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Wirtschaft: So machen Sie Kasse

Mit privaten Zusatzpolicen, Bonusmodellen oder Beitragserstattungen kämpfen AOK und Co. um ihre Kunden – mit Erfolg

Kassenchefs kommen ins Schwärmen. Als „sensationellen Erfolg“ lobt der Vorstandsvorsitzende der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler, die Kooperation mit der HUK Coburg. Bereits 100 000 Barmer-Versicherte hätten eine private Zusatzversicherung beim fränkischen Partner geschlossen, berichtete Fiedler kürzlich in Berlin. Das Barmer-eigene Bonusmodell werde sogar von 200 000 Mitgliedern genutzt.

Seit Jahresanfang dürfen die gesetzlichen Kassen mit Zusatzangeboten um Kunden werben – dank der Gesundheitsreform. Um die Abwanderung in die private Krankenversicherung (PKV) zu stoppen, können AOK, Barmer und Co. ihren Kassenpatienten allerlei Extras anbieten – zur Freude der Versicherten. Ob Bonusmodelle, mit denen gesundheitsbewusstes Verhalten belohnt wird, oder private Zusatzversicherungen zum Schnäppchentarif, die neuen Angebote laufen gut. Bereits 265 000 Versicherte machen mit beim Bonusprogramm der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), 130 000 sind es bei der Techniker (TK).

Kein Wunder, dass die Versicherer die Angebote ständig ausbauen. Die Barmer hat jetzt neue Bonusmodelle für Kinder aufgelegt, die TK möchte ihren Versicherten künftig nicht nur Sach- sondern auch Geldprämien gönnen. Als Belohnung im Rahmen des Bonusprogramms will die TK Beiträge für private Zusatzpolicen übernehmen, die Praxisgebühr erstatten, Zuzahlungen übernehmen oder einen Teil der Gebühren für Gesundheitskurse zahlen. Doch noch fehlt die Genehmigung des Bundesversicherungsamtes.

Während sich Bonusprogramme und die für dieses Jahr geplanten Hausarztmodelle (keine Praxisgebühr, wenn man als erstes den Hausarzt aufsucht) an jedermann wenden, versuchen die Kassen, mit speziellen Angeboten Gutverdiener in ihren Reihen zu halten. Mit Selbstbehalts- und Beitragsrückgewähr-Tarifen werden freiwillig Versicherte umworben, die wegen ihres hohen Einkommens auch in die PKV überwechseln könnten. Von der PKV kopiert sind auch die neuen privaten Zusatzversicherungen. Alle großen Kassen kooperieren mit privaten Anbietern, die den Kassenmitgliedern – nicht nur freiwillig Versicherten – Sonderkonditionen einräumen. Die Policen liegen um vier bis zehn Prozent unter den marktüblichen Tarifen. Selbst private Versicherer, die anfangs derartige Kooperationen abgelehnt haben, machen jetzt mit: Seit März kooperiert die Allianz Private Krankenversicherungs-AG mit der Schwäbischen BKK, seit kurzem auch mit der Bertelsmann BKK, weitere Kooperationen sind im Gespräch.

Das Bundesgesundheitsministerium sieht diese Entwicklung mit Genugtuung. „Wir freuen uns über jeden, der in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt“, heißt es im Schmidt-Ministerium. Tatsächlich wechseln seit Jahresanfang deutlich weniger Kassenpatienten zur privaten Konkurrenz. Bei der Kaufmännischen Krankenkasse hat sich die Zahl der Wechsler im ersten Quartal halbiert, bei der DAK sind die Zahlen noch drastischer: „Die Abwanderung in die PKV ist um 90 Prozent gesunken“, sagt DAK-Sprecher Frank Meiners.

Auch Verbraucherschützer begrüßen diesen Trend. „Es ist gut, dass die Leute in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben“, meint Thomas Isenberg, Gesundheitsexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv). Allerdings sollten die Kunden in jedem Fall vorher genau überlegen, ob sie die neuen Modelle und Programme wirklich brauchen. „Es ist viel Schnickschnack auf dem Markt“, kritisiert der Verbraucherschützer. Gerade bei den Bonusprogrammen sei das Angebot der Kassen sehr unterschiedlich. Aber auch bei den privaten Zusatzversicherungen sollten sich die Versicherten nicht vom günstigen Preis allein ködern lassen, sondern sich kritisch fragen: „Brauche ich wirklich eine Chefarztpolice?“

Die Verbraucherzentrale Berlin bietet eine Patientenberatung an: dienstags von 14 bis 17 Uhr, mittwochs von 10 bis 13 Uhr, Tel.: 0190-8877-14

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