch bei Ohrthermometern sind Experten skeptisch. Denn bei der Messung am Ohr kommt es auf die richtige Handhabung an, Laien erhalten daher leicht falsche Resultate. Außerdem kann Ohrschmalz das Messergebnis beeinflussen. So stellte die Stiftung Warentest bei Ohrthermometern größere Ungenauigkeiten fest: Teilweise lag die gemessene Temperatur mehr als ein Grad unter derjenigen der Kontrollmessung. Von sechs getesteten Ohrthermometern kamen vier nur auf eine ausreichende Messgenauigkeit. Eines, das Beurer Ohrthermometer FT 25, fiel mit „mangelhaft“ sogar durch. Nur ein Anbieter, der Braun Thermo Scan, wurde mit „sehr gut“ beurteilt.

Selbst herkömmliche Thermometer können zu falschen Ergebnissen führen – zumindest, wenn man sie nicht richtig einsetzt. So raten Experten von einer Messung unter den Achseln dringend ab. „Damit können Sie nur die Bett-Temperatur messen“, sagt Gaedicke. Auch im Mund komme man zu keinem genauen Resultat – schließlich gibt es in der Mundhöhle unterschiedliche Wärmezonen. Kinder würden zudem gerne auf dem Thermometer herumlutschen, was ebenfalls das Ergebnis beeinflusse.

Wirklich genaue Messdaten liefere allein die Messung im Po. „Das ist goldener Standard – zuhause wie in der Klinik“, sagt Gaedicke. Um die rektale Messung so einfach wie möglich zu machen, empfiehlt der Experte, in der Apotheke kleine Plastikschutzhüllen für das Thermometer zu kaufen. Zudem könne man das Thermometer mit Salbe leicht anfeuchten. Nur wenn sich ein Kind partout gegen eine rektale Messung wehre, solle man auf andere Methoden ausweichen. In diesem Fall sei jedoch ein Ohrthermometer einem Stirnthermometer vorzuziehen.

Ausschwitzen sollte man das Fieber Gaedicke zufolge nur dann, wenn es keine Beschwerden verursacht. Gerade bei Kindern gehe Fieber jedoch oft mit schmerzhaften Fieberkrämpfen einher, die sehr unangenehm seien. „Wer sich schlecht fühlt, sollte mit fiebersenkenden Mitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen nicht zurückhaltend sein“, sagte Gaedicke. „Die Nebenwirkungen sind zu vernachlässigen.“ Gaedicke empfiehlt daher, das Fieber grundsätzlich nicht über 38,5 Grad Celsius steigen zu lassen.

Hilfreich seien auch Wadenwickel, die vor allem eine Viertelstunde nach der Einnahme von Paracetamol einen verstärkenden fiebersenkenden Effekt haben. Dazu taucht man Küchentücher in kaltes Wasser ein, wickelt sie vom Knöchel bis zum unteren Knierand um die Beine, legt dann ein breiteres trockenes Zwischentuch auf und umwickelt das Ganze mit einem Badetuch zum Aufsaugen der Flüssigkeit. Bei Kindern gestaltet sich das Verfahren allerdings schwierig: Denn ihre Beine sind zu kurz, um die Temperatur mit einem Wadenwickel spürbar zu senken.

Anderen Hausmittelchen wie Holunder- oder Zitronensaft kann Gaedicke ebenfalls etwas abgewinnen. Zwar hätten die Mittel erwiesenermaßen keinen medizinischen Effekt. Allerdings bewirke die Zuwendung, die Eltern ihren kranken Kindern bei der Zubereitung zukommen ließen, bisweilen wahre Wunder.

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