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Schuhe

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Studie: Zahl kaufsüchtiger Menschen steigt

Sie kaufen, nur um zu kaufen - lauter Dinge, für die sie keinen Bedarf mehr haben. 800.000 Menschen in Deutschland leiden laut einer Studie an Shoppingsucht. Und es werden immer mehr.

800.000 Menschen in Deutschland leiden laut Techniker Krankenkasse unter ihrer Shoppingsucht. Der Ludwigshafener Psychologen Gerhard Raab hat herausgefunden, dass "immer mehr Menschen die Kontrolle über ihre Konsumausgaben und ihr Kaufverhalten verlieren". Sieben Prozent seien gefährdet.

Auch Sieglinde Zimmer-Fiene wurde jahrelang von der Kaufgier getrieben. Heute ist sie "trocken", leitet eine Selbsthilfegruppe in Hannover und das Internetportal kaufsuchthilfe.de. "Kaufen löst so ein unglaubliches Glücksgefühl aus", erzählt sie. "Meine Streicheleinheiten holte ich mir von den Verkäufern in den Kaufhäusern, Geschäften und Boutiquen." Doch diese "innere Leere" werde nur kurz befriedigt. "Dann geht es wieder von vorne los."

Trostpflaster und Partnerersatz

Der Zwang zum unkontrollierten Kaufen, die Oniomanie, ist eine psychische Erkrankung, sagt Psychologe Raab. Das pathologische Kaufverhalten sei ein Ersatz für Anerkennung, für fehlende Liebe, ein Füllen von innerer Leere, ein Trostpflaster, ein Partnerersatz. Der Betroffene verspüre einen unwiderstehlichen Drang, einkaufen zu müssen. Werde er daran gehindert, bekomme er Herzrasen, Schweißausbrüchen und innere Unruhe - wie ein Alkoholiker auf Entzug.

Bei vielen Kaufsüchtigen diagnostizierten Ärzte obendrein Depressionen und Essstörungen, erklärt Raab. Frauen seien stärker betroffen als Männer. Raab betont zugleich: "Ein gelegentlicher Frustkauf hat aber noch nichts mit Kaufsucht zu tun."

Eine besondere Gefahr für Kaufsüchtige sieht Raab im Internet: "Je abstrakter die Zahlungsmethode und die Verkaufssituation, desto schwieriger fällt es ihnen, die Kontrolle zu wahren." Eine Studie über das Einkaufsverhalten im Online-Aktionshaus Ebay habe dies gezeigt.

"Konsum als Sinnstifter"

Ursache für die ungezügelte Kaufgier sei "die Überbetonung des Konsums als Sinnstifter in einer Familie und der Gesellschaft", erklärt Raab. Ein von ihm beantragtes Forschungsprojekt soll die neurologischen Grundlagen dieser Sucht untersuchen.

Ulrike Fieback von der Techniker Krankenkasse warnt, die Sucht zerstöre die Existenz ganzer Familien durch Überschuldung, Insolvenz und Abrutschen in die Kriminalität. "Die Folge ist oft der psychische Zusammenbruch", so Fieback.

Als Erste-Hilfe-Maßnahmen rät Fieback Betroffenen: alle Kreditkarten zurückgeben und mit Bargeld zahlen, den Garderobenbestand und das Wohnungsinventar auflisten und diese Liste immer bei sich tragen. Vor allem aber: "Eine Psychotherapie kann den Betroffenen frühzeitig helfen."

Stefan Säemann[ddp]

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