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Wirtschaft: Sparpakete für alle

Anschaffungen vorziehen, Fahrgemeinschaften bilden, Bauanträge stellen – was Sie jetzt tun sollten

Von Antje Sirleschtov

Der Koalitionsvertrag ist unter Dach und Fach – jetzt geht für Schwarz-Rot das Regieren in Berlin los. Was das für die Bürger bedeutet, was auf Steuerzahler, Arbeitnehmer, Arbeitslose und Rentner zukommt, wollen wir in einer neuen, dreiteiligen Serie untersuchen. Den Anfang macht die Steuerpolitik. Weil die Konsolidierung des Bundeshaushalts zum Kern dessen gehört, was sich Union und SPD vorgenommen haben, stehen uns ereignisreiche Jahre bevor. Schon in dieser Woche muss das Kabinett erste Weichen stellen, um geplante Gesetze bis Weihnachten so auf den Weg zu bringen, dass sie 2006 in Kraft treten können.

Mehrwertsteuer. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist die wohl weitreichendste steuerpolitische Maßnahme, die Union und SPD verabschiedet haben. Allerdings soll sie erst zum 1. Januar 2007 auf 19 Prozent angehoben werden. Und zwar nur für Produkte, die auch jetzt schon mit 16 Prozent belastet sind. Alle Waren und Dienstleistungen, für die heute der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent (Beispiel: Lebensmittel) oder eine Befreiung von der Steuer besteht, bleiben unangetastet.

Sollte man die nächsten zwölf Monate für Einkäufe nutzen, bevor alles teurer wird? Wer größere Anschaffungen tätigen will, sollte das durchaus erwägen. Nutzen Sie aber auch Ihren Verhandlungsspielraum – sowohl bei Anschaffungen als auch bei Dienstleistungen. Beispiel: Wer Mitte 2006 mit dem Bau eines Häuschens beginnt, aber erst 2007 zahlt, sollte mit den Handwerkern rechtzeitig über die Rechnung sprechen. Clevere Bauherren bestehen auf einem Brutto-Rechnungsbetrag, egal, welche Mehrwertsteuer letztlich auf der Rechnung steht.

Eigenheimzulage. Besonders aufmerksam müssen Häuslebauer und Wohnungskäufer sein. Die Eigenheimzulage wird schon 2006 gestrichen. Wer die Zulage bereits beantragt hat oder erhält, bekommt sie unverändert. Wer aber jetzt erstmals in den Genuss der Zahlungen (acht Jahre lang) kommen will, muss bis Silvester gehandelt haben. Maßgeblich für die Zulage ist beim Kauf eines Objektes der notarielle Kaufvertrag. Allerdings sollte bei Beurkundungen kurz vor Jahreswechsel im Vertrag festgehalten werden, dass Nutzen und Lasten erst 2006 übergehen, damit man das Jahr 2005 nicht als Zahlungsjahr verliert. Wer neu bauen will, sollte entweder den Bauantrag bis Silvester eingereicht, den Baubeginn angezeigt oder aber erkennbar mit der Baumaßnahme begonnen haben. Eine vierköpfige Familie darf mit Zahlungen von 22800 Euro im Förderzeitraum rechnen, wenn sie mindestens 125000 Euro investiert hat und die zulässigen Verdienst-Obergrenzen nicht überschreitet.

Handwerker. Ab kommendem Jahr lassen sich Handwerkerrechnungen für Leistungen in Privathaushalten von der Steuer absetzen. Damit sinkt faktisch der Preis einer Arbeitsstunde.Allerdings ist noch unklar, bis zu welcher Grenze die Abzugsfä higkeit gelten soll.

Abfindungen. Bei den steuerlichen Subventionen für Privatleute wird sich sowohl 2006 als auch 2007 eine ganze Menge im Kleingedruckten (insbesondere Paragraf 3 Einkommensteuergesetz) ändern. Der Paragraf umfasst in erster Linie all die Tatbestände, für die Steuerfreiheit gilt, etwa Abfindungen, Bergmannsprämien oder Ähnliches. Grundsätzlich haben die Koalitionäre vereinbart, all jene steuerlichen Veränderungen auf 2007 zu verschieben, die sich Arbeitnehmer auf der Lohnsteuerkarte für 2006 bereits steuermindernd festschreiben lassen konnten. Das Kalkül: Die Politik will verhindern, dass Weihnachten 2006 tausende Familien deftigen Steuernachzahlungen entgegen sehen. Im Einzelfall werden die Finanzministerien von Bund und Ländern darüber in den nächsten Tagen entscheiden. Unter anderem muss damit gerechnet werden, dass etwa Arbeitszimmer in Zukunft nur noch steuermindernd wirken, wenn ihre Nutzer zu 100 Prozent dort arbeiten.

Steuerberater. Wichtig für alle, die die Hilfe von Steuerberatern nutzen: Ab 2006 sollen deren Kosten nur noch beschränkt als steuermindernd angesetzt werden können. Das gilt allerdings nur für rein private Beratungskosten, also die Erstellung des vierseitigen Mantelbogens und die Anlage „Kind“. Alle anderen Beratungskosten, auch die Berechnung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bleiben abzugsfähig. Kunden sollten auf einer detaillierten Rechnung ihrer Berater bestehen, um beispielsweise die Kosten für die „Anlagen N, Kap, Aus, GSE oder V“ weiter als Werbungskosten absetzen zu können.

Biokraftstoffe. Bereits ab Januar wird die Mineralölsteuer für Biokraftstoffe angehoben, allerdings nur für solche, die einem normalen Kraftstoff beigemischt werden. Inwieweit es zu einer Beimischpflicht des Biodiesels in den normalen Diesel kommt, ist noch unklar.

Pendler. Ab 2007 werden Pendler mit Einbußen rechnen müssen, denn die steuerliche Pauschale wird gekürzt. Wer unter 20 Kilometer Arbeitsweg hat, geht in Zukunft leer aus, darüber gibt es für jeden Kilometer 30 Cent. Betroffene sollten prüfen, ob sie auf günstigere Verkehrsmittel umsteigen oder Fahrgemeinschaften bilden können.

Versicherungen. Teurer werden ab 2007 auch Versicherungen, die nicht mit sich handeln lassen. Denn die Versicherungssteuer steigt parallel zur Mehrwertsteuer im Regelsatz von 16 auf 19 Prozent.

Reichensteuer. Wer mindestens 250000 Euro (ledig/Verheiratete das Doppelte) verdient, muss ab 2007 einen Spitzensteuersatz von 45 Prozent zahlen. Das betrifft allerdings nur Einkommensbestandteile über 250000 (500000) Euro und auch nur nichtgewerbliche Einkünfte. Die so genannte Reichensteuer sollte Betroffene nun jedoch nicht zu Panikhandlungen verleiten. Denn auch hier gilt – wie bei allem Vorgenannten – das so genannte Struck’sche Gesetz: Kein Gesetz kommt aus dem Bundestag so heraus, wie es hineingegangen ist.

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